"Ich glaube in etwa, für einen Weltcupsieg bekommen die Herren 10.000 Schweizer Franken und die Damen, glaube ich, mittlerweile 3.500 Schweizer Franken", erzählt Skispringerin Katharina Althaus im März.
Inzwischen ist das Preisgeld für die Frauen auf 3.800 Schweizer Franken angestiegen. Althaus, eine der Besten der Welt, kann trotzdem nicht von ihrem Sport leben. Sie ist beim Zollamt angestellt. In ihren Augen ist besonders die fehlende Medienpräsenz schuld an der ungleichen Bezahlung. Das hat auch Sarah Lewis, Ex-Generalsekretärin des internationalen Skiverbands FIS, im Gespräch mit dem Deutschlandfunk vor ihrer Suspendierung so gesehen.
Angebot und Nachfrage entscheiden über Einkommen
"Der im Moment existierende Gender Pay Gap im Weltcup lässt sich durch wirtschaftliche Prinzipien, nämlich Angebot und Nachfrage, erklären. Da derzeit die TV- und Werbegelder, die von einem Weltcup der Frauen und Männer eingenommen werden können, sehr unterschiedlich sind, sind auch die Preisgelder noch unterschiedlich."
Skispringerin Svenja Würth hat die mangelnde Nachfrage selber erlebt. Sie hatte im vergangenen Jahr Probleme, Sponsoren zu finden. Der Deutsche Skiverband sucht die Sponsoren generell zentral, aber zwei Sponsorenflächen müssen die Sportlerinnen und Sportler selber vermarkten.
Schwierige Sponsorensuche
"Wir haben die Fläche auf dem Kopf und eine Sponsorenfläche auf dem Ski. Für den Kopf findet man mittlerweile relativ gut Sponsoren, für den Ski zum Beispiel hatte ich die ganze Saison gar nichts drauf, weil es niemand gab, der die Sponsorenfläche haben wollte oder daran interessiert war."
Größere Sichtbarkeit, vor allem im TV, würde den Skispringerinnen bei der Sponsorensuche helfen. Und zugleich würden mehr Übertragungen den Veranstaltern helfen, Frauen-Springen zu refinanzieren. Das Zuschauerinteresse für Frauen- Wettbewerbe war aber vor Corona im Vergleich zu den Männern deutlich geringer.
Vergleich der Leistungen in Bezug auf Körperbau?
Dies könne sich aber durch eine andere und häufigere Darstellung der Skispringerinnen in den Medien ändern, meint die Sportökonomin Pamela Wicker. Sie plädiert dafür, die Leistungen von Männern und Frauen nicht direkt zu vergleichen, sondern die Leistungen der Frauen in Bezug auf ihren Körperbau zu setzen.
"Die Forschung zeigt auch, dass der Zuschauer Interesse aufbaut, je mehr Konsumkapital er gebildet hat. Also wenn ich mehr über eine Sportart weiß, über die Athletinnen weiß, vielleicht auch die Hintergründe, welche besonderen Herausforderungen gerade anstehen, dann steigt das Interesse und auch der Nutzen, den man aus dem Konsum des Sports zieht."
FIS: Frauen-Skispringen junge Sportart
Auch die FIS weist in ihrer schriftlichen Antwort darauf hin, dass Skispringen für Frauen im Vergleich zu anderen Sportarten wie Ski-Alpin eine sehr junge Sportart sei - Skispringen ist erst seit 2014 olympisch.
"Daher ist Zahl der teilnehmenden Springerinnen und Nationen geringer als bei Männer-Events. Es braucht einfach Zeit für einen neuen Sport, den gleichen wirtschaftlichen Stellenwert zu erreichen."
Um die Attraktivität des Damen-Skispringen zu erhöhen, will die FIS vor allem eines tun: mehr Wettkämpfe anbieten. In dieser Saison gibt es zum Beispiel erstmals ein Springen auf der Großschanze. Das Debüt wird für die Springerinnen bei der Weltmeisterschaft im Februar in Oberstdorf stattfinden.
Keine Vierschanzentournee für Frauen - bisher
Beim wohl bekanntesten Skisprung-Event der Herren, der Vierschanzentournee, dürfen Damen allerdings noch nicht springen. Laut der FIS prüfen die Veranstalter allerdings, das Event auch für Frauen auszurichten. Der Teamdirektor der deutschen Skispringer, Horst Hüttel, hält eine gemeinsame Tour ab dem kommenden Jahr für möglich.
Bereits jetzt finden vereinzelt Wettkämpfe gemeinsam statt, zum Beispiel bei der Raw-Air-Tour in Norwegen seit 2019. Auch für die WM gibt es für Sportlerinnen und Sportler einen gemeinsamen Termin. Hier findet auch einer der beiden Mixed-Wettbewerbe der Saison statt.
Skispringerin Svenja Würth ist ein großer Fan der gemeinsamen Wettkämpfe und des Mixed-Springens. Im Jahr 2017 hat sie mit ihrem Team die Mixed-Weltmeisterschaft gewonnen. Trotz des Erfolges weiß die Bayerin, wie wichtig es ist, das Thema Bezahlung immer wieder anzusprechen.
Kein Wandel von heute auf morgen
"Man darf auch nicht vergessen, dass sich in den letzten Jahren schon extrem viel getan hat. Man kann auch nicht erwarten, dass es von heute auf morgen angepasst wird. Aber man merkt schon, wenn man da immer wieder nachhakt, und es gibt viele Leute, die da ein bisschen Druck machen und die Diskussion auch immer wieder anfachen, dass sich dann auf jeden Fall auch etwas tut."
Geholfen hätte wahrscheinlich auch eine Frau an der Spitze der FIS. Aber im Oktober hat sich der Weltverband von seiner Generalsekretärin Sarah Lewis getrennt – der einzigen Frau, die Chancen auf das freiwerdende Präsidentschaftsamt gehabt hätte. So wird sehr wahrscheinlich wieder ein Mann den Skiverband führen. Skispringerin Katharina Althaus hätte sich einen Geschlechterwechsel gewünscht.
"Nicht nur wegen dem Preisgeld, sondern gerade auch wegen unseren Wettkämpfen. Egal ob Vierschanzentournee oder Skifliegen, da kommt schon noch ziemlich viel Gegenwind, gerade auch von den Herren. Ich würde mir da schon wünschen, dass ein paar Damen auch mehr mit drinnen sind, die vielleicht auf eher auf unserer Seite sind und für uns mitkämpfen."
Der Kampf um Aufmerksamkeit geht für die Skispringerinnen also weiter – innerhalb und außerhalb des Weltverbands.