Zwei kräftige muskelbepackte Männer heben eine Grube aus. Im Bildhintergrund stehen Trauernde, und in der Bildmitte, am unteren Rand, liegt eine Frau: die heilige Lucia. An ihrem Nacken ist eine Wunde zu erkennen. Ein religiöses Thema, mit raffinierten Licht- und Schattenelementen von Caravaggio dramatisch in Szene gesetzt. So dramatisch, dass sich immer wieder viele Besucher in der Kirche Santa Lucia alla Badia, vor dem etwa vier Mal drei Meter großen Ölgemälde drängeln.
Das Faszinierende an diesem Heiligenbild: Es stellt ein Martyrium nicht, wie sonst meist der Fall, ruhmreich dar, mit dem heiligen Opfer als zentraler Figur. Thema dieses Gemäldes ist das Leiden schlechthin. Die Bildprotagonisten: nicht die Heilige und ihre Anhänger, sondern die beiden großen Totengräber. Das ist eine für ihre Zeit ungewöhnlich neorealistische Darstellung, meint der Kunsthistoriker Jean Luc Roux vom Zentrum für Caravaggiostudien im sizilianischen Siracusa:
"Da werden Leute von der Straße dargestellt. Sicherlich wie auch auf anderen Gemälden dieses Meisters, doch hier wird das religiöse Sujet nicht sofort deutlich. Man kann die Szene auch für einen dramatischen Alltagsmoment halten. Wahrscheinlich ist dies das einzige Bild dieses Meisters, auf dem er ganz natürliches Straßenlicht wieder gibt."
Und um dieses Bild gibt es nun Streit:
Caravaggio malte die Bestattung der Heiligen Lucia 1608 für die Basilika della Borgata im sizilianischen Siracusa. Dort blieb das Werk bis in die frühen 1970er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Dann wurde es entfernt, um es zu restaurieren, wie es offiziell hieß. Diese Restaurierung zog sich aber in die Länge, und die Heilige Lucia kam erst 35 Jahre später in die ihr gewidmete Kirche zurück – die sich übrigens genau dort erhebt, wo der frommen Legende nach die Heilige im Jahr 304 den Märtyrertod starb. Doch nur vier Jahre später, anno 2010, kam es zu einem neuen Umzug, berichtet Paolo Giansiracusa, Kunsthistoriker und Direktor der städtischen Kunstakademie:
Caravaggio malte die Bestattung der Heiligen Lucia 1608 für die Basilika della Borgata im sizilianischen Siracusa. Dort blieb das Werk bis in die frühen 1970er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Dann wurde es entfernt, um es zu restaurieren, wie es offiziell hieß. Diese Restaurierung zog sich aber in die Länge, und die Heilige Lucia kam erst 35 Jahre später in die ihr gewidmete Kirche zurück – die sich übrigens genau dort erhebt, wo der frommen Legende nach die Heilige im Jahr 304 den Märtyrertod starb. Doch nur vier Jahre später, anno 2010, kam es zu einem neuen Umzug, berichtet Paolo Giansiracusa, Kunsthistoriker und Direktor der städtischen Kunstakademie:
"Hier wird heftig darüber diskutiert, wo das Gemälde denn nun hingehört. Vor fünf Jahren wurde der Caravaggio von der städtischen Kulturbehörde in eine andere, in die Kirche Santa Lucia in Badia überführt. Dort sei das Mikroklima besser, hieß es, und die Sicherheitsstandards höher. Doch das stimmt nicht! Diese Argumentation ist wirklich einmalig."
In beiden Kirchen herrscht, wie Experten des römischen Instituts für Restaurierung ermittelten, das gleiche für ein Ölgemälde schlechte Mikroklima, und es fehlen moderne Alarmanlagen.
Nun könnte man den Fall einfach lösen: indem das berühmte Gemälde wieder in seine ursprüngliche Kirche zurücktransportiert wird. Doch so einfach ist das nicht. Das Bild gehört zwar dem staatlichen Fonds für Religiöse Kunstwerke, der dem Innenministerium untersteht, befindet sich aber in einem Gotteshaus, das Eigentum der Erzdiözese Siracusa ist. Gleichzeitig ist die regionale Kulturgüterbehörde für den Inhalt der Kirche zuständig. Ein Zuständigkeitendurcheinander, das eine schnelle Entscheidung unmöglich macht.
Ideale Voraussetzungen für Kunstdiebe, meint Sergio Cilea, Chef der Delegation der privaten Kulturschützervereinigung Fondo Ambiente Italiano in Siracusa:
"Das ist alles nur traurig. Während man sich um Zuständigkeiten streitet, wird das Gemälde in einer Kirche ohne nennenswertes Sicherheitssystem aufbewahrt. International und hochtechnologisch operierende Kunstdiebe hätten hier ein leichtes Spiel. Aber diese Gefahr wird nicht thematisiert! Uns bleibt nichts anderes übrig, als immer wieder an diese Gefahr zu erinnern."
Und die Gefahr ist durchaus konkret, denn es wäre nicht das erste Mal, dass ein spektakuläres Meisterwerk von Caravaggio in Sizilien verschwindet. 1969 wurde in Palermo aus dem Oratorio di San Lorenzo die „Geburt Christi" gestohlen, mit knapp zweieinhalb Mal zwei Metern kein kleines Gemälde. Bis heute ist es nicht mehr aufgetaucht.