"Was ist schön im Wasser? – Plantschen, Schwimmen! – Und was machen wir immer zum Schluss?- Rutschen!"
Dass syrische und afghanische Mädchen ein Jahr nach ihrer Bootsflucht übers Mittelmeer und überstandener Todesangst mit Spaß schwimmen lernen – das ist einer der vielen Erfolge der Jugenheimer Willkommensinitiative - und für die ehrenamtliche Patin Sabine Klein jeden Montagabend ein Motivationsschub.
"Ich bin schon ein schlauer Fuchs!"
Soll heißen: in der Kita gehört Lamar zu den Vorschulkids. Bis die Flüchtlingskinder kamen, war die Kita von der Schließung bedroht. Ein Dorf kann vom Zuzug profitieren. Die Voraussetzung ist, dass sich viele engagieren, damit Integration gelingt. Einem kleinen evangelischen Kreis im 1600-Einwohner-Dorf Jugenheim war früh klar: alleine können wir das nicht stemmen, so Uli Röhm, Mitgründer von "Willkommen im Dorf".
"Dort müssen wir im Dorf für andere werben, die mitmachen, und uns unterstützen."
Das heißt: alle Vereine, Parteien und Institutionen zum Gründungstreffen einer Willkommensinitiative einladen und bitten, einen Ansprechpartner zu benennen. Nachhaken, wenn Feedback ausbleibt. Als Einlader einen neutralen Personenkreis wählen, keine Rücksicht auf Animositäten nehmen. Das empfehlen die Jugenheimer aus eigener Erfahrung. Kontakte zu Diakonie, Caritas, Pro Asyl und anderen Initiativen aufnehmen, sich vernetzen, Informationen austauschen, ist außerdem ratsam, hält der neue Leitfaden fest. Und Arbeitsteilung in einem Leitungsteam: einer kontaktiert Presse und Behörden, ein weiterer besucht die Runden Tische der Region, ein dritter leitet die monatlichen Treffen der Dorf-Initiative.
Schneller Anschluss in der Dorfgemeinschaft
"Erstmal ist es ganz wichtig, dass man genug Paten hat", sagt eine Alltagshelferin. Arztbesuche, Behördengänge, Einkaufen, am Anfang ist nichts selbstverständlich für die Flüchtlinge. Dass die Busse auf dem Land so selten fahren - ein Problem. Gemeinsam in Vereinen singen, Fußball spielen, gemeinsam essen und Feste feiern, fördert nicht nur die Integration der Flüchtlinge, sondern auch den Zusammenhalt im Dorf, so hat es Jugenheim erlebt. Neben den Paten kommt es auch auf Unterstützer mit speziellen Kenntnissen an. Aufkeimende Neid-Diskussionen im Dorf lassen sich ersticken, hat Koordinator Uli Röhm gelernt.
"Wenn wir beispielsweise – weil wir in ländlichen Strukturen große Verkehrsprobleme haben – dass Geflüchtete umsonst die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen können, dass wir diese Forderung nicht mehr auf die Geflüchteten reduzieren, sondern alle Hartz-IV-Empfänger mit einschließen, um zu zeigen, hier wird kein Unterschied an Bedürftigen gemacht, egal welcher Nationalität sie sind."
Rechte Hetze wird ignoriert
Und wie umgehen mit rechter Gegenwehr? Darauf gibt der Leitfaden keine Pauschalantwort. Die Jugenheimer Willkommensinitiative ignorierte Hetz-Flugblätter, die noch vor Ankunft der Geflüchteten mit Verweis auf das drohende Aus „nationaler Identität“ statt Willkommen eine „Rückführungskultur“ forderten. Der krude nationalistische Ton empörte die Dorfbewohner. Es war klar, dass die Hetze nicht verfangen würde. Sollten sich vermeintliche Bürgerinitiativen gegen sogenannte „Überfremdung“ gründen, empfiehlt die Willkommens-Initiative, die Hintergründe zu recherchieren und die Strippenzieher zu benennen. Gegen Hetzer auf Bürgerversammlungen mit Saalverweisen vorgehen, ist ihr Rat, bei massiver Störung die Polizei alarmieren.
Weitere Informationen zur Jugenheimer Willkommensinitiative finden Sie hier.