Die meisten Vermögensverwalter denken wie Achim Philippus von der Geschäftsführung der Union Investment Institutional, dem Vermögensverwalter der Volks- und Raiffeisenbanken:
"Wir als Union sind generell nicht aktiv, um - wie es so schön hier auf dem Banner steht - für eine gerechte Weltordnung einzutreten. Das ist nicht das Ziel, sondern wir sind dafür da, für unsere Kunden Rendite zu erzielen."
Rund 206 Milliarden Euro verwaltet Union Investment und hat sich grundsätzlich verpflichtet, die allerdings recht allgemein gehaltenen UN-Prinzipien für verantwortliches Investieren (UNPRI) zu beachten. Sieben Milliarden Euro davon - also 3,5 Prozent - steckt Union Investment darüber hinaus gezielt nur in Unternehmen, die noch einmal strengere Sozial- und Umweltstandards einhalten.
Der Allianz-Konzern entscheidet nach dem Best-in-Class-Ansatz, nur in die Klassenbesten einer Branche zu investieren. Die Allianz frage durchaus danach, wie sich das Handeln eines Unternehmens auf die Klimaerwärmung auswirke, erklärt Sprecher Nicolai Tewes, aber:
"Wir treten jetzt nicht an und sagen, dieser Sektor ist schlecht oder falsch, sondern wir wollen versuchen, dass alle Sektoren ihren Beitrag dazu leisten, nachhaltiger zu wirtschaften. Und wir glauben auch, dass es richtig ist, über einen gewissen Zeitraum hin - auch wenn wir wissen, dass Kohle und Öl noch ein Teil des Energiemixes sein werden - zu schauen, welche Unternehmen dort die besten Lösungen anbieten."
Nachhaltigkeit? Eher nicht
Aber: Beeinflussen öffentliche Nachhaltigkeitsratings das konkrete Handeln von großen Aktiengesellschaften? Diese Frage hat das ökumenische Südwind-Institut mit Sitz in Siegburg 22 großen europäischen Aktiengesellschaften gestellt. Als Antwort kam "Im Prinzip nein", nur zwei Unternehmen gaben an, ihr Handeln stärker auf die Klimawirkung hin überprüft beziehungsweise ihr Angebot stärker auf grünere Produkte umgestellt zu haben. Nachhaltigkeit gilt mehr als Nebenmotiv.
Auch die Gruppe der engagierten Investoren hat im Moment noch nicht viel zu sagen. Union Investment äußere sich nur selten öffentlich auf Hauptversammlungen, sagt Achim Philippus. Als Vermögensverwalter wähle man lieber das direkte Gespräch mit dem Vorstand. Philippus hält sich zugute, so dazu beigetragen zu haben, dass der Rückversicherer Münchner Rück künftig bei Großprojekten Nachhaltigkeitskriterien anwende. Zuvor war das Unternehmen wegen der Absicherung eines Megastaudamms in Brasilien und der damit verbundenen Vertreibung von Kleinbauern und Indigenen in die Kritik geraten.
"Das war eine große Diskussion - viele von Ihnen werden das wissen - zum Belo-Monte-Staudamm, der rückversichert worden ist von der Münchner Rück und wir sind ziemlich überzeugt, dass der Münchner Rück so ein Fehler heute nicht mehr passieren würde."
Ein weiteres Ergebnis der Südwind-Studie lautet: Investitionen in bestimmte Bereiche kategorisch auszuschließen funktioniert nur, wenn dahinter wirklich ein breiter gesellschaftlicher Druck steht: Investieren in Streumunition und Landminen gilt zumindest in Europa weitgehend als geächtet.
Papier ist geduldig
Auch besteht die Gefahr, dass Standards nur auf Papier festgeschrieben sind und keiner die Umsetzung ernsthaft überprüft. Antje Schneeweiß, die die Studie durchführte, weiß von einem Fall von Kinderarbeit auf indischen Baumwollfeldern. Eine Tochterfirma von Bayer kaufte dort Saatgut ein. Alle Kritik, auch eine Klage vor dem Industrieländerklub OECD nützte nichts. Erst als sich der Investor, ein großer norwegischer Pensionsfonds, auch an den Orten des Geschehens einschaltete, passierte etwas.
"Sie sind sehr aktiv zu diesem Thema geworden, haben mehrere Leute nach Indien und zu Bayer nach Leverkusen geschickt und haben sich sehr stark dafür eingesetzt, dass diese Kinderarbeit beendet wird und haben Erfolg gehabt. 2000 Kinder arbeiten aufgrund dieses Engagements nicht mehr auf den Feldern, sondern sind in Übergangsschulen."
Unternehmen müssten die Einhaltung von Standards innerhalb ihrer Lieferkette auch immer auch vor Ort überprüfen, fordern deshalb Umwelt- und entwicklungspolitische Organisationen. Und wer als Anleger einen Kurswechsel in der Unternehmenspolitik erreichen wolle, der müsse sich als Investor mit den Gruppen zusammen zu tun, "die den materiellen Einfluss jetzt schon haben", empfiehlt Schneeweiß. Einfluss haben zum Beispiel die Kunden - sei es Otto Normalverbraucher, der einen Fußball erwirbt, oder der Süßwarenfabrikant, der Kakao und Zucker einkauft.