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Genmais
Viel Skepsis in Europa

1507 - diese Genmaissorte könnte künftig auf europäischen Feldern angepflanzt werden. Viele Länder lehnen gentechnisch verändertes Gemüse jedoch ab. Wie gestaltet sich der Gentechnik-Markt in Europa eigentlich und wo wächst schon verändertes Gemüse?

Von Brigitte Scholtes |
    Maiskolben auf einem Feld in Kremmen (Brandenburg).
    Für Genmais ist Europa ein schwieriges Pflaster (dpa / picture alliance / Patrick Pleul)
    Auf 180 Millionen Hektar wird weltweit Mais angebaut. Davon sind etwa 30 Prozent gentechnisch veränderte Sorten. Aber diese wachsen vor allem in den USA, wo 88 Prozent der Ernte aus gentechnisch verändertem Mais stammt und in Brasilien - dort sind es 70 Prozent. Dahinter folgen Argentinien, Kanada und Indien. In Europa pflanzen bisher nur Bauern in Spanien, Portugal, Tschechien, Rumänien und der Slowakei insektenresistenten Mais an.
    Spanien ist das größte Anbaugebiet mit gut 130.000 Hektar, das entspricht einem Anteil von 30 Prozent am spanischen Mais-Anbau. Den wirtschaftlichen Vorteil dort beziffert Ricardo Gent, Geschäftsführer der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie:
    "Ein Zusatznutzen in Höhe von elf Millionen Euro sind mit den 130.000 Hektar erwirtschaftet worden, das sind in etwa 95 bis 99 Euro pro Hektar zusätzlicher Gewinn, den die Landwirte eingefahren haben - plus weniger Fahrten, die sie machen müssen, geringere Arbeit, bessere Qualität – insofern ein recht großer wirtschaftlicher Nutzen, der mit dem Mais in Verbindung steht."
    Die Entscheidung aus Brüssel begrüßt die Industrie natürlich, die Zulassung der Genmaissorte 1507 basiere auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Ob die sich allerdings im Markt durchsetze, bezweifelt Gent und verweist auf die deutschen Unternehmen:
    "Die deutschen Unternehmen in der Pflanzenbiotechnologie im weltweiten Vergleich sind sehr wettbewerbsfähig. Aber da Europa ja in der Pflanzenbiotechnologie ein sehr schwieriges Pflaster geworden ist, gehen die Unternehmen natürlich dahin, wo sie ihre Forschung und Entwicklung bis hin zur Marktreife betreiben können, und das gilt auch für die starken kleinen und mittelständischen Unternehmen, die aus Europa rausgehen und ihre Pflanzenbiotechnologie im Ausland betreiben."
    BASF beschränkt sich bei der Pflanzenbiotechnologie auf Amerika
    So auch der weltgrößte Chemiekonzern BASF: Der gab vor zwei Jahren bekannt, dass er seine Aktivitäten in der Pflanzenbiotechnologie auf Nord- und Südamerika konzentriere. BASF-Chef Kurt Bock hatte das damals so begründet:
    "Es ist aber aus unserer, also unternehmerischer Sicht nicht sinnvoll, in Deutschland und Europa in Produkte und Technologien zu investieren, denen in weiten Teilen Europas die entsprechende Akzeptanz bei der Mehrheit der Verbraucher, Landwirte und Politiker fehlt."
    Und deshalb wird bis heute in Deutschland gentechnisch veränderter Mais nicht angebaut. Eingeführt und verarbeitet werden dürfen bisher aber 48 gentechnisch veränderte Pflanzen in der EU; davon sind mehr als die Hälfte Maispflanzen. Lebens- und Futtermittel müssen hier gekennzeichnet werden, wenn der Anteil gentechnisch veränderter Organismen in ihnen bei mehr als 0,9 Prozent liegt.
    Die Pflanzenbiotechnologie wird derzeit auch im Freihandelsabkommen zwischen den USA und der Europäischen Union verhandelt. Die Entscheidung aus Brüssel könnte diese voranbringen, hofft die deutsche Biotechbranche.
    Die Skepsis der Verbraucher dürfte aber vorerst weiter bestehen bleiben.