"Wir haben hier so eine Art Schleuse erst mal, wir kommen von außen rein ins Tierhaus, da müssen sich die Leute die Schuhe putzen und einen Fließkittel überziehen, damit wir unsere Tiere nicht infizieren."
Der Genetiker Boris Jerchow ist stellvertretender Leiter des Tierhauses am Max-Delbrück-Centrum in Berlin. Gerade hat er ein paar Besucher durch eine stählerne Eingangstür geführt, die sich nur mit einer Karte öffnen lässt. Dahinter befinden sich Linkerhand ein paar Haken, an denen weiße Kittel aus dünnem Zellstoff hängen, gleich rechts steht eine Schuhputzmaschine, so ähnlich wie im Hotel. Ständig treten weitere Mitarbeiter durch die Tür und stellen ihre Füße auf die Maschine.
"So, jetzt treten Sie da auf den Startknopf, draufdrücken, genau, putzen Sie die Schuhe ab. Jetzt kriegen Sie so einen Fließkittel von mir, den können Sie vorwärts oder rückwärts anziehen, wie Ihnen das lieber ist..."
Das Max-Delbrück-Centrum für molekulare Medizin wurde 1992 auf dem Campus in Berlin Buch gegründet. Erklärtes Ziel war und ist molekulare Forschung im Dienste der Diagnose und Therapie von Krankheiten. Umgeben von Kliniken, anderen Forschungsinstituten und Biotechnologie-Unternehmen zählt das Max-Delbrück Centrum zu den weltweit renommiertesten Zentren für biomedizinische Forschung. Vom Eingangsbereich des Tierhauses gelangt man über einen lichtdurchfluteten Innenhof in den ersten Stock, die Versuchstiere leben hinter weißen Stahltüren. Die Räume müssen absolut keimfrei bleiben, bevor man eintreten kann, geht es noch mal über eine Klebematte:
"da laufen wir noch mal drüber, da bleibt natürlich auch Staub mit potenziellen Bakterien, Wurmeier, was auch immer man von draußen reinschleppen könnte, die bleiben daran hängen. So und von hier aus können wir in die Tierräume gehen..."
Fast 150.000 Tiere werden jährlich nach Versuchsende getötet
Nur wenn keine unkontrollierten Keime die Ergebnisse beeinflussen, sind sie eins zu eins auf ein anderes Labor, beispielsweise eines Pharmaunternehmens in Frankfurt, New York oder Hongkong übertragbar. Rund 50.000 Tiere leben derzeit im Max-Delbrück-Centrum, ganz überwiegend handelt es sich um Mäuse. Aber auch 4.000 Ratten und etwa eintausend Fische sowie sechs Kaninchen finden sich darunter. Rund dreimal so viele, also insgesamt fast 150.000 Tiere, werden hier Jahr für Jahr "verbraucht", das heißt, dass sie am Ende eines Versuchsdurchlaufs getötet werden. Zunehmend kommen auch gentechnisch veränderte Tiere zum Einsatz, zurzeit machen sie etwa die Hälfte der genannten Summe aus. Tiere mit Genveränderungen seien beispielsweise für die medizinische Forschung besonders geeignet, erklärt Boris Jerchow:
"Das ging los Anfang der 90er, dass man angefangen hat, die ersten Gene einfach auszuschalten – wir nennen das reverse Genetik, man schaltet ein Gen aus und guckt, was passiert. Und über das, was passiert, schließt man darauf zurück, was die Funktion dieses Gens war."
In der Fachwelt bezeichnet man solcherlei behandelte Organismen als "knock-out" Tiere, technisch anspruchsvoller ist das Einfügen von Genen. Inzwischen ist aber auch das längst Standard, man spricht dann von „knock-in" Mäusen. Tierversuche werden ganz überwiegend mit Mäusen gemacht. Weil sie klein sind, brauchen sie weniger Platz als Ratten, Kaninchen oder Hunde, sie sind aber auch nicht zu klein, um beispielsweise Organe entnehmen oder Embryonen verpflanzen zu können. Außerdem vermehren sich Mäuse schnell und leben relativ kurz. Und, kaum zu glauben, aber wahr: Die Gene von Menschen, Mäusen und vielen anderen Säugetieren stimmen zu 95 Prozent überein. Nur deswegen sind Tierversuche so attraktiv: Was der Maus beispielsweise gegen Alzheimer hilft, wird dies höchstwahrscheinlich auch beim Menschen tun.
