Die Bundesregierung muss ihre Klimapolitik nachbessern, so urteilte kürzlich das Bundesverfassungsgericht. Eine Mahnung zur Generationen-Gerechtigkeit, die auch in Bezug auf die Corona-Pandemie immer wieder diskutiert wird. In der philosophischen Diskussion stehen sich bei der Generationen-Gerechtigkeit zwei Positionen gegenüber, wie die Berliner Philosophin Kirsten Meyer im Dlf erklärte.
Die einen sagten, es sei in Ordnung, wenn die kommenden Generationen genug hätten, sie also ihre Grundbedürfnisse befriedigen könnten. Den anderen dagegen reiche das nicht, "insbesondere dann nicht, wenn wir es ja sind, die auf ihre Lebensbedingungen negativ Einfluss nehmen". Nach Meinung der zweiten Gruppe dürften die jungen Menschen in Zukunft nicht schlechter gestellt sein, als sie es ohne unser Zutun wären.
Jüngere durch Klimapolitik viel stärker belastet
Beim Klimawandel stellt sich für die Philosophin vor allem die Frage der gerechten Lastenverteilung: Wer muss in den nächsten Jahren wieviel Treibhausgase reduzieren? Von den Schritten zur Senkung der Emissionen sei der Lebenstil betroffen, so Meyer. Wie stark müssen zum Beispiel Freiheiten eingeschränkt werden? Oder wie stark muss man sein Leben dafür ändern? Zurecht moniere das Bundesverfassungsgericht hier ein "Ungleichgewicht in der Einschränkung von Freiheiten". Wir verlangten von der Generation ab 2030 sehr viel an Änderungen im Lebensstil, während wir selbst nicht bereit seien, bis dahin viel zu ändern.
Die Frage der Generationen-Gerechtigkeit kann nach Ansicht von Kirsten Meyer allerdings nicht pauschal beantwortet werden. Wie die nötigen Einschränkungen zur Verringerung der CO2-Emissionen gerecht verteilt werden könnten, sei eine ganz andere Frage, als die nach Rentengerechtigkeit oder einer gerechten Corona-Politik.
Mehr Gerechtigkeit durch Senkung des Wahlalters
Damit die ältere Generation nicht alles für die Kinder und Jugendlichen entscheidet, spricht sich die Philosophin für eine Senkung des Wahlalters aus. "Die jüngere Generation muss bei der Entscheidung über die Belange, die sie betreffen, mitbestimmen können." Ab einer bestimmten Altersgrenze werde man zwar nicht umhinkommen, Kinderrechte von anderen vertreten zu lassen. "Da ist aber noch Spielraum: Im Moment sind wir bei 18, und da ist noch Luft nach unten."
In der Corona-Politik seien die Interessen der Kinder und Jugendlichen zu sehr aus dem Blick geraten. "Sie mussten ihre Lebensweise sehr substanziell ändern, obwohl sie weniger von den Risiken durch Covid-19 bedroht waren." Gerade im Breitensport draußen sieht Kirsten Meyer einen Bereich, in dem man den jungen Menschen ohne allzu großes Risiko wieder entgegenkommen kann.
Im Zusammenhang mit den Transformationsprozessen durch Corona sprach sich die Philosophin für eine Stärkung der direkten Demokratie aus. "Die Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen sollte da stark in den Fokus gerückt werden."