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Gepäckkontrolle
Das Ende der Warteschlange

Sicherheitskontrollen an Flughäfen nehmen oft viel Zeit in Anspruch. Damit könnte in naher Zukunft Schluss sein: Am Flughafen München wird derzeit ein neuartiges Sicherheitskonzept getestet, das die Kontrollen schneller und effizienter machen soll.

Von Susanne Lettenbauer |
Ein Mann und eine Frau laufen am Flughafen Hamburg zu ihrem Gate (Illustration, Symbolbild)
Entspannt durch die Gepäckkontrolle: In München soll das nun funktionieren. (dpa Themendienst / picture alliance / Christin Klose)
Leise rattern die zwei Laufbänder im Sicherheitsbereich des Terminal 2 am Flughafen München vor sich hin. An je vier separaten Theken pro Laufband können die Passagiere ihre Koffer, Taschen, Mäntel und Gürtel in große, weiße Wannen ablegen. Laptops, Kameras und andere Technik sowie Flüssigkeiten bleiben im Gepäck. Blaue Schilder weisen die Reisenden darauf hin, dass an den zwei Kontrollbändern ein neues System getestet wird:
"Ja, wir wundern uns gerade. Das sieht gut aus, läuft sehr zügig, schön."
Er sei einfach durchgegangen, seine Sachen wie Laptop, Powerbank oder Deo habe er in den Taschen gelassen, das funktionierte gut, freut sich dieser Vielflieger. Im Schnitt sind die Passagiere innerhalb von 90 Sekunden abgefertigt, wenn das System keine Unregelmäßigkeiten im Gepäck entdeckt.
Neuartiges System auf Basis von Computertomografie
Möglich macht das ein neuartiges Sicherheitssystem, das die Regierung Oberbayern als Betreiber der Sicherheitskontrollen seit einigen Monaten testet, erklärt Christian Aigner von der Luftsicherheitsstelle Flughafen München:
"Das Besondere an diesem System ist, dass diese Technologie derzeit in Deutschland einzigartig ist. Das ist wirklich neueste Technik der Röntgenkontrolle. Hier werden auf Basis von Computertomografie die Bilder erstellt zur Auswertung, die die Kollegen dann beurteilen und dementsprechend freigeben können oder zur Nachkontrolle weiterreichen."
Der Inhalt des gescannten Gepäcks erscheint in 3D-Format auf den Kontrollbildschirmen. Ob Brillenetui, Sprühdose, Buch oder Kopfhörer: Alle abgebildeten Gegenstände sind per Touch-Funktion drehbar und somit von allen Seiten sichtbar, was die Arbeit enorm beschleunigt - und erleichtert, sagt Stefan Graf, einer der Kontrolleure. Wo früher Gegenstände umständlich noch einmal gescannt werden mussten, kann dies jetzt am Bildschirm geschehen:
"Für uns ist das viel leichter, weil man die Bilder drehen und handhaben kann wie es vorher eben nicht ging. Da hat man es miteinander bearbeiten müssen und jetzt macht man es allein, ist schon eine wesentliche Erleichterung."
Lebensmittel und Sprengstoff schwer unterscheidbar
Gepäckstücke mit Gegenständen, die nicht identifiziert werden können, lenkt das System automatisch auf ein separates Laufband um, wo herkömmlich manuell kontrolliert wird. Entdeckt der Computer Behälter mit unklarem flüssigen Inhalt gibt das System automatisch eine Warnung zum Sprengstofftest aus, wie diese Reisenden erfahren mussten:
"Am Anfang ist es gut, weil man nichts mehr auspacken muss. Ich hatte vier PCs dabei, das ging alles ganz schnell, aber wehe man ist Gourmet und hat eingekauft. Sprengstoffalarm und die Polizei rückt an, das ist dann doch etwas over the top."
Die hochempfindlichen Computertomografen - im Test sind zwei unterschiedliche Hersteller - könnten die Dichte und Beschaffenheit von Flüssigkeiten erkennen, erklärt Sicherheitsexperte Aigner. Sie reagieren aber auch auf organische Substanzen:
"Man muss sich darüber im Klaren sein, sehr viele Sprengstoffe basieren auf organischen Stoffen und alle Lebensmittel basieren ja auch auf organischen Stoffen. Das ist für diese Geräte schon ein Schwierigkeitsgrad, hier den korrekten Weg auseinanderzuhalten und deshalb kommt es auch manchmal zu dieser Entscheidung, dass manche Lebensmittel als Sprengstoff erkannt werden."
Vorbild für andere Flughäfen?
Bis zu einem deutschlandweiten Einsatz werde das System weiter optimiert, sagt Aigner. Am Flughafen München warte man nur auf die Freigabe durch das Bundesinnenministerium. Auch der Flughafen Frankfurt, der zwischenzeitlich ein anderes System testete, sei an dem Münchner Modell sehr interessiert. Eine Zertifizierung durch die ECAC, die Europäische Zivilluftfahrt-Konferenz, liege vor, jetzt muss nur noch Berlin entscheiden, ob die Turbo-Sicherheitskontrollen auch in Hamburg, Köln, Berlin, Leipzig oder Frankfurt verwendet werden dürfen.
Die Reisenden würde es freuen: "Beim Herflug mussten wir diese Beutel auspacken mit Zahnpasta und allem Drum und Dran und jetzt ist das nicht mehr. Die sagt, lasst alles drin, fertig, finde ich schon besser." - "Finde ich sehr gut, geht schnell und ist einfacher in der ganzen Abwicklung. Man muss nicht alles auspacken, die ganzen Getränke, Kulturtaschen. Gerade mit Kind ist das sehr vorteilhaft."