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Geldwäsche-Skandal
Millionen flossen auch nach Deutschland

Es ist der größte bisher bekannte Geldwäsche-Skandal: 200 Milliarden Euro aus kriminellen Geschäften, geflossen über eine dänische Bank in Estland. Ein Teil des Geldes ist offenbar auch in Deutschland gewaschen worden.

Von Martin Adam | 10.01.2019
    Geldscheine hängen durch Wäscheklammern gehalten auf einer Wäscheleine.
    Über Scheinfirmen mit Sitz in Panama, Belize, Neuseeland und den British Virgin Islands wurde Geld "gewaschen" (dpa / picture alliance / Jens Kalaene)
    William Browder sucht sein Geld - oder das, was mal seines war. In einem Londoner Büro steht der frühere Fondsinvestor vor einem riesigen Monitor. Darauf ein Diagramm, unübersichtlich, es zeigt dutzende Scheinfirmen, mit denen Geld aus illegalen Geschäften gewaschen wurde
    "Das ist eine so komplizierte Struktur, dass sie dachten, da kommt nie jemand drauf. Und hier sieht man die Firmen, die wir gefunden haben, durch die Geld nach Deutschland kam. 31 Millionen Euro."
    Mindestens 31 Millionen von über 200 Milliarden Euro, die alle über Konten der dänischen "Danske Bank" geflossen sind - verwaltet in einer ihrer Niederlassungen in der estnischen Hauptstadt Tallin.
    Steuern erstattet Russland unter dubiosen Umständen zurück
    Dem rbb, dem Politikmagazin "Kontraste" und der "Zeit" liegen exklusiv hunderte Kontoauszüge vor, mit denen sich der Weg von einem Teil des Geldes nachvollziehen lässt.
    Es handelt sich, nach Aussage des früheren Investors William Browder, um etwa 230 Millionen Euro, die er vor über zehn Jahren in Russland als Steuern auf seine Geschäfte dort gezahlt hat. Legal. Browder wird später ausgewiesen, seine Steuern erstattet Russland unter dubiosen Umständen an Mittelsmänner zurück. Das Geld landet bei der "Danske Bank" in Tallin und geht von dort aus auf Reisen:
    Scheinfirmen mit Sitz in Panama, Belize, Neuseeland und den British Virgin Islands bezahlen damit, auch für Waren aus Deutschland. Hausgeräte, Industrietechnik und Autos - geliefert wird die Ware aber nach Russland, wo sie dann wieder verkauft werden kann, für sauberes Geld.
    Sebastian Fiedler, stellvertretender Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, im DLF-Studio.
    Sebastian Fiedler, stellvertretender Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, im DLF-Studio. (Deutschlandradio - Jörg Stroisch)
    Ein klassisches Geldwäschemodell, sagt Sebastian Fiedler, stellvertretender Vorsitzender des Bundes deutscher Kriminalbeamter: "Zunächst einmal fällt ins Auge, dass es ja wirtschaftlichen Zwecken erstmal nicht dient. Also man liefert aus Deutschland heraus an eine Firma aus Russland und würde zunächst einmal erwarten, dass die auch die Rechnung begleicht. Wenn das nun eine dritte Firma tut, die auch das Konto noch in einem wiederum anderen Staat hat und wenn auch der Sitz der Firma in einem bekannten Schattenfinanzplatz sich befindet, dann müssten eigentlich so alle Warnlampen angehen, wenn man an Geldwäsche denkt."
    "Dunkelfeld ist enorm groß"
    Gemeldet wurde jedoch nichts - weder von der "Danske Bank" noch von deutschen Banken, die mit dem Geld in Berührung gekommen sind, davon 14 Millionen bei der Commerzbank und über acht Millionen bei der Deutschen Bank. Keine Reaktion trotz hoher Einzelbeträge und auffälliger Firmenkonstellationen.
    Dabei sind die Banken sogar gesetzlich verpflichtet, ungewöhnliche Transaktionen zu melden. Denn der einzelne Händler, bei dem mit dem Geld am Ende eingekauft wird, kann das nicht, meint Sebastian Fiedler.
    "Das Dunkelfeld ist enorm groß, weil wir fest davon ausgehen müssen, dass diejenigen, die gewerblich mit Gütern handeln, überhaupt nicht sensibel sind für das Thema Geldwäsche und in den allermeisten Fällen wahrscheinlich unbedarft Teil eines Geldwäschekreislaufes werden."
    William Browder sucht sein Geld - nicht um es zurückzuerhalten, sondern um zu beweisen, auf welchen Wegen es als Teil von 200 Milliarden Euro gewaschen wurde. Denn von der "Danske Bank" gibt es dazu keine Auskunft.