Entlang einer heißen Nebenstraße nahe der Universität von Addis Abeba reihen sich Blechhütten; auf Tischen unter den Dächern stehen alte Kopiergeräte, grau und klebrig vom Dreck der Straße. Der 27-jährige Melaku druckt an einem Computer gerade den Vorschlag für seine Masterarbeit aus, den er am nächsten Tag abgeben muss. Kopierer und Drucker gibt es nicht an seinem Institut, sagt er, während im Hintergrund afrikanische Popmusik dudelt. Auch seien seine Lehrer sehr schlecht – und Pflichtveranstaltungen finden nicht statt.
"Um ehrlich zu sein, gebe ich echt alles, um irgendein Stipendium zu kriegen, mit dem ich im Ausland studieren kann, egal wo, Hauptsache in Europa oder Amerika. Hier hab ich einfach keine Möglichkeit, genau das zu studieren, was ich gerne würde."
Viele der Studenten hier klagen über die gleichen Probleme. Zu viele Studenten auf zu wenig gute Hochschullehrer, schlechte Ausstattung der Universität, nicht genügend qualifizierende Abschlüsse und dann auch keine Aussicht auf einen gut bezahlten Job.
Doch das alles soll sich jetzt ändern: Sowohl die Afrikanische Union als auch Äthiopien selbst haben eine Hochschul-Offensive gestartet:
In einen Neubau im Uni-Viertel ist vor kurzem das Institut für Wasserressourcen eingezogen, ein Vorzeigeprojekt der Universität von Addis. Unterstützt durch staatliche Gelder aus Amerika werden hier gerade 18 Doktoranden ausgebildet, und zwar nach internationalen Standards, was im dürregeplagten Äthiopien, für das der Wassersektor so wichtig ist, lange nicht der Fall war, sagt der Direktor Tena Alamirew:
"Eine der größten Herausforderungen für die Verbesserung unseres Wassermanagements ist der Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften. Man mag es glauben oder nicht, aber es hat in Äthiopien bislang keine Institution gegeben, die Doktoranden ausbildet, kein Forschungsinstitut, das sich mit Wasser beschäftigt. Und das vor dem Hintergrund, dass das Schicksal Äthiopiens von seinen Wasserressourcen abhängt."
Häufig würden frischgebackene Masterabsolventen gleich mit millionenschweren Wassermanagementprojekten betraut und seien dann damit oft maßlos überfordert. Alamirew hat selbst in England und Österreich studiert, weil er in Äthiopien keinen Master und Doktor in seinem Fachbereich machen konnte.
Vor Kurzem hat die Afrikanische Union ein Projekt vorgestellt, mit der sie die Abwanderung Afrikas Elite endlich stoppen will: die Pan-Afrikanische Universität. An fünf Standorten sollen fünf Exzellenzzentren entstehen, jeweils eines in Nord-, Süd-, West-, Ost- und Zentralfrika, sagt Jean-Pierre Ezin, der Kommissar für Bildung und Forschung bei der Afrikanischen Union:
"Das ist keine Idee, die vom Himmel gefallen ist. Sie reicht lange zurück und war schon ein Traum der Gründerväter der Afrikanischen Union. Afrika entleert sich seiner jungen Talente. Und so entwickeln wir keine wissenschaftliche Fähigkeiten innerhalb Afrikas. Das ist das eine Problem. Das andere ist, dass wir innerhalb des Kontinents unbedingt mehr Austausch von Wissen brauchen. Unsere Lehrer sind ja keine Faulpelze. Wir haben hier sehr, sehr gute Lehrer. Doch für sie braucht es Universitäten, an denen sie sich austauschen und unterrichten können, und dadurch dazu beitragen, dass unsere Jugend auf dem Kontinent bleibt."
Das Projekt soll im kommenden Wintersemester starten und ist für Doktoranden gedacht. In Nigeria soll ein Institut für Umweltwissenschaften entstehen; in Kenia eines für Grundlagenwissenschaften, Technologie und Innovation. Kamerun bekommt das Zentrum für Politik- und Sozialwissenschaften; das südliche Afrika das für Raumfahrt; und Algerien ein Institut für Wasser- und Energiewissenschaften, das Deutschland mit zwei Millionen Euro unterstützt.
