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"Gentechnologie ist da und sie geht nicht mehr weg"

Gentechnologie. - Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften hat sich vor vier Jahren das Ziel gesetzt, den tiefen Graben zwischen Befürwortern und Gegnern der Gentechnologie zu überbrücken. Die hochemotionale Debatte will man auf eine sachliche und unvoreingenommene Ebene ziehen. Eine Maßnahme dazu ist der erste deutsche Gentechnologiebericht, den die Forscher der Akademie am Mittwoch vorgestellt haben.

Von Monika Seynsche |
    " Die Gentechnologie ist unter uns. Sie ist da und sie geht nicht mehr weg und sie muss beobachtet werden. Davon handelt unser Bericht."

    Ferdinand Hucho ist Sprecher der Arbeitsgruppe Gentechnologie der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Beobachtet haben Hucho und seine Kollegen, wie es um die Gentechnologie in den vier Bereichen Genomforschung, Molekulargenetische Diagnostik, Grüne Gentechnik und Biotechnologieunternehmen bestellt ist. Ihre Bilanz: In Deutschland regiert die Angst.

    " Wir möchten, dass man dramatische neue Entwicklungen nicht vorab durch Verbote und Regularien blockiert, sondern dass man sie intensiv in ihrer Entwicklung begleitet, dass man sie beobachtet während es geschieht, während es getan wird."

    Der erste deutsche Gentechnologiebericht soll, wie die Autoren selbst sagen, eine "vertrauensbildende Maßnahme" sein. Ziel sei es, eine sachliche und ergebnisoffene Diskussion über die Chancen und Risiken der Gentechnologie in Gang zu setzen. Die Autoren beschreiben den Stand der Technik und zeigen, wo ihrer Ansicht nach Handlungsbedarf besteht. Den sieht Bernd Müller-Röber ganz besonders bei der Grünen Gentechnik:

    " Während weltweit die Anbauflächen anwachsen, konnten sich in Deutschland gentechnisch veränderte Pflanzen nicht durchsetzen. Ein Grund könnte sein, dass ein direkter Verbrauchernutzen bisher nicht erkennbar ist. Gesundheitliche und ökologische Risiken können als pauschales Argument gegen die Gentechnik nicht mehr dienen. Es gibt hinreichend rechtliche Regelungen, die erkennbaren Risiken Rechnung tragen."

    Deshalb müsse die gesellschaftliche Akzeptanz der Gentechnologie zu einem Forschungsschwerpunkt werden. Als Vorbild sehen die Forscher die in England gegründeten "Centre for Genomics in Society". Diese Zentren untersuchen die gesellschaftlichen Auswirkungen der Gentechnologie. Außerdem forderte Müller-Röber eine Änderung des deutschen Gentechnikgesetzes.

    " Das aktuelle deutsche Gentechnikgesetz betont unausgewogen vorrangig die Gefahren vor den Chancen der Gentechnik. Das ist eine neue Situation, die mit dem neuen Gentechnikgesetz aufgekommen ist."

    Zurzeit werde die Gentechnologie vom Wissenschaftsministerium gefördert und gleichzeitig vom Verbraucherschutzministerium blockiert. Durch diese Blockadehaltung würden Spitzenforscher ins Ausland vertrieben und ihr Wissen ginge für Deutschland verloren.

    Der Gentechnologiebericht besteht aus einer Druckversion und einer online abrufbaren Metadatenbank. Dort hat die Arbeitsgruppe Informationen über die Gentechnologie gesammelt, die aktuell im Internet verfügbar sind. Das Angebot reicht von fachwissenschaftlichen über ökonomische und ökologische bis hin zu philosophischen Aspekten der Gentechnologie. Jeder Link wird von der Arbeitsgruppe kommentiert.

    Die Autoren des ersten deutschen Gentechnologieberichts geben eine eindeutige Handlungsempfehlung. Wolfgang van den Daele:

    " Forschung soll sein! Natürlich muss auch Kontrolle der Forschung sein und die Forschung muss ethischen Gesichtspunkten genügen aber überflüssige Restriktionen der Forschung aus politischen Gründen, das halten wir in der Tat für verfehlt. Deshalb sind wir immer an den Stellen ziemlich deutlich mit unseren Werturteilen wo wir sehen, dass schon die Forschung, schon der Wissenserwerb gekappt wird."

    Die Mitglieder der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften wollen den Gentechnikbericht in den kommenden Jahren fortschreiben. Anfang 2006 soll die erste Ergänzung veröffentlicht werden. Das Thema: Stammzellforschung.