Am 6. April 2009, um 3:32 Uhr, bebte in den Abruzzen die Erde. Es war ein Beben der Stärke 6,3 - und von dieser Kategorie verzeichnet der Geologische Dienst der USA pro Jahr zwischen 120 und 180. Meist richten sie keine größeren Schäden an. In und um die Regionalhauptstadt L‘Aquila brachen jedoch Tausende von Häusern zusammen. Ein Grund ist Pfusch am Bau. Aber das ist nur die halbe Wahrheit, denn viele benachbarte Ortschaften an den Hängen der Abruzzen waren glimpflich davon gekommen.
"Wir sehen immer wieder bei Erdbeben, dass baugleiche Gebäude, gar nicht weit auseinander, völlig unterschiedlich sich im Erdbeben verhalten haben. Das eine Gebäude völlig zerstört, das andere völlig unversehrt. Das kann viele Gründe haben, aber ein wesentlicher Grund ist der Untergrund, auf dem das Gebäude gebaut ist."
Die zerstörten Orte des Aquila-Bebens waren auf den Sedimenten eines Flusses und eines verlandeten Sees erbaut worden, also auf weichen Erdschichten, die Bebenwellen verstärken können, erklärt Jochen Zschau vom Geoforschungszentrum in Potsdam. Die Häuser an den Hängen dagegen stehen auf solidem Fels. Aus der Sicht des Experten war das Schadensmuster des Bebens also vorhersehbar - und damit hätte sich vieles durch Gegenmaßnahmen verhindern lassen. Genau dabei soll GEM helfen, das - zu deutsch - "Globale Erdbeben-Modell". Es soll Erdbebenrisiken rund um die Welt erfassen, überwachen und die Katastrophenprävention erleichtern. Zschau:
"Wir wissen, dass die Erdbeben nicht zufällig fallen, sondern sie haben etwas mit der Plattenbewegung zu tun, mit großen Platten, die ineinander verhaken. Große Spannungen bauen sich auf. Und wir wissen jetzt, dass ein Erdbeben, wenn es auftritt, durchaus nicht nur Spannung entlastet, sondern im Nachbarbereich Spannung aufbaut und damit neue Beben triggern kann."
Deshalb wird der Faktor Zeit in die Risikobetrachtung aufgenommen. Ebenso die "Verletzlichkeit" einer Region, ihre Vulnerabilität: also etwa die Qualität der Gebäude vom Wohnhaus bis zum Hospital oder die der Infrastruktur wie Brücken. Wo bleiben Wege für Rettungsfahrzeuge offen, wo können Obdachlose untergebracht werden? Zschau:
"Wenn wir uns gerade mal die großen Städte weltweit anschauen, dann wissen wir, dass Istanbul zum Beispiel mit einer Viertel bis einer halben Million Einwohner pro Jahr wächst. Wenn wir dann die Vulnerabilität der Infrastruktur versuchen zu bestimmen, und dann fertig sind, dann stimmt das schon längst nicht mehr, weil Istanbul gewachsen ist."
GEM liefert Informationen, die mit der aktuellen Entwicklung Schritt halten sollen. Grundlage sind Satellitendaten, die nicht nur geologische Informationen wie Bewegungen und damit den Spannungsaufbau an tektonischen Störungen liefern, sondern auch städtebauliche Informationen zur Bebauungsdichte, zur Höhe der Gebäude und in gewissen Grenzen auch zu ihrem Alter. Ebenso sind Industrieanlagen und große Infrastruktureinrichtungen gut zu erkennen:
"Wir haben in Istanbul mit solchen Untersuchungen begonnen und konnten zeigen, dass also mit wenigen Kalibrierungen am Boden eine große Region damit sehr gut untersucht werden konnte, was die Vulnerabilität betrifft. Und diese Verfahren sind in Bombay angewendet worden, Padang, in Sumatra, in Süditalien."
Neben den Satellitendaten werden Geo-Informationen von google-earth oder Microsoft in GEM integriert. Ziel ist es abzuschätzen, wie viele Tote und Verletzte in einer bestimmten Region ein Beben fordern würde:
"Das ist jetzt keine Panikmache: Ich würde mich nicht wundern, wenn in den nächsten Jahrzehnten /uns eine Erdbebenkatastrophe von fast einer Million Todesopfern treffen könnten."
Und zwar rein aufgrund der Bevölkerungsentwicklung in Ballungsräumen wie in China, Indien oder Indonesien. Außerdem soll das Globale Erdbebenmodell GEM eine Abschätzung der finanziellen Verluste erlauben:
"Wenn in Tokio ein Erdbeben passiert, inwieweit wird dann die gesamte Weltwirtschaft erfasst. Das ist die Globalisierung heutzutage, da kann man diese Erdbeben nicht getrennt sehen."