Das Gesamtziel ist, afrikanische Lösungen von Afrikanern, in Afrika, für Afrika zu entwickeln. Gerade das Gegenteil sei heute die Regel, sagt Badeg Bekele, der vor fünf Jahren in Addis ein Privatinstitut gegründet hat, das äthiopische Studenten nach England vermittelt:
"Wenn einer unserer Volkswirtschaftsstudenten im Ausland zum Beispiel eine Arbeit über das westliche Bankensystem aufbekommt; das westliche Bankensystem ist so ausgeklügelt und kompliziert; unseres hier ist es nicht. So haben die äthiopischen Studenten in London zwar später mit dem Beispiel der Londoner Wertpapierbörse ein Lösungsansatz vor Augen, sind aber nicht mit den Problemen hier vertraut."
So verlangt das Institut von seinen Studenten, dass sie ihre Abschlussarbeit über ein afrikansiches Problem schreiben.
Ein Mittelweg, bis es Top-Unis in Afrika gibt? Vor dem Projekt der Afrikanischen Union stehen noch einige ungeklärte Fragen. Die größte: Wie und wonach werden die Studenten ausgewählt? Nach Länderquote? Oder ausschließlich nach Exzellenz? Letzteres würde bedeuten, dass Studenten aus Ländern wie Kenia, die ohnehin schon bessere Hochschulen haben, gegenüber Mitbewerbern aus schwächeren Ländern wie Tschad weiterhin einen Vorsprung hätten.
Und selbst, wenn all das geklärt ist, glaubt Direktor Alamirew vom neuen Wasserinstitut, dass es noch lange dauern wird, bis afrikanische Universitäten an die Standards in Industrieländern herankommen:
"Wir haben ja hier auch das Problem der Massenuniversitäten. Deshalb glaube ich, sollten unsere Besten weiterhin selektiert werden und ins Ausland gehen können, um dort in ihren Fachbereichen zu studieren, während wir hier daran arbeiten, dass sie zurückkommen können. Man wird den Braindrain nicht einfach stoppen können, damit sollte man gar nicht erst rechnen."
"Um ehrlich zu sein, gebe ich echt alles, um irgendein Stipendium zu kriegen, mit dem ich im Ausland studieren kann, egal wo, Hauptsache in Europa oder Amerika. Hier hab ich einfach keine Möglichkeit, genau das zu studieren, was ich gerne würde."
Viele der Studenten hier klagen über die gleichen Probleme. Zu viele Studenten auf zu wenig gute Hochschullehrer, schlechte Ausstattung der Universität, nicht genügend qualifizierende Abschlüsse und dann auch keine Aussicht auf einen gut bezahlten Job.
Doch das alles soll sich jetzt ändern: Sowohl die Afrikanische Union als auch Äthiopien selbst haben eine Hochschul-Offensive gestartet:
In einen Neubau im Uni-Viertel ist vor kurzem das Institut für Wasserressourcen eingezogen, ein Vorzeigeprojekt der Universität von Addis. Unterstützt durch staatliche Gelder aus Amerika werden hier gerade 18 Doktoranden ausgebildet, und zwar nach internationalen Standards, was im dürregeplagten Äthiopien, für das der Wassersektor so wichtig ist, lange nicht der Fall war, sagt der Direktor Tena Alamirew:
"Eine der größten Herausforderungen für die Verbesserung unseres Wassermanagements ist der Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften. Man mag es glauben oder nicht, aber es hat in Äthiopien bislang keine Institution gegeben, die Doktoranden ausbildet, kein Forschungsinstitut, das sich mit Wasser beschäftigt. Und das vor dem Hintergrund, dass das Schicksal Äthiopiens von seinen Wasserressourcen abhängt."
