Die Zeitung tief in den Briefkasten reinstecken – am frühen Morgen, wenn alle anderen noch schlafen. So läuft das immer noch überall in Deutschland mit der Zeitungszustellung. Dieses Zeitung-Ausdrucken-und-dann-im-Land-Verteilen wollte die Bundesregierung eigentlich mit mehreren Millionen Euro fördern – weil es für die Zeitungsverlage angesichts massiv sinkender Auflagen immer teurer wird, die gedruckte Zeitung bis in die hinterste Ecke der Republik zu bringen.
Spotify für Journalismus?
Aber nun soll es doch kein Staatsgeld geben für die Print-Ausgaben. Stattdessen nimmt die Bundesregierung jetzt erstmals Geld in die Hand für digitalen Journalismus; und zwar das Wirtschaftsministerium; mit einer "Förderung der digitalen Transformation des Verlagswesens", wie es im schönsten Beamtendeutsch heißt. Dahinter steckt ein wichtiger Gedanke, meint der medienpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Martin Rabanus:
"Wir haben das irgendwie alle gemerkt, dass unsere Gesellschaft zwar seit 25 Jahren von Digitalisierung redet, aber erst seit drei Monaten auch einen Schub bekommt. Natürlich ist das eine Unterstützung, eine wirtschaftspolitische Maßnahme, wenn man diese Mittel zur Verfügung stellt. Deswegen ist es im Wirtschaftsministerium. Deswegen gehört es da auch hin. Und dass es nicht Gießkanne wird, sondern zielgerichtet und sinnvoll in die Zukunft gerichtet, das ist jetzt die Aufgabe, die zu leisten ist."
Und Martin Rabanus hat auch eine konkrete Idee, wie das Geld genutzt werden könnte – also die maximal 220 Millionen Euro, die der Bundestag freigegeben hat für die die nächsten Jahre, für die Zeitungs- und Zeitschriftenverlage. Rabanus schwebt eine Art Spotify für Journalismus vor.
"Meine Idee wäre es in der Tat zu schauen, dass man eine Plattform unterstützt, fördert, entwickelt, auf der eben die unterschiedlichen journalistischen Angebote gebündelt sind und über eine Bezahlschranke erreichbar sind. Und das, was wir machen würden mit staatlichem Geld, ist eben sozusagen den Einstieg auch in diese Technologie zu finden. Und der Wettbewerb zwischen den einzelnen journalistischen Angeboten findet dann tatsächlich auf der Plattform statt, und zwar ohne jegliche marktregulierende Eingriffe von außen. Das ist ja das Entscheidende".
Kein Geld für Redaktionelles
Allerdings ist Rabanus nicht derjenige, der zu entscheiden hat, was mit dem Geld passiert. Zuständig dafür ist Wirtschaftsminister Peter Altmaier von der CDU. Sein Ministerium soll festlegen, wie der deutsche Einstieg in die staatliche Medienförderung genau aussieht und will dafür unter anderem auch mit Monika Grütters zusammenarbeiten, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Zu erwarten ist, dass das Geld in die Infrastruktur der Verlage fließt – und nicht direkt in die Redaktionen; um die journalistische Unabhängigkeit der Verlage zu wahren. Darauf legt auch Anja Pasquay großen Wert, die Sprecherin des Zeitungsverlegerverbands BDZV.
"Ganz oben, überall allem drüber steht: keine Gelder für redaktionelle Leistung, keine Subventionen für Redaktionelles. Was aber auf keinen Fall passieren darf, aus unserer Sicht jedenfalls, dass regierungsseitig dann auch noch Geschäftsmodelle vorgegeben werden. Denn wie gesagt, wir sind privatwirtschaftlich organisiert. Es geht nicht um Subventionen, das wollten wir nie. Und das ist eine jedenfalls nicht einfache Gemengelage."
Bisher kein Konzept
Ob dafür aber grundsätzlich alle Verlage Geld bekommen – oder nur diejenigen, die auch wegen der Corona-Krise in finanzieller Schieflage sind – muss noch entschieden werden. Der BDZV will nun erstmal das Gespräch mit seinen Mitgliedern, also den Zeitungsverlagen suchen. Und das zuständige Wirtschaftsministerium macht sich jetzt ebenfalls ans Werk, teilt es auf Anfrage des Deutschlandfunks mit.
"Die Arbeiten an einem Umsetzungskonzept werden unmittelbar aufgenommen. Diese werden aber einige Monate in Anspruch nehmen, da ein neues Konzept erarbeitet werden muss."
Ziel sei es, die Medienvielfalt in Deutschland zu erhalten und den Journalismus zu stärken. Wenn es nach dem Beschluss des Bundestags geht, könnten die ersten Millionen noch in diesem Jahr fließen – dafür muss es dann aber in den nächsten Monaten eine Entscheidung geben, mit der sowohl die Politik als auch die Verlage leben können.