Um fremde Gene in einen Organismus zu bringen, arbeitet man überwiegend mit embryonalen Stammzellen, erklärt Boris Jerchow:
"Ich habe jetzt meine embryonale Stammzelle und die habe ich jetzt so verändert, dass das Stück DNA so aussieht, wie ich möchte. Jetzt hat die embryonale Stammzelle, deswegen ist es ja eine embryonale Stammzelle, das Potenzial, sich in alle Körperzellen zu verwandeln. Die können Haut werden, die können Muskeln, Gehirn und Knochen werden. Die können auch Keimbahnzellen werden, Spermien zum Beispiel, und ich kombiniere jetzt einen Mäuseembryo mit diesen embryonalen Stammzellen, das heißt, ich injiziere diese embryonalen Stammzellen in den Embryo, und diesen Embryo pflanze ich dann einer sogenannten Ammenmaus, Ammenmutter ein, die trägt den dann aus."
Tierversuche sind umstritten
Wenn Gene ausgeschaltet oder fremde Gene in einen Organismus eingebracht werden, geht es meistens darum, Tiere mit bestimmten Krankheitsbildern zu erzeugen. Alzheimer, Diabetes, Parkinson, Schlaganfall, Krebs, chronisch entzündliche Darmerkrankungen und viele andere. Die idealen Versuchstiere also, um Substanzen und schließlich Medikamente gegen diese Krankheiten zu testen.
"Innerhalb der letzten paar Jahre haben sich Techniken entwickelt, die es erlauben, dieses Verfahren ohne den Einsatz von embryonalen Stammzellen durchzuführen. Es ist am Ende deutlich schneller und vielleicht auch etwas präziser durchzuführen. Diese Nukleasen induzieren ganz gezielt im Genom einen sogenannten Doppelstrangbruch."
Genetiker können inzwischen DNA-Schnipsel synthetisch verändern: Dabei wird der Doppelstrang, in dem alle Gene spiralförmig aufgereiht sind, an einer bestimmten Stelle getrennt. Und eine veränderte Gensequenz wird dort eingebaut.
"Dieses Zusammenkleben ist aber damit verbunden, dass häufig Fehler passieren. Wenn ich den Schnitt genau da setze, wo ein funktional wichtiger Bereich in einem Gen ist, dann habe ich auch eine sogenannte knock out Maus."
Eine Maus also, die möglicherweise behindert oder nicht lebensfähig ist. Der Ehrgeiz des Forschers ist nun angestachelt, es so lange zu versuchen, bis es klappt die entsprechend behandelte Maus also die gewünschte Veränderung zeigt. Ist der Versuch erst mal gelungen, spricht man von einem "Tiermodell". Mit diesem Modell lassen sich dann Nachkommen erzeugen, die idealerweise die gleichen Eigenschaften tragen. Aber auch das ist keineswegs sicher, kritisiert Christiane Hohensee vom Bundesverband Menschen für Tierrechte:
"Das eine ist, dass man davon ausgeht, dass zur Herstellung eines genetisch veränderten Tieres, also Tiermodells oder Krankheitsmodells noch 80 Prozent Ausschusstiere oder nicht verwendete Tiere drum herum waren. Also wenn man eine Tierversuchsstatistik hatte, und sagt: Wir haben 900.000 Mäuse im Jahr 2012 eingesetzt, sind noch mal ungefähr 3,5 Millionen Tiere, die damit in irgendeiner Form zu tun haben. Ob es Elterntiere sind, ob Ammentiere, ob es Tiere sind, bei denen die Manipulation nicht geklappt hat, drumherum ist eine riesengroße Wolke an Tieren, die mitleiden müssen."
Und die anschließend getötet werden. Diese zusätzlichen Mäuse und Ratten sind in der derzeit aktuellsten Statistik von 2012 noch gar nicht mitgezählt. Denn bis Mitte letzten Jahres war die Zucht gentechnisch veränderter Tiere nicht genehmigungspflichtig. Trotzdem zeigte die Tierversuchsstatistik jährliche Steigerungsraten von bis zu sechs Prozent, der Verbrauch von Genmäusen, also nur den erfolgreich gentechnisch veränderten, ist sogar um 78 Prozent innerhalb von fünf Jahren gestiegen.
