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Gentherapie
Behandlung von ererbter Hautkrankheit auch nach sieben Jahren noch wirksam

Medizin. - Die Hautkrankheit Epidermolysis bullosa wird umgangssprachlich auch Schmetterlingskrankheit genannt – weil die Haut der Betroffenen so empfindlich ist wie ein Schmetterlingsflügel. Die Krankheit wird durch einen Gendefekt ausgelöst, und bislang blieb den Betroffenen nichts anderes übrig, als ihre Wunden zu versorgen und mit den Schmerzen zu leben. Jetzt melden italienische Forscher Erfolg mit einer Gentherapie.

Von Marieke Degen | 03.01.2014
    Claudio ist um die 40. Seit seiner Geburt leidet er an einer besonders schweren Form der Epidermolysis bullosa, der so genannten Schmetterlingskrankheit. Sein ganzer Körper ist mit Bläschen und Wunden übersät, und am schlimmsten war es an den Oberschenkeln, erinnert sich der Stammzellforscher Michele De Luca.
    "An seinen Oberschenkeln sind einige Stellen überhaupt nicht mehr abgeheilt. Das war sehr heftig."
    Michele De Luca leitet das Zentrum für Regenerative Medizin an der Universität Modena und Reggio Emilia in Italien. Er und sein Team haben Claudio behandelt – mit einer Gentherapie. Sieben Jahre ist das jetzt her, und heute sind Claudios Oberschenkel kaum wieder zu erkennen.
    "Sie sehen völlig normal aus. Seine Oberschenkel sind mit ganz normaler Haut bedeckt."
    Die Oberschenkelhaut ist robust, Verletzungen heilen problemlos, es gibt kein Jucken und keine Bläschen mehr. Ein erster Erfolg, sagt Michele De Luca.
    "Wobei ich eines klarmachen will: Wir haben ihn nicht vollständig geheilt. Das war eine Phase-1-Studie damals, wir wollten prüfen, ob eine Gentherapie überhaupt machbar ist. Heute wissen wir, dass es funktioniert. Unser Therapie-Ansatz ist sicher und wirksam."
    Die Schmetterlingskrankheit wird durch einen Gendefekt ausgelöst. Die Haut ist dadurch sehr fragil und reißt immer wieder ein. Diesen Gendefekt haben Michele De Luca und sein Team behoben, zumindest an Claudios Oberschenkeln. Damals, vor sieben Jahren, haben sie seine kranke Haut einfach ausgetauscht – gegen eine gesunde Ersatzhaut, die sie im Labor gezüchtet haben.
    "Dafür haben wir ihm zuerst seine eigenen Hautstammzellen entnommen, aus seiner Handfläche, denn die war am wenigsten durch die Krankheit beeinträchtigt. Die Hautstammzellen hatten aber immer noch den Gendefekt im Erbgut – und den haben wir dann im Labor korrigiert. Wir haben eine gesunde Kopie von dem Gen ins Erbgut geschleust, das kranke Gen also praktisch ersetzt."
    Aus den genetisch gesunden Stammzellen haben sie im Labor ganze Hautstücke heranwachsen lassen.
    "Und diese genetisch gesunde Haut haben wir transplantiert – so, wie wir es schon oft bei Verbrennungsopfern gemacht haben: Wir haben die kranke Haut an den Oberschenkeln entfernt und die neuen Hautstücke eingesetzt, die sich dann zu einer ganz normalen Haut entwickelt haben."
    Und die normale Haut kann sich – dank der genetisch gesunden Stammzellen – auch immer wieder selbst erneuern. Es gab keine Nebenwirkungen, sagt Michele De Luca. Vor allem: keine Tumore. Dass sie ihren ersten Patienten ganze sieben Jahre nachbeobachtet haben, das hatte aber vor allem politische Gründe. Denn kurz nachdem sie Claudio damals behandelt hatten, trat eine neue EU-Verordnung in Kraft. Für den Einsatz von Gen- oder Stammzelltherapien gelten seitdem strengere Regeln. De Luca und sein Team mussten ihre Studien unterbrechen und erstmal ihre Labors anpassen und zertifizieren lassen.
    "Damit sind wir fertig. Jetzt können wir die Studie fortsetzen: Wir wollen versuchen, noch andere Körperregionen von Claudio zu heilen. Und wir möchten noch andere Patienten in die Studie mit einschließen."
    So vielversprechend die ersten Ergebnisse auch sein mögen: Noch stehen sie mit ihrer Therapie ganz am Anfang.
    "Es wird noch Jahre dauern, bis das im Klinikalltag eingesetzt werden kann. Wir werden noch jahrelang forschen und viele klinische Studien machen müssen."