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Gemeinsam gegeneinander in Osteuropa

Man könnte den Eindruck haben, dass im Sommer zwei völlig verschiedene Fußball-Turniere stattfinden: eines in Polen und eines in der Ukraine. Denn immer noch überwiegen trotz vieler Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Gastgebern Gegensätze und Vorbehalte.

Von Christiane Abelein und Moritz Küpper |
    Exakt in einem Monat beginnt die Fußball-Europameisterschaft. Doch sie beherrscht die Schlagzeilen seit Wochen – und das nicht nur im Sportteil:

    "Jetzt live aus Köln - der Presseclub mit Volker Herres: Ukraine um Abseits – was bringt der EM-Boykott ... "

    "Ich glaube, es geht nicht darum, dass man jetzt eine Schlagzeile nach der anderen produziert, sondern es geht darum, dass man Frau Timoschenko wirklich hilft."

    "Ich denke aber auch, dass ein Boykott dieser EM, halte ich nicht für sinnvoll, ganz klar."

    Selbst Bundestrainer Joachim Löw musste sich gestern, bei der Präsentation des vorläufigen EM-Kaders, zur aktuellen Situation äußern. Der Umgang mit der ehemaligen Regierungschefin und heutigen Oppositionsführerin Julia Timoschenko, die im Gefängnis sitzt und dort nach eigener Aussage misshandelt wird, hat die internationale Öffentlichkeit in Aufruhr versetzt. Nicht mehr der Sport steht im Mittelpunkt, sondern die Politik.

    Wie widersprüchlich die Situation dabei für die beiden Ausrichterländer Polen und Ukraine ist, ließ sich gut am vergangenen Wochenende beobachten: Während alle Welt über einen Boykott der Spiele in der Ukraine diskutierte, schossen die polnischen Nationalspieler Robert Lewandowski und Jakub Blaszczykowski Borussia Dortmund mit je zwei Treffern zum finalen 4:0-Erfolg gegen den SC Freiburg – und damit zur besten Saison in der fast 50-jährigen Geschichte der Bundesliga. Sowieso dreht sich seit Wochen beim Deutschen Meister Borussia Dortmund alles um die polnischen Nationalspieler. Extra für sie wurde wegen der große Nachfrage Mitte April eine internationale Pressekonferenz einberufen. BVB-Pressesprecher Josef Schneck:

    "Das was ich in den letzten Wochen und Monaten an Anfragen bekommen habe, an Interviewwünschen... Lukasz Piszczek, Kuba und Robert Lewandowski war so gewaltig, ... ."

    Polonia Dortmund – so wird der BVB mittlerweile auch genannt. Wegen Torjäger Robert Lewandowski, Mittelfeldspieler Jakub, "Kuba", Blaszczykowski und auch wegen Rechtsverteidiger Lukasz Piszczek. Begeisterung in Dortmund, Begeisterung in Polen. Die Augen von Blaszczykowski glänzen, wenn er vom Juni spricht:

    "In dieser Zeit wird alles gut."

    Die Szenen zeigen, welchen Widerspruch man im Sommer erwarten kann. Erstmals findet die Europameisterschaft im Osten Europas statt: Vom 8. Juni – heute in einem Monat – bis zum 1. Juli spielen 16 Mannschaften um den Titel "Bestes Team des Kontinents". Zum 14. Mal wird der EM-Titel ausgespielt, zum dritten Mal treten dabei zwei Länder als Gastgeber auf: Doch während die beiden vorherigen Pärchen – im Jahr 2000 Belgien und die Niederlande, 2008 Österreich und die Schweiz – homogene Ausrichter waren, die gemeinsam planten und organisierten, scheint das nun anders zu sein: Gemeinsam gegeneinander, so könnte das Motto sogar lauten.

