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Generation Google und die Jobsuche

Elektronische Stellenanzeigen auf der Homepage des eigenen Unternehmens sind der klassische Weg bei der Suche nach geeigneten Bewerbern. Immer häufiger suchen Unternehmen aber in fremden, unabhängigen Portalen.

Von Thomas Wagner |
    Leute wie Adolf Michael Picard sind der Schrecken aller Zeitungsverleger.

    "Wir schalten immer mal wieder noch Printanzeigen, aber sehr, sehr reduziert. Die machen nicht einmal zehn Prozent unser Suchkanäle aus."

    Adolf Michael Picard ist Personaldirektor beim Hamburger Otto-Versand. Neues Personal sucht er vorzugsweise übers Internet. Dafür haben Fachleute einen eigenen Begriff entwickelt: E-Recruiting. Und der besagt zunächst nichts anderes, als dass neue Mitarbeiter auf elektronischem Weg, übers Internet gewonnen werden. Allerdings: E-Recruiting ist nicht gleich E-Recruiting.

    Elektronische Stellenanzeigen auf der Homepage des eigenen Unternehmens sind zwar der klassische Weg, immer häufiger suchen Unternehmen aber in fremden, unabhängigen Portalen nach geeigneten Bewerbern – Portale, die im Idealfall maßgeschneidert auf das Profil der gesuchten Mitarbeiter passen. Adolf Michael Picard bevorzugt deshalb ...

    " ... ganz klar die zielgruppenorientierten Portale, weil: Es geht uns immer darum, die wichtigen Bewerber bei uns zu finden. Und darum macht es Sinn, hier klar zu differenzieren, wo sich die Leute einfach bewegen. Und da haben wir sehr große Unterscheide zwischen IT'lern, Einkäufern, Finanzern. Alle sind unterschiedlich unterwegs. Und deswegen gilt es, die zielgruppenorientierten Portale zu wählen."

    Für nahezu alle dieser Zielgruppen gibt es eigene Internet-Portale. Dort stellen Unternehmen elektronische Stellenanzeigen ein. Daraus geht hervor, wen man überhaupt sucht. Das ist der klassische, sogenannte passive Weg. Der aktive Weg schaut so aus, dass das Unternehmen mit einer elektronischen Suchmaschine alle Profile eines Portals daraufhin abklopft, ob sich darunter ein passender Bewerber findet. Stefan Schmidt-Grell von der Hamburger Xing AG sieht in dieser aktiven Suche den Vorteil,

    " ... dass sie bei uns ganz, ganz viele Leute erreichen, die nicht aktiv auf Jobsuche sind. Das heißt: Das sind Leute, die aus anderen Gründen zu Xing kommen, weil sie einen alten Kontakt suchen oder einen Geschäftskontakt finden wollen und dann über einen interessanten Job stolpern. Gerade diese Leute aber sind über reguläre Jobbörsen schwer anzutreffen."

    Xing betreibt eine der großen sozialen Internet-Plattformen; häufig stellen Manager und Geschäftsleute dort ihre Profile hinein. Daher eignet es sich für aktives E-Recruiting ganz besonders. Immerhin haben über acht Millionen Nutzer ihre Profile bei Xing eingestellt. Bei dieser Auswahl kann ein Unternehmen sein Bewerberprofil viel enger eingrenzen, als dies in einer klassischen Stellanzeige jemals möglich wäre.

    "Also wir haben eine sogenannte Recruter-Mitgliedschaft bei uns, die damit arbeitet, dass sie ganz spezielle Suchfilter haben, nach ganz bestimmten Kriterien die Profile durchsuchen können. Dazu gehört Berufserfahrung. Wie lange ist jemand schon in dem aktuellen Job? Natürlich geht es auch um die Branche, um den Ausbildungsgrad. Wenn sie das alles zusammen clustern und natürlich auch die Möglichkeit erörtern, ob derjenige für Karrierechancen offen ist, dann bekommen sie ein schön komprimiertes Bild am Ende, wo Sie vielleicht nur noch fünf oder sechs Kandidaten haben, die durch diese Suchfilter durchgekommen sind, sodass sie sich nicht 200 Profile anschauen müssen, um möglicherweise damit viel Zeit zu verbringen."

    Die Überlegungen gehen sogar noch weiter: Der Automobilzulieferer ZF in Friedrichshafen sucht zwar noch nicht aktiv in solchen sozialen Netzwerken. E-Recruiting dort müsse in eine entsprechende Gesamtstrategie des Konzerns zum Umgang mit dem Thema Web 2.0. eingebettet werden. Die werde aber bald verabschiedet. Und dann schaut ZF-Personalplaner Michael Ruf auch in soziale Netzwerke hinein. Ihm schwebt ein Botschaftermodell vor, das im Bewerbungsverfahren den Vertrauensbonus derjenigen Mitarbeiter nutzt, die bereits in solchen Netzwerken aktiv sind:

    "Soziale Netzwerke funktionieren ja so, dass Mitglieder miteinander vernetzt sind. Es gibt dann Freunde oder Follower, wie man sie immer nennen mag. Das ist von Plattform zu Plattform verschieden. Und wenn ein Mitglied beispielsweise eine interessante Jobanzeige oder eine interessante Stellenanzeige bei sich hostet und zur Verfügung stellt, dann sieht das der ganze Freundeskreis. Dann wird der Arbeitgeber oder die Stelle von einem Mitarbeiter im Freundeskreis empfohlen oder vorgestellt. Und das hat natürlich einen ganz anderen Signalcharakter, als wenn ein Unternehmen rausginge und sagt: Wir haben die und jene Stelle. Das heißt: Mitarbeiter als Botschafter – das wird die Richtung sein, in die sich soziale Medien bewegen werden."