Häufig würden frischgebackene Masterabsolventen gleich mit millionenschweren Wassermanagementprojekten betraut und seien dann damit oft maßlos überfordert. Alamirew hat selbst in England und Österreich studiert, weil er in Äthiopien keinen Master und Doktor in seinem Fachbereich machen konnte.
Vor Kurzem hat die Afrikanische Union ein Projekt vorgestellt, mit der sie die Abwanderung Afrikas Elite endlich stoppen will: die Pan-Afrikanische Universität. An fünf Standorten sollen fünf Exzellenzzentren entstehen, jeweils eines in Nord-, Süd-, West-, Ost- und Zentralfrika, sagt Jean-Pierre Ezin, der Kommissar für Bildung und Forschung bei der Afrikanischen Union:
"Das ist keine Idee, die vom Himmel gefallen ist. Sie reicht lange zurück und war schon ein Traum der Gründerväter der Afrikanischen Union. Afrika entleert sich seiner jungen Talente. Und so entwickeln wir keine wissenschaftliche Fähigkeiten innerhalb Afrikas. Das ist das eine Problem. Das andere ist, dass wir innerhalb des Kontinents unbedingt mehr Austausch von Wissen brauchen. Unsere Lehrer sind ja keine Faulpelze. Wir haben hier sehr, sehr gute Lehrer. Doch für sie braucht es Universitäten, an denen sie sich austauschen und unterrichten können, und dadurch dazu beitragen, dass unsere Jugend auf dem Kontinent bleibt."
Das Projekt soll im kommenden Wintersemester starten und ist für Doktoranden gedacht. In Nigeria soll ein Institut für Umweltwissenschaften entstehen; in Kenia eines für Grundlagenwissenschaften, Technologie und Innovation. Kamerun bekommt das Zentrum für Politik- und Sozialwissenschaften; das südliche Afrika das für Raumfahrt; und Algerien ein Institut für Wasser- und Energiewissenschaften, das Deutschland mit zwei Millionen Euro unterstützt.
Das Gesamtziel ist, afrikanische Lösungen von Afrikanern, in Afrika, für Afrika zu entwickeln. Gerade das Gegenteil sei heute die Regel, sagt Badeg Bekele, der vor fünf Jahren in Addis ein Privatinstitut gegründet hat, das äthiopische Studenten nach England vermittelt:
"Wenn einer unserer Volkswirtschaftsstudenten im Ausland zum Beispiel eine Arbeit über das westliche Bankensystem aufbekommt; das westliche Bankensystem ist so ausgeklügelt und kompliziert; unseres hier ist es nicht. So haben die äthiopischen Studenten in London zwar später mit dem Beispiel der Londoner Wertpapierbörse ein Lösungsansatz vor Augen, sind aber nicht mit den Problemen hier vertraut."
So verlangt das Institut von seinen Studenten, dass sie ihre Abschlussarbeit über ein afrikansiches Problem schreiben.
Ein Mittelweg, bis es Top-Unis in Afrika gibt? Vor dem Projekt der Afrikanischen Union stehen noch einige ungeklärte Fragen. Die größte: Wie und wonach werden die Studenten ausgewählt? Nach Länderquote? Oder ausschließlich nach Exzellenz? Letzteres würde bedeuten, dass Studenten aus Ländern wie Kenia, die ohnehin schon bessere Hochschulen haben, gegenüber Mitbewerbern aus schwächeren Ländern wie Tschad weiterhin einen Vorsprung hätten.
Und selbst, wenn all das geklärt ist, glaubt Direktor Alamirew vom neuen Wasserinstitut, dass es noch lange dauern wird, bis afrikanische Universitäten an die Standards in Industrieländern herankommen:
"Wir haben ja hier auch das Problem der Massenuniversitäten. Deshalb glaube ich, sollten unsere Besten weiterhin selektiert werden und ins Ausland gehen können, um dort in ihren Fachbereichen zu studieren, während wir hier daran arbeiten, dass sie zurückkommen können. Man wird den Braindrain nicht einfach stoppen können, damit sollte man gar nicht erst rechnen."