    Wer seit der Vergabe des Turniers 2007 durch beide Länder reist, wer sich deren Außendarstellung in der Welt anschaut und wer mit Beteiligten spricht, kann – oder muss – nicht nur aufgrund der Berichterstattung zuletzt, den Eindruck bekommen, dass im Sommer zwei völlig verschiedene Turniere stattfinden: eines in Polen und eines in der Ukraine. Politisch, wirtschaftlich, sportlich, kulturell und auch historisch – trotz vieler Gemeinsamkeiten überwiegen immer noch Gegensätze, Vorbehalte, der spürbare Wunsch nach Abgrenzung. Dabei hatte am 18. April 2007 in Cardiff alles so hoffnungsfroh begonnen, als UEFA-Präsident Michel Platini verkündete:

    "L’organisation de l’EURO de l’UEFA EURO 2012 ... ."
    Polen war ein Land im Aufbruch, damals erst seit drei Jahren Mitglied der Europäischen Union – und: Es wollte auch seinen östlichen Nachbarn nach Westen ziehen. Die Ukraine zehrte damals noch von der politischen Dividende der sogenannten Orangenen Revolution wenige Jahre zuvor. Gemeinsam gen Westen, so hieß das unausgesprochene Motto der beiden Partner.

    Von den Gemeinsamkeiten ist mittlerweile wenig zu spüren. Es scheint, als sehnten alle Beteiligten den Anstoß herbei. Am Freitag, 8. Juni um 18 Uhr geht es los: Polen gegen Griechenland, so lautet das Auftaktspiel im Warschauer Nationalstadion.

    Und eben dort, im Inneren des Nationalstadions steht Joanna Mucha. Es ist der 29. Januar dieses Jahres; mit einer großen Show weihen die Polen ihr Nationalstadion ein. Zwar liegt noch kein Rasen, von den Decken baumeln Kabel-Enden, grauer, kalter Beton dominiert das Bild. Doch gegen diese Tristesse spielen bekannte polnische Bands an. Es ist laut: In Polen liebt man offensichtlich Rockmusik.

    Rund 40.000 Zuschauer sind gekommen, dazu Hunderte von Journalisten aus ganz Europa. Und eben: Mucha. Die 36-Jährige ist seit November letzten Jahres die Sportministerin Polens. Schon jetzt wird sie von den Medien als das "Gesicht dieser EM" bezeichnet. Doch nicht jeder traut der hübschen Frau inhaltlich kompetente Arbeit zu. Und deshalb beschränkt sie sich nicht bloß darauf freundlich zu lächeln, sondern sitzt am Tag nach der Eröffnung wieder in ihrem Ministerium und redet: über die Vorbehalte des Westens – und auch über das Verhältnis zum Partnerland:

    "Beide Länder müssen die gleichen Bedingungen erfüllen, die die UEFA von uns fordert. Die Vorbereitungen dafür laufen parallel, aber getrennt voneinander. Jeweils in Polen und der Ukraine. Die Bedenken hinsichtlich der EM betreffen eher die Ukraine. Das bedauern wir sehr, haben aber keine Möglichkeiten, das zu beeinflussen."

    Mit Bedenken, die vor allem von Seiten der UEFA kamen, meint Mucha viele Infrastruktur-Projekte und die Stadien. Es ist fast schon Tradition, dass vor sportlichen Großereignissen der Bau der Arenen als das entscheidende Barometer gilt: so auch bei der EM 2012. Acht Spielorte sind es insgesamt, jeweils vier pro Land. Während Polens EM-Städte Danzig, Posen, Warschau und Breslau frühzeitig von der UEFA bestätigt worden waren, musste die Ukraine nachsitzen. Doch mittlerweile sind Kiew, Donezk, Lwiw und Charkow gesichert – und mit dem heutigen Tag offiziell an die UEFA übergeben. Die Stadien sind nun wohl das geringste Problem. Neben der Diskussion um Timoschenko steht noch immer die Frage im Raum, wie die Touristen in beide Länder anreisen und sich fortbewegen sollen. Und, wo sie wohnen sollen. Je näher das Turnier rückt, desto aufgeregter wird auch hier die Berichterstattung:

    "Wir wollen ein Zimmer buchen, drei Nächte während der Zeit der Fußball-Europameisterschaft. - Als der Sicherheitsdienst unsere Kamera entdeckt, müssen wir abbrechen. Die Stimmung ist nervös, seit die Zimmerpreise ukrainischer Hotels in die Schusslinie geraten sind."

