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Gene gegen Aids

Aids. - Eine Heilung der Immunschwächekrankheit Aids ist weiterhin nicht möglich. Forscher in den USA haben jetzt in einer Studie mit einigen, wenigen Patienten gezeigt, wie eine Gentherapie gegen HIV funktionieren könnte. In "Science Transnational Medicine" berichten sie darüber.

Von Martin Winkelheide |
    Zunächst und vor allem ging es darum, den Krebs zu besiegen. Alle vier Patienten, die der Virologe John Rossi gemeinsam mit seinen Kollegen am City of Hope Zentrum im Kalifornischen Duarte behandelte, litten an Lymphdrüsenkrebs. Das ist eine häufige Krebserkrankung von Aids-Patienten. Eine hoch dosierte Chemotherapie sollte die Krebszellen abtöten. Weil die Krebsmedikamente aber auch das lebenswichtige Knochenmark zerstören und damit das gesamte Blut bildende System, entnahmen die Mediziner den Patienten vor der Behandlung Blut bildende Stammzellen. Diese sollten dann nach der Chemotherapie das Knochenmark und das Blutsystem wieder neu aufbauen.

    "Mit der Stammzell-Transplantation und der aggressiven Chemotherapie ist es uns gelungen, den Krebs zu heilen. Bis heute ist der Lymphdrüsenkrebs nicht wieder ausgebrochen."

    Damit war ein Ziel der Behandlung erreicht. John Rossi und seinen Kollegen aber ging es um mehr. Sie wollten zeigen, dass es mit einer Gentherapie möglich ist, das sich neu bildende Blut- und Immunsystem unangreifbar zu machen. Das Aids-Virus sollte keine Chance haben, die Zellen zu infizieren und zu zerstören. Rossi:

    "Wir haben in die Blutstammzellen zusätzliche Erbinformation eingeschleust. Die genetisch manipulierten Stammzellen sollten in das Knochenmark wandern und dann nach und nach alle verschiedenen Zellen der körpereigenen Abwehrsystems bilden. Alle diese T-Zellen, B-Zellen und Fresszellen tragen auch die zusätzliche Erbinformation. Aus Labor- und Tierversuchen wissen wir, dass diese genetisch veränderten Zellen in hohem Maß unempfindlich sind gegen das HI-Virus."

    Als Transportmittel nutzte Rossi umgebaute, unschädliche Lenti-Viren. Diese lieferten die Gene in den Zellen ab und sorgten dafür, dass sie fest im Erbgut eingebaut wurden. Es handelt sich um maßgeschneiderte Gene für die Produktion von kleinen RNA-Schnipseln. Diese Schnipsel patrouillieren durch die Zelle auf der Suche nach Boten-RNA des Aids-Virus. Haben sie eine erkannt, docken sie fest an ihr an. Die so markierte Virus-RNA wandert – bildlich gesprochen - in den Schredder der Zelle und wird zerstört.

    "Einige der kleinen RNA-Schnipsel erkennen die Boten RNA von zwei Genen, die das Aids-Virus unbedingt braucht, um sich vermehren zu können – das Tat- und das rev-Gen. Und es gibt RNA-Schnipsel, die gegen das gesamte Aids-Virus-Erbgut gerichtet sind. Die Gentherapie will die Virusvermehrung an möglichst vielen Stellen unterbinden."

    Ein weiteres zusätzliches Gen sorgt zudem dafür, dass das Aids-Virus gar nicht erst nicht in die Zellen eindringen kann. Auch zwei Jahre nach der Gentherapie konnten die Forscher in den Zellen des Immunsystems ihrer Patienten noch die zusätzlichen Gene finden. Offenbar hatten sich die veränderten Zellen erfolgreich im Körper gehalten. Weder direkt nach der Gentherapie noch Monate später gab es schwer wiegende Nebenwirkungen. Allerdings hatte die Gentherapie auch keinen günstigen Effekt auf den Verlauf der HIV-Infektion. Das war auch nicht zu erwarten gewesen, denn die Forscher hatten nur einen kleinen Teil der Blutstammzellen genetisch manipuliert. Auf die Gentherapie allein, sagt John Rossi, wollten und durften sie sich nicht verlassen – schon allein, um die Patienten nicht unnötig zu gefährden.

    "Unsere Patienten haben vor und nach der Gentherapie eine der heute üblichen Kombinationstherapien bekommen, also einen Cocktail aus mindestens drei Aids-Medikamenten. Die Medikamente schlagen nach wie vor gut an, bei allen vier Patienten in unserer Studie."

    Mit der ersten Gentherapie gegen HIV am Menschen haben die Forscher vom City of Hope Zentrum im kalifornischen Duarte gezeigt, dass sich Blutstammzellen auf Dauer unempfindlich machen lassen gegen das Aids-Virus. Unklar ist aber, ob sich die manipulierten Zellen auch im Körper von Menschen durchsetzen können, bei denen nicht zuvor durch eine massive Chemotherapie die Blutbildung im Knochenmark ausgeschaltet wurde. Eine Alternative zur Medikamentenbehandlung ist die Gentherapie noch lange nicht.