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Geologische Hintergründe
Warum die Erde in Nepal so stark bebte

Das Erdbeben in Nepal kam nicht unerwartet. Die Hauptstadt Kathmandu liegt in einem ehemaligen See, dessen weiche Sedimente die Erschütterungen verstärkten. Gewaltige geologische Kräfte falten nach wie vor das Himalaya-Gebirge auf. In gewissen Abständen entladen sich Spannungen. Auch Mega-Städte wie Kalkutta sind bedroht.

Von Dagmar Röhrlich |
    Der Mount Everest von Nepal aus gesehen
    Der Mount Everest von Nepal aus gesehen (dpa / Narendra Shrestha)
    Die Ursache des katastrophalen Nepal-Erdbebens ist ein Frontal-Crash: Seit mehr als 40 Millionen Jahren rammt sich die indische Platte in die eurasische und faltet dabei das höchste Gebirge der Welt auf, den Himalaja. Zwar läuft diese Kollision mit rund 40 Millimetern pro Jahr nach menschlichen Maßstäben in Zeitlupe. Aber die Spannungen, die sich dabei aufbauen, sind gewaltig: Sie lösen immer wieder starke Erdbeben mit Magnituden von mehr als 7 aus. Dabei reicht die Kollisionszone vom Hindukush und Pamir im Westen bis zum Bramhaputra-Bogen im Osten. Diesmal hat es Nepal getroffen.
    "Am 25. April ist ein Magnitude 7,8 Erdbeben aufgetreten in geringer Tiefe zwischen zehn und 15 Kilometern", erklärt Torsten Dahm vom Geoforschungszentrum Potsdam. Dieser flache Erdbebenherd ist eine der Ursachen für die katastrophalen Zerstörungen: "Die Bruchfläche selbst hat wahrscheinlich eine Ausdehnung gehabt von 100 bis 150 Kilometer, und der Bruch hat sich in Richtung Osten ausgebreitet, also in Richtung auf Kathmandu. Der Versatz selbst kann bei einem Beben von 7,8 einige Meter betragen, genauer haben wir das noch nicht bestimmt."
    Unerwartet war die Katastrophe keineswegs
    Auch der Untergrund von Kathmandu hat die Zerstörungen verstärkt: Die Stadt und ihre Umgebung liegen in einem ehemaligen See, und dessen weiche Sedimente vervielfachen die Wirkung der Erdbebenwellen. Zwar lassen sich Beben nicht vorhersagen, unerwartet war die Katastrophe jedoch keineswegs: "Die historischen Kataloge zeigen, dass es da immer wieder Erdbeben mit Magnitude größer 7 entlang dieser Plattengrenze gibt. 1934 gab es ein Beben in der Nähe mit einer Magnitude von 8,1", so Thorsten Dahm.
    Bei dem Beben von 1934 starben 10.000 Menschen. Seit damals hat sich die Bevölkerung Nepals jedoch verfünffacht: Allein im Tal von Kathmandu leben inzwischen 1,5 Millionen Menschen - und die Bausubstanz war und ist schlecht. Die Vereinten Nationen haben Kathmandu deshalb 2002 auf Platz 1 der erdbebengefährdeten Städte dieser Welt gesetzt. Torsten Dahm: "Es gibt auch Hinweise darauf, dass es eventuell auch Beben, die knapp an die Magnitude 9 rankommen, in dieser Region schon gegeben hat."
    Das jüngste Beben dieser Stärke soll sich vor rund tausend Jahren ereignet haben. Und es kann nicht nur Nepal treffen, sondern auch die Megastädte entlang dieser größten Kollisionszone der Erde. Und gleichgültig, ob es in Kalkutta bebt oder in Islamabad: Ein solches Beben könnte dann Millionen Menschenleben fordern, fürchten die Experten.