    Solche Meldungen heizen einen Wettstreit an. Denn zwischen den beiden Ausrichtern ist ein Kampf um Aufmerksamkeit und Touristen entbrannt. Und da kommt es wohl nicht ungelegen, dass Joanna Mucha nicht nur Sport-, sondern auch Tourismusministerin ist

    Für die Zufriedenheit ihrer Gäste hat die polnische Vermarktungsagentur "PL 2012" eine Website eingerichtet, auf der sich der komplette EM-Trip organisieren lässt: Transfer, Übernachtung, Tipps fürs Ausgehen, sogar für den Krankheitsfall findet man Infos. Allerdings nur für Polen. Der sogenannte "Polish Pass" ist rot-weiß wie die Nationalfarben – und ignoriert die Ukraine komplett. Die Distanz zum Partnerland ist deutlich spürbar. Vom Nachbarn ist während der einen Stunde im Gespräch mit Mucha wenig die Rede – höchstens abstrakt:

    "Polen hat ja bekanntlich vor zwanzig Jahren den Weg in die Freiheit gefunden. Und daher drücken wir auch der Ukraine natürlich die Daumen für die weitere Demokratisierung des Landes und für den künftigen Beitritt zur EU, wenn das irgendwann mal der Fall sein sollte. Und was die Europameisterschaft angeht: Diese Veranstaltung wird der Ukraine nicht schaden, sondern sie im Gegenteil eher näher an Europa heranführen."

    Angesichts der jüngsten politischen Entwicklungen erscheint das jedoch eher wie ein frommer Wunsch. Und auch die Schwierigkeiten und Differenzen zwischen Polen und Ukrainern liegen tiefer – in der gemeinsamen Geschichte.

    Lidia Sikora ist Stadtführerin in Warschau. Besuchergruppen zeigt sie die historische Altstadt. Sie erzählt viel von der Geschichte des Landes – die auch die Geschichte der Ukraine ist. Der lange, gemeinsame Weg begann im 14. Jahrhundert. Im 16./17. Jahrhundert herrschte Polen über einen großen Teil der heutigen Ukraine: Ein ständiger Dorn im Auge ukrainischer Nationalisten aber auch gemäßigter Patrioten. Die ständigen Kämpfe belasten das Verhältnis der beiden Länder bis heute. Genauso wie bestimmte historische Figuren.

    Eine davon ist Stepan Bandera, einer der Führer der Organisation Ukrainischer Nationalisten. Während er für manche Ukrainer noch immer ein Freiheitskämpfer ist, und zwar sowohl gegen das Sowjetregime als auch gegen die polnische Herrschaft, hält Stadtführerin Sikora dagegen:

    "Bandera – für Polen ist das kein Held. Wir bezeichnen ihn als einen Verbrecher. Weil er eigentlich durch seine Tätigkeit den Tod von Tausenden von Polen verursacht hat. Für die Ukrainer war er der Kämpfer für die Entstehung des neuen ukrainischen Staates, das war ein Held."

    Bandera, so Sikoras Urteil, spaltet. Noch heute. Die EM soll hier für Entspannung sorgen. Sie müsse ein Erfolg werden, hofft Sikora. Gerade der Sport und der soziale und kulturelle Austausch untereinander, könnten helfen und für ein größeres Verständnis zwischen den beiden Ländern sorgen, deren gemeinsame Grenze 526 Kilometer lang ist – und über acht gemeinsame Kontrollpunkte verfügt. Doch das Turnier in diesem Sommer belasten nicht nur gemeinsame historische Altlasten, sondern auch die aktuelle Bürokratie mit diversen Vorschriften auf beiden Seiten.