GEM wird einen "Baukasten" bieten, aus dem Behörden, Hilfsorganisationen, Versicherungsunternehmen und Privatpersonen Informationen über das Erdbebenrisiko einer bestimmten Region ziehen können. Denn egal, ob es um die Zahl der Opfer oder um materielle Schäden geht - alle Folgen eines Beben lassen sich im Vorfeld mildern.
"Wir sehen immer wieder bei Erdbeben, dass baugleiche Gebäude, gar nicht weit auseinander, völlig unterschiedlich sich im Erdbeben verhalten haben. Das eine Gebäude völlig zerstört, das andere völlig unversehrt. Das kann viele Gründe haben, aber ein wesentlicher Grund ist der Untergrund, auf dem das Gebäude gebaut ist."
Die zerstörten Orte des Aquila-Bebens waren auf den Sedimenten eines Flusses und eines verlandeten Sees erbaut worden, also auf weichen Erdschichten, die Bebenwellen verstärken können, erklärt Jochen Zschau vom Geoforschungszentrum in Potsdam. Die Häuser an den Hängen dagegen stehen auf solidem Fels. Aus der Sicht des Experten war das Schadensmuster des Bebens also vorhersehbar - und damit hätte sich vieles durch Gegenmaßnahmen verhindern lassen. Genau dabei soll GEM helfen, das - zu deutsch - "Globale Erdbeben-Modell". Es soll Erdbebenrisiken rund um die Welt erfassen, überwachen und die Katastrophenprävention erleichtern. Zschau:
"Wir wissen, dass die Erdbeben nicht zufällig fallen, sondern sie haben etwas mit der Plattenbewegung zu tun, mit großen Platten, die ineinander verhaken. Große Spannungen bauen sich auf. Und wir wissen jetzt, dass ein Erdbeben, wenn es auftritt, durchaus nicht nur Spannung entlastet, sondern im Nachbarbereich Spannung aufbaut und damit neue Beben triggern kann."
Deshalb wird der Faktor Zeit in die Risikobetrachtung aufgenommen. Ebenso die "Verletzlichkeit" einer Region, ihre Vulnerabilität: also etwa die Qualität der Gebäude vom Wohnhaus bis zum Hospital oder die der Infrastruktur wie Brücken. Wo bleiben Wege für Rettungsfahrzeuge offen, wo können Obdachlose untergebracht werden? Zschau:
"Wenn wir uns gerade mal die großen Städte weltweit anschauen, dann wissen wir, dass Istanbul zum Beispiel mit einer Viertel bis einer halben Million Einwohner pro Jahr wächst. Wenn wir dann die Vulnerabilität der Infrastruktur versuchen zu bestimmen, und dann fertig sind, dann stimmt das schon längst nicht mehr, weil Istanbul gewachsen ist."
GEM liefert Informationen, die mit der aktuellen Entwicklung Schritt halten sollen. Grundlage sind Satellitendaten, die nicht nur geologische Informationen wie Bewegungen und damit den Spannungsaufbau an tektonischen Störungen liefern, sondern auch städtebauliche Informationen zur Bebauungsdichte, zur Höhe der Gebäude und in gewissen Grenzen auch zu ihrem Alter. Ebenso sind Industrieanlagen und große Infrastruktureinrichtungen gut zu erkennen:
"Wir haben in Istanbul mit solchen Untersuchungen begonnen und konnten zeigen, dass also mit wenigen Kalibrierungen am Boden eine große Region damit sehr gut untersucht werden konnte, was die Vulnerabilität betrifft. Und diese Verfahren sind in Bombay angewendet worden, Padang, in Sumatra, in Süditalien."
Neben den Satellitendaten werden Geo-Informationen von google-earth oder Microsoft in GEM integriert. Ziel ist es abzuschätzen, wie viele Tote und Verletzte in einer bestimmten Region ein Beben fordern würde:
"Das ist jetzt keine Panikmache: Ich würde mich nicht wundern, wenn in den nächsten Jahrzehnten /uns eine Erdbebenkatastrophe von fast einer Million Todesopfern treffen könnten."
Und zwar rein aufgrund der Bevölkerungsentwicklung in Ballungsräumen wie in China, Indien oder Indonesien. Außerdem soll das Globale Erdbebenmodell GEM eine Abschätzung der finanziellen Verluste erlauben:
"Wenn in Tokio ein Erdbeben passiert, inwieweit wird dann die gesamte Weltwirtschaft erfasst. Das ist die Globalisierung heutzutage, da kann man diese Erdbeben nicht getrennt sehen."
GEM wird einen "Baukasten" bieten, aus dem Behörden, Hilfsorganisationen, Versicherungsunternehmen und Privatpersonen Informationen über das Erdbebenrisiko einer bestimmten Region ziehen können. Denn egal, ob es um die Zahl der Opfer oder um materielle Schäden geht - alle Folgen eines Beben lassen sich im Vorfeld mildern.