Zurück in einem Tierraum des Berliner Forschungsinstituts Max-Delbrück-Centrum. Die Mäuse leben hier in kleinen Gruppen von vier Tieren in durchsichtigen Kästen aus Plexiglas, der Boden ist etwas größer als ein DIN-A4-Blatt. Eine Tierpflegerin mit Mundschutz und Haube befüllt gerade leere Kästen mit frischen Sägespäne, zum Spielen und Nestbauen legt sie kleine Rollen aus Packpapier hinein, dann klickt sie den Deckel in die Halterung. Die Kästen landen dann in einem Regal aus Metallstreben, das den ganzen Raum durchzieht. Hunderte solcher Kästen hängen hier:
"Also wir sehen Versuchstiere, Mäuse, in Käfigregalen. Die haben alle Käfigkarten, da ist auch codiert, wem die gehören, und wenn die in einem Versuch sind, dann steht eine Versuchsnummer und dann kann man nachgucken, was das ist."
Die Haltung hier sei artgerecht, versichert Boris Jerchow. Natürlich besteht ein Unterschied zwischen den behördlichen Auflagen und dem, was Tierschützer, Biologen oder Veterinärmediziner als artgerecht bezeichnen würden. Allerdings bekommen die Mäuse hier deutlich mehr Platz und Möglichkeiten, sich zu beschäftigen, als es bei Tieren in den heutigen Mastanlagen der Fall ist. Für den Schutz von Versuchstieren ist das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft zuständig. Zu einem Interview über die steigenden Tierversuchszahlen war das Ministerium nicht bereit. In einer schriftlichen Antwort heißt es:
"Transgene Tiere stellen einen immer wichtigeren Bestandteil der biomedizinischen Forschung dar, weil durch den Einsatz transgener Tiere erweiterte Forschungsmöglichkeiten an bestimmten Krankheitsbildern bestehen. Mithilfe der Forschungsergebnisse können zum Beispiel bessere Diagnosemöglichkeiten und neue Therapien entwickelt werden. Die zunehmende Bedeutung gentechnisch veränderter Tiere für die Forschung kommt in den steigenden Versuchstierzahlen zum Ausdruck. Aber auch für transgene Tiere gilt selbstverständlich die Vorgabe, dass Tierversuche genehmigungspflichtig und unbedingt zu vermeiden sind, wenn validierte Alternativmethoden zur Verfügung stehen."
Der Umgang mit Versuchstieren wird über die EU-Tierversuchsrichtlinie von 2010 geregelt. Die Richtlinie sieht vor, dass Nager, Hunde oder auch Fische nur dann zu wissenschaftlichen Experimenten und Bildungszwecken eingesetzt werden dürfen, wenn es dazu keine Alternative gibt. Es ist außerdem geplant, dass auf lange Sicht gar keine Experimente mehr mit lebenden Tieren stattfinden sollen. Bis dahin muss jeder Versuch genehmigt werden. In Deutschland sind die Tierversuchskommissionen der einzelnen Bundesländer zuständig. Tierschützer kritisieren unter anderem, dass im deutschen Recht keine obere Schmerzleidensgrenze verbindlich festgelegt wurde, dass nicht zwangsläufig betäubt werden muss, auch wenn starke Schmerzen zu erwarten sind, und dass Versuche auch an Menschenaffen durchgeführt werden dürfen, erklärt Christiane Hohensee vom Bundesverband Menschen für Tierrechte:
"Natürlich wird in den Tierversuchsanträgen auch immer geprüft, ob es sich um leichte Schäden, um schwere oder mittelschwere handelt. Das ist ja Bestandteil dieser Prüfung der Schmerzleidensgrenze beispielsweise. Es gibt in der europäischen Tierversuchsrichtlinie im Anhang natürlich auch Hinweise darauf, woran man das erkennt. Allerdings, was da aufgeführt ist, ist nicht aktueller Stand der Wissenschaft. Im Grunde genommen forschen die Wissenschaftler noch daran, das genau erkennen zu können, denn die Maus oder die Ratte sagt ihnen nicht, wann es ihr schlecht geht. Sondern die sitzt in der Ecke, ist aufgeplustert, hat die Äuglein fast geschlossen und sagt nichts mehr. Und das von außen zu bewerten ist für sich schon ein Forschungsschwerpunkt."