    Die Grenzanlagen in der Nähe der ostpolnischen Stadt Przemysl. Der gut fünfzehn Zentimeter breite Farbstreifen auf der Straße trennt Polen und die Ukraine. Und er trennt die Europäische Union vom Rest des Kontinents. Das heißt: Die Kontrollen zur Ukraine und den anderen Nicht-EU-Nachbarländern Polens haben sich deutlich verschärft, seit Warschau das Schengener Abkommen vollständig umsetzt, also seit 2007. Ein Jahr später stammten bereits 95 Prozent derjenigen, denen die Einreise nach Polen verweigert worden war, aus der Ukraine, aus Weißrussland oder Russland. Die Zahl genehmigter Visa für Menschen aus diesen Ländern sank gleichzeitig um die Hälfte. Das Zusammenwachsen der Europäischen Union – an diesem Beispiel wird deutlich, dass die Medaille ihre sprichwörtlichen zwei Seiten hat. Das mag abstrakt klingen. Für die Fußball-Fans aber heißt es vor allem eines: Warten.

    "Wenn alle auf einmal hier ankommen, ist es bestimmt nicht möglich, rechtzeitig zum Stadion zu kommen. Die Leute sollten diese Reise in die Ukraine also nicht auf den letzten Drücker planen, sie sollten besser rechtzeitig kommen."

    Oberst Waldemar Skarbek schätzt, dass sich die Zahl der Grenzübertritte an den Spieltagen auf bis zu 25.000 verdoppeln wird – und dass Autos dann mindestens vier Stunden im Wartestau stehen werden. Erst dann steht die eigentliche Pass- und Zollkontrolle an.

    Einen Rat, wann man am besten losfahren sollte, um pünktlich anzukommen, kann auch Skarbek nicht geben. Über schmale Landstraßen mit etlichen Schlaglöchern geht es weiter. Wer von den zahlreich erwarteten deutschen Fans nicht per Flugzeug oder Bahn anreist, wird im Sommer wohl diesen Weg wählen müssen. 80 Kilometer hinter dem Grenzübergang liegt jene Stadt, in der die deutschen Nationalspieler zwei ihrer drei Vorrundenspiele bestreiten werden.

    Die Oper in Lwiw. Hier, in diesem geschichtsträchtigen Ort mit UNESCO-Weltkulturerbe-Status, wird die deutsche Mannschaft im Juni ihren EM-Auftritt beginnen. Die Geschichte dieser westukrainischen Metropole lässt sich schon an ihrem Namen ablesen: Lemberg sagen Deutsche und Österreicher, die Polen nennen sie Lwów für die ukrainischen Einwohner hingegen heißt ihre Stadt Lwiw. In wenigen Wochen werden allerdings weniger Opern-, sondern vielmehr Fußball-Fans die Stadt bevölkern. Sehr zur Freude von Bürgermeister Andrij Sadovoj. Er weiß genau um das Potenzial seiner Stadt mit ihrer malerischen Altstadt, dem ukraineweit geschätzten Bier und dem österreichisch angehauchten Habsburger Flair:

    "Lwiw ist eine Königsstadt und ich denke, dass es der letzte Diamant ist, der vor Europa verborgen geblieben ist."

    Der letzte unentdeckte Diamant Europas ist jedoch nur die siebtgrößte Stadt der Ukraine. Für Sadovoj ist die EM deshalb die Chance, seine Stadt, die ganze Region als europäisch, als alles andere als "bloß exotisch" zu präsentieren – und damit Touristen anzulocken:

    "Lwiw hat dieselbe europäische Tradition wie andere europäische Städte. In der Ostukraine herrscht eine ganz andere Mentalität. Dort werden sie auf Russisch angesprochen, hier auf Ukrainisch. Und unsere Religionszugehörigkeiten unterscheiden sich: Wir lieben den Papst, in der Ostukraine hat die russisch-orthodoxe Kirche überhand und sie verehrt deshalb den Patriarchen Kirill."

    Lwiw befindet sich zwar zu weit westlich, um geografisch genau in der Mitte zwischen Polen und der Ukraine zu liegen, aber es bildet eine Art Brücke. Das ist auch nötig, denn: Noch nie lagen die Stadien bei einer EM so weit auseinander. Danzig im Norden Polens und Donezk im Südosten der Ukraine trennen immerhin knapp 2000 Kilometer. Solche Entfernungen stellen Organisatoren, Mannschaften, vor allem aber die Zuschauer vor Probleme. Im Großen, wie im Kleinen.

