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Generation Y ante portas

Als "Generation Y" werden junge Leute bezeichnet, die ab den 1985er-Jahren das Licht der Welt erblickt haben. Sie drängen jetzt mit völlig anderen Wertevorstellungen auf den Arbeitsmarkt, als noch ihre "Baby-Boomer"-Eltern. Auf der Suche nach den besten Köpfen müssen Arbeitgeber manchen alten Zopf abschneiden, bilanziert die Arbeitswissenschaftlerin Jutta Rump in ihrem neuen Buch über die "Generation Y".

Von Stephanie Ley |
    Die frischgebackene Abiturientin Leticia Weik aus der Nähe von Stuttgart weiß genau, was sie will: In wenigen Wochen beginnt die 18jährige mit einem freiwilligen kulturellen Jahr, danach plant sie, zu studieren. Langfristig träumt Leticia von einem Job als Auslandskorrespondentin. Denn die Abiturientin ist abenteuerlustig, hat schon früh fremde Kulturen kennen und lieben gelernt: als Austausch-Schülerin in England und Spanien, auf Urlaubsreisen mit Eltern und Bruder. Was Leticia in ihrem späteren Beruf absolut nicht will, ist graue Routine:

    "Also ich bin ein sehr abwechslungsliebender Mensch. Ich unternehme gerne Sachen und habe gerne verschiedene Menschen um mich herum. Und jeden Tag das Gleiche - ist mir auch in meiner Schulzeit sehr schwer gefallen. Hab´ mich oft ziemlich gelangweilt und eigentlich will ich das später mal in meinem Berufsleben verhindern."

    Eine Einstellung, die die 18-Jährige mit vielen ihrer Generation teilt, sagt Jutta Rump, Professorin für Personalmanagement an der Hochschule in Ludwigshafen. Die Wissenschaftlerin hat sich eingehend mit den Vorstellungen und Lebensentwürfen jener jungen Menschen befasst, die jetzt zunehmend auf den Arbeitsmarkt drängen. Ihre Forschungsergebnisse zeigen, dass diese mit tradierten Mustern aufräumen:

    "Die Generation Y unterscheidet sich von ihrer Elterngeneration doch erheblich. Einerseits zeigen sie eine sehr hohe Leistungsbereitschaft, meistens sogar eine höhere Leistungsbereitschaft als die Generation davor. Aber: Es muss Perspektive bieten, es muss sinnvoll sein und es muss Freude machen. "

    Größten Wert legt die Generation Y deshalb auf eine gesunde "Work-Life-Balance" sowie ein gutes Betriebsklima im Job, erklärt Jutta Rump. Was Leticia nur bestätigen kann:

    "Also ich kann es mir zum Beispiel gar nicht vorstellen, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die sich den ganzen Tag nur angiften und total unfreundlich zueinander sind."

    Auch das Verhältnis zum Chef müsse da stimmen. Ihm oder ihr würde die 18-Jährige am liebsten "auf Augenhöhe" begegnen. Denn zähneknirschend Entscheidungen umzusetzen, die aus ihrer Warte völlig sinnlos sind, das sei "nicht ihr Ding". Leticias Wunsch nach Transparenz, nach Wertschätzung ihrer Person, ist symptomatisch für die Generation Y - das belegen die Studien von Jutta Rump. Grund dafür sei, dass viele der jungen Erwachsenen als Einzelkinder aufgewachsen sind oder aber mit nur einem Geschwisterteil. In zahlreichen Familien pflegten die Eltern zudem eine "offene Diskussionskultur":

    "Das bedeutet natürlich, dass diese Kinder eine unglaublich hohe Aufmerksamkeit bekommen haben, und diese Aufmerksamkeit, die erwarten sie auch von ihrem Chef. Ein Kollege von mir hat das mal ein bisschen bösartig beschrieben mit der 'Pampers – Generation'. Dahinter steht einfach die wissenschaftliche Erkenntnis, dass diese Generation von einer Führungskraft erwartet, dass man gewisse Dinge diskutiert, dass man beteiligt wird an Entscheidungsfindungsprozessen. Und dass das Informationsverhalten tatsächlich auch ein ehrliches, glaubwürdiges, verlässliches ist."

    Im Zweifelsfall zieht die junge Klientel deutlich schneller die Reißleine. Ein Vorgehen, das Andreas Rehan, Student der Geisteswissenschaften, im Hinblick auf seinen späteren Job völlig legitim findet:

    "Auf alle Fälle! Ich denke, da soll man sich auf jeden Fall die Freiheit nehmen, einem Arbeitgeber mit der eigenen Kündigung zu drohen. Bevor man sozusagen 'verheizt' wird von seinem Chef, sollte man da auf jeden Fall gucken, das sich da was ändert."

    Was aber kann die Generation Y besser? Wo liegen ihre besonderen Talente? Die Generation Y zeichnet sich durch ein hohes Maß an Mobilität aus, hat Jutta Rump herausgefunden. Sie kann sich enorm schnell in Dinge einarbeiten, weiß genau, wo was zu finden ist, und schreckt dabei vor "Komplexität" nicht zurück.

    ""Man muss das Reflektieren vor dem Hintergrund, dass die Generation in einer sogenannten Multi-Options-Gesellschaft groß geworden ist. Die Baby-Boomer-Generation, die hatte drei Fernsehprogramme. Die Generation Y hat 100 Fernsehprogramme und die unendlichen Weiten des Internets! Da eine Entscheidung zu treffen, führt letztendlich dazu, dass ich sehr, sehr häufig von einem zum Nächsten springe. Vielleicht findet sich ja was Besseres!"

    In den Personalabteilungen ist also Umdenken angesagt. Führungskräfte müssen auf die Vorstellungen der künftigen Arbeitnehmer-Generation reagieren, wollen sie ihr Personal langfristig an sich binden. Zumal die Generation Y genau weiß, dass ihnen die demografische Entwicklung den Rücken stärkt - sie als junge, gut ausgebildete Arbeitskräfte zu einer äußerst gefragten "Spezies" zählen.

    "Die sind sich ziemlich darüber im Klaren! Die wissen um ihre Marktmacht, das kann man schon so sagen."