Auch Daniel Beis, Doktorand am Max-Delbrück-Centrum, möchte gerne mehr darüber herausfinden, wie sich seine Versuchstiere fühlen. Er arbeitet mit Mäusen, deren Serotonin-Produktion im Gehirn genetisch ausgeschaltet wurde. In einer großen Kiste mit hohen Wänden testet er, wie sich das fehlende Serotonin auf das Angstverhalten der Tiere auswirkt. Mäuse und Ratten machen Geräusche, an denen sich ablesen lässt, wie es ihnen geht.
"Die Vokalisation können wir erst mal nicht hören, weil die sich im Ultraschall-Bereich befinden, aber wir können sie sichtbar machen, die Rufe wie bei Vögeln auch, oder bei Fledermäusen, oder wenn man Delfinrufe oder Walklänge aufnimmt, und diese Wellenbewegung, die wir hier sehen, kann man sich ein Stück weit auch anhören."
Was bedeutet das jetzt? Ist die Maus glücklich? Was das bedeutet, kann man nicht wirklich bestimmen, weil uns der Hauptzugangsweg fehlt, um zu wissen, was quasi im Inneren der Tiere abläuft. Das ist die menschliche Sprache. Aber was man immerhin bestimmen kann, ist, dass Tiere diese Art von Rufen austauschen, wenn sie sehr jung sind und direkt im Spielverhalten integriert sind.
Nach Auskunft des Leiters des Tierhauses, Boris Jerchow, werden im Max-Delbrück-Centrum bewusst keinerlei Versuche durchgeführt, die für die betroffenen Mäuse oder Fische besonders qualvoll sind. Unter Wissenschaftlern ist ein Bewusstseinswandel eingetreten, der sicher auch mit dem permanenten Druck zu tun hat, den Tierschützer seit Jahrzehnten auf Politik und Forschung ausüben. So gilt seit März letzten Jahres ein EU-weites Vermarktungsverbot für Kosmetikprodukte, die in Tierversuchen getestet wurden. Das Verbot zwingt die Kosmetikindustrie, tierversuchsfreie Prüfverfahren zu entwickeln. Dagegen ist ein für die betroffenen Mäuse besonders schmerzhaftes Verfahren immer noch erlaubt. In Deutschland testet die Kosmetikfirma Merz das Nervengift Botox weiterhin an Tieren, obwohl es längst Alternativen gibt, beklagt Christiane Hohensee vom Bundesverband "Menschen für Tierrechte":
"Was ja viele schon mal gesehen oder gelesen haben, ist die Botox-Testung an Mäusen. Wenn man den Mäusen die giftige Substanz in den Bauch injiziert, dann will man damit schauen, bei welcher Konzentration fünfzig Prozent der Tiere sterben. Und die sterben qualvoll, weil letzten Endes ihr Atemzentrum gelähmt wird. Aber bis dahin kann man sehen, wie sie sich in dem Plexiglasbehälter krümmen, also die schreien ja nicht."
Dass weniger Tiere bei Versuchen leiden müssen, ist ein erklärtes Ziel der Bundesregierung. Deutschland zählt daher auch zu den Vorreitern bei der Entwicklung alternativer Testmethoden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung investiert hier schon seit Langem: In den vergangenen 30 Jahren sind 140 Millionen Euro geflossen. Christiane Hohensee betreut bei den "Menschen für Tierrechte" die Internet-Plattform Invitrojobs, die alternative Versuchsmethoden bekannt machen und Wissenschaftler miteinander vernetzen soll.
"Man ist im Moment schon in der Lage, vier verschiedene Organe über einen Mikrochip über kleinste Blutgefäße miteinander zu kombinieren und da Substanzen zu testen. Und die Forscher gehen davon aus, dass 2018 die wichtigsten zehn Organe des Menschen, humane Zellkulturen auf einem Mikrochip miteinander kombiniert werden können. Da sollen dann kosmetische, aber auch andere pharmazeutische und auch Chemikalien getestet werden."