    Die neue Arena in Lwiw. In dieser Stadt hat die ukrainische Nationalmannschaft noch kein Länderspiel verloren. Eigentlich ein gutes Omen. Doch nicht für dieses Turnier: Denn die Spiele der Heim-Mannschaft finden in Kiew und in Donezk statt. Dort wo sich die Politik konzentriert – und das Geld. Was in der Ukraine das Gleiche ist. Das ukrainische Parlament, die "Werchowna Rada" wird auch das "Parlament der Millionäre" genannt. Was nicht ganz korrekt ist, sitzen dort doch auch einige Milliardäre. Die Oligarchen und ihre Clans sind auch bei dieser EM die Hauptakteure – wie zum Beispiel der reichste Mann des Landes, Rinat Achmetow. In seiner Heimatstadt Donezk finden allein fünf EM-Spiele statt, drei Vorrundenspiele, ein Viertel- und ein Halbfinal-Match. Das Stadion dazu baute Achmetow in Eigenregie.

    Allerorts wird gemunkelt, dass gerade bei den Infrastruktur-Projekten in der Ukraine viel Korruption im Spiel war – und viele daran gut verdient haben. Hieb- und stichfest beweisen lässt sich das kaum. Doch: Alleine die Gesamtkosten von zehn Milliarden Euro, die laut ukrainischer Regierung in die Infrastruktur investiert worden sind, legen diesen Schluss nahe. Handelt es sich doch um das 16-fache jenes Betrags, der noch vor vier Jahren in Österreich und der Schweiz ausgegeben worden ist. Auf dem Korruptionsindex der Organisation "Transparency International" rangiert die Ukraine derzeit übrigens auf Platz 152. Im Vergleich dazu: Das Partnerland Polen steht auf Platz 41, Deutschland auf Rang 14.

    Kiew. Hier in der Hauptstadt ist für den 1. Juli das Finale dieser Europameisterschaft angesetzt, der Schluss- und Höhepunkt des Turniers. Doch derzeit sorgt Kiew noch für schlechte Nachrichten:

    "Die Ukraine hat die für Freitag und Samstag geplante Konferenz europäischer Staatschefs in Jalta verschoben. Grund dürfte die Absage zahlreicher Politiker sein, die mit Blick auf den Umgang der ukrainischen Regierung mit der inhaftierten Oppositionspolitikerin Timoschenko erklärt hatten, nicht nach Jalta reisen zu wollen."

    Dadurch rücken die schwierigen politischen Gegebenheiten in der Ukraine ins Blickfeld. Doch für diese Diskussion ist es jetzt zu spät: Mit dem heutigen Tag übernimmt die UEFA die Regie in beiden Ländern. Für den europäischen Fußballverband ist klar: Eine Absage aus politischen Gründen wird es nicht geben. Auch im Partnerland Polen handelt man jetzt nach der Devise: Augen zu und durch. Trotzdem schaut Polens Präsident Bronislaw Komorowski derzeit mit Sorge ins Nachbarland:

    "Es besteht das Risiko, dass ein verpfuschtes Fußballfest in der Ukraine durch einen Boykott auch für uns Verluste und vergeblichen Einsatz von Kraft und Geld bedeuten könnte. Die Fußball-EM sollte für die Ukraine eine Chance sein, um zeigen zu können wie sehr sich das Land bemühe, dem Weste näher zu kommen. All das ist jetzt bedroht."

    Ob es am Ende tatsächlich zu einem sportlichen Erfolg für den polnischen Fußball reicht, steht nicht im Vordergrund. Die vorläufige Zwischenbilanz der beiden Gastgeber-Länder der EM 2012 fällt – einen Monat vor Turnierstart eher nüchtern aus: Ein gemeinsames Turnier wird es sicher nicht.

    Und die anfänglichen politischen Hoffnungen auf eine Annäherung der Ukraine an die EU scheinen momentan völlig unrealistisch. Die Erwartungen, sie scheinen schon jetzt illusorisch. Und deshalb könnte man dieses bewusst gewollte – auch sportpolitische – Experiment zum Anlass nehmen, einmal nachzudenken: über das, was ein Fußball-Turnier leisten soll und kann.