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Geoökologie
Pflanzenkohle als Düngemittel

Pflanzenkohle gilt inzwischen als wesentliche Ressource im Kampf gegen Lebensmittelknappheit. Sie kann als Bodenverbesserer und als Trägerstoff für Düngemittel eingesetzt werden. Laut Düngemittelverordnung ist in Deutschland aber nur Holzkohle aus naturbelassenem Holz erlaubt, nicht aus anderer Biomasse - zu Unrecht?

Von Rebecca Hillauer |
    Reifende Ähren in einem Weizenfeld
    Reifende Ähren in einem Weizenfeld (imago / Harald Lange)
    "Unser Ziel ist es, dass es möglich ist, aus verschiedenen Abfallstoffen, dass man aus denen Biokohle machen kann. Dass man die nicht verbrennt oder vergräbt, sondern dass man sie in den Kreislauf zurückführt. Und dass man damit Böden nachhaltig verbessern kann - und teilweise auch sogar die Pflanzengesundheit."
    Pflanzenkohle, wie Ines Vogel von der Arbeitsgruppe Geoökologie der Freien Universität Berlin sie sich wünscht, kann aus verschiedensten organischen Reststoffen bestehen: Baum- und Strauchschnitt, Zellulosefasern oder Getreidespelzen. Aufgrund ihrer porösen Oberfläche ist die Kohle ein idealer Lebensraum für Bodenlebewesen, die Nährstoffe aufnehmen und zu fruchtbarem Humus vererden. Durch ihre Langlebigkeit sorgt die Kohle dafür, dass dieser Humus ein Dauerhumus ist. Die Europäische Kommission fördert aktuell zwei Projekte, die erforschen sollen, wie mithilfe von Pflanzenkohle der Einsatz von Mineraldünger in der Landwirtschaft verringert werden könnte. Auf der Positivliste der EU-Bioverordnung steht Pflanzenkohle allerdings noch nicht. Und in Deutschland ist erst vor Kurzem die Düngemittelverordnung verschärft worden. Seitdem ist nur noch Holzkohle mit einem Kohlenstoffgehalt von mindestens 80 Prozent erlaubt.
    "Wie diese Holzkohle, die man beispielsweise im Baumarkt kauft und zum Grillen nimmt, hergestellt wurde, und welche Schadstoffe, die enthält - darum kümmert sich halt keiner. Und das ist auch eine Gesetzeslücke."
    Europaweites Biokohle-Forschungsnetzwerk
    Pflanzenkohle entsteht durch sogenannte Pyrolyse. Dabei wird der Rohstoff unter Luftabschluss auf 500 bis 600 Grad Celsius erhitzt und in seine gasförmigen und festen Bestandteile getrennt. Wird dieser Prozess nicht sorgfältig gehandhabt, können sich polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe entwickeln, abgekürzt PAK. Die sind krebserregend. Bruno Glaser von der Universität Halle-Wittenberg fordert daher gesetzliche Grenzwerte. Der Chemiker gilt als Pionier in der Biokohle-Forschung. Gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern hat er ein europaweites Biokohle-Forschungsnetzwerk gegründet und das Europäische Pflanzenkohle Zertifikat, kurz EBC, entworfen.
    "Nach dem EBC gibt es, gab sehr strenge Grenzwerte, nämlich sechs und zwölf Milligramm pro Kilogramm. Das ist dann Premium- und Basis-Qualität. Die Holzkohlen, das sind Grill-Holzkohlen kommerzielle, die ich untersucht habe, die hatten PAK-Werte im Mittel von ein paar 100 Milligramm pro Kilogramm."
    Die Qualitätsstandards des Europäischen Pflanzenkohle Zertifikats sind für Hersteller bislang noch freiwillig. Nur eine gesetzliche Regelung könnte verhindern, dass schadstoffhaltige Holzkohlen auf den deutschen Markt gelangen. Die Technologie, schadstofffreie Biokohlen herzustellen, existiert bereits. Ines Vogel hat drei unterschiedliche Holzvergasungsverfahren daraufhin untersucht, inwieweit dabei die Vorgaben der Düngemittelverordnung und der Bioabfallverordnung eingehalten werden.
    "Ich habe das sogar verglichen mit der Bundesbodenschutzverordnung, die ja die strengsten Werte gibt anhand der Vorsorgewerte für Böden. Dass man also wirklich sagen kann, das ist wirklich völlig unbedenklich. Und auch diese Vorsorgewerte für den Boden würden durch die Biokohlen, die in diesen drei verschiedenen Anlagen produziert werden, eingehalten werden können."
    Fähigkeit Nährstoffe gut zu binden
    Die Pflanzenkohle, die daraus entsteht, kann durch ihre große Oberfläche gut Nährstoffe binden, Stickstoff zum Beispiel. Und auch Kohlenstoff. Dadurch bildet sich in der Atmosphäre weniger Kohlendioxid, also CO2, das schädliche Klimagas Nummer 1. Nach Ansicht von Bruno Glaser könnte mithilfe von Pflanzenkohle sogar aus Klärschlamm Phosphor gewonnen werden. Und dieser Bio-Phosphor könnte dann, die mit Uran und Kadmium belasteteten Importe aus Marokko ersetzen.
    "Ich habe das in Österreich gesehen: Sie müssen den Klärschlamm kompostieren mit Kohle, mit anderen Abfällen zusammen. Und hinterher, wenn das fertige Produkt da ist, das sieht aus wie Blumenerde. Sie riechen nichts mehr. Sie sehen dem Produkt nicht an, dass es aus Klärschlamm ist. Man muss das selber mal mit der Hand anfassen, man muss mal dran riechen, um es zu glauben. Sie brauchen keine Hightech-Anlagen, um den Phosphor aus dem Klärschlamm wieder raus zu kriegen. Das ist Low Tech. Und das sollte man fördern und nicht bremsen."