Der Sinn der Sache ist ein Hochdurchsatzverfahren, dass man Kosten spart. Wenn ich zum Beispiel eine Substanz testen will, dann kann ich gleich 5.000 Chips testen, mit der einen Substanz.
Tierversuche sind vergleichsweise teuer. Es gibt also auch eine wirtschaftliche Motivation, zunehmend auf alternative Verfahren zuzugreifen. Zurzeit sind die sogenannten Tiermodelle aber immer noch ein gutes Geschäft. Und während das Max-Delbrück-Centrum und andere Forschungsinstitute im Lichte der Öffentlichkeit stehen und schon deswegen redlich bemüht sind, ihre Tiere so gut wie möglich zu behandeln, agieren weniger beobachtet inzwischen viele private Firmen auf dem freien Markt. Mit transgenen Tieren, die Alzheimer oder Krebs haben, lässt sich natürlich auch gutes Geld verdienen, erklärt Christoph Then vom Verein Testbiotech:
"Genmanipulation on Demand wird regelrecht beworben. Tierleid und die Manipulation des Erbgutes sind zum Geschäft geworden. Angeheizt werden die kommerziellen Interessen durch die Vergabe von Patenten. So werden Tiere zum Produkt, zur Schöpfung der Industrie erklärt und sollen vor allem der Gewinnmaximierung ihrer Hersteller dienen. Wir sehen hier einen grundlegenden Konflikt zwischen den Zielen des Tierschutzgesetzes, das darauf angelegt ist, Tierversuche möglichst auf die Anwendungen zu beschränken, die medizinisch wichtig sind, und den kommerziellen Interessen der Firmen, möglichst viele patentierte, gentechnisch veränderte Tiere zu verkaufen. Hier ist die nötige Balance längst verloren gegangen."
Würde und Integrität von Tieren bedroht
Viele dieser Firmen, die kundenspezifisch angepasste Tiere für Pharmakonzerne anbieten, vermarkten diese von den Vereinigten Staaten aus. Darunter die Firma Charles River, die zwei Dependancen in Deutschland unterhält. Ein Interview hat Charles River abgelehnt. Natürlich müssen auch private Firmen ihre Versuche, Mäuse gentechnisch zu verändern, inzwischen genehmigen lassen. Wie sehr sie darauf achten, Tierleid zu verhindern, bleibt dem Licht der Öffentlichkeit aber weitgehend verborgen - anders als in einem Forschungsinstitut. Weil sie die Würde und Integrität von Tieren bedroht sehen, wenn sich deren Gene immer schneller und mit tiefer greifenden Konsequenzen verändern lassen, haben sich verschiedene Tierschutz- und genkritische Organisationen im Sommer mit einem offenen Brief an den zuständigen Minister für Ernährung und Landwirtschaft, Christian Schmidt gewandt. Christoph Then vom Verein Testbiotech:
"Der Minister muss darlegen, wie er den Trend der stetig steigenden Tierversuche stoppen und umkehren will. Eine Möglichkeit sind wesentlich höhere Anforderungen an die Genehmigung von Versuchen. Auf jeden Fall müssen Maßnahmen gegen die zunehmende Kommerzialisierung von Tierversuchen ergriffen werden, wie zum Beispiel ein Verbot der Patentierung von Tieren. Und wir brauchen neue Regeln zum Schutz des Genoms von Menschen, Tieren und Pflanzen. Nicht alles, was technisch möglich ist, darf auch gemacht werden."
Das Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft will den Forderungen der Tierschützer nicht Folge leisten. Mit der Überführung der EU-Tierversuchsrichtlinie in deutsches Recht habe man den Tierschutz gerade erst verbessert. Eine weitere Gesetzesänderung, beispielsweise zur Regulierung privater Firmen, sei derzeit nicht vorgesehen. Ob es Mäuse sind, die Krebs oder Rheuma haben, ob Kühe oder Hühner, die schneller wachsen, ob Schweine, deren Organe man für die Transplantation in den Menschen formen will - den Plänen der Genetiker mit all ihren Konsequenzen sind also zunächst einmal kaum Grenzen gesetzt.