Katja Scherer: Nicht nur über den Verkehr auf der Straße, sondern auch über den Verkehr in der Luft wurde heute in Berlin geredet. Eine Arbeitsgruppe forderte dabei die Abschaffung der sogenannten Luftverkehrssteuer. Diese Steuer müssen Fluggesellschaften pro Fluggast bezahlen, wenn sie von einem deutschen Flughafen starten. Auf innereuropäischen Flügen fallen dabei rund 7,50 Euro an. Fällt die Steuer weg und geben die Fluggesellschaften das dann an die Verbraucher weiter, könnte Fliegen günstiger werden.
Ich habe vor der Sendung mit Alexander Mahler vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft gesprochen und ihn gefragt: Die Branche kritisiert diese Steuer ja seit langem als wettbewerbsverzerrend, weil sie davon stärker betroffen ist als ausländische Fluggesellschaften. Widerfährt der deutschen Branche nun endlich Gerechtigkeit?
Alexander Mahler: Die deutsche Luftverkehrssteuer ist immer dann zu zahlen, wenn man an einem deutschen Flughafen fliegt. Und da ist es egal, ob man in ein Lufthansa-Flugzeug steigt, ob man in ein Turkish Airlines Flugzeug steigt oder in ein Ryanair-Flugzeug. Die Zahlen der Luftverkehrsbranche gingen ja in den letzten Tagen auch über den Ticker und es gibt ein Wachstum von 5,2 Prozent der Passagiere an deutschen Flughäfen. Also zu sagen, dass die Branche besonders schlechtgestellt würde, ist in meinen Augen eine sehr weite Auslegung. Die Luftfahrt wächst, obwohl wir die Air Berlin Pleite hatten. Dieser Branche scheint es nicht so schlecht zu gehen.
Scherer: Die deutschen Fluggesellschaften, die stehen aber trotzdem unter Druck. Die haben oft einen preislichen Nachteil gegenüber ausländischen Airlines, weil dort die Arbeitskosten günstiger sind. Da kann man doch schon argumentieren, dass man sagt, na ja, in der Regel ist es so, dass deutsche Fluggesellschaften viel öfter von deutschen Flughäfen starten, also auch da noch mal mehr Kosten haben als ausländische Gesellschaften. Das ist doch schon ein Nachteil und kann das nicht auch Arbeitsplätze dann gefährden?
Mahler: Wie gesagt, auch die deutschen Fluglinien wachsen. Dass da Arbeitsplätze in Gefahr stehen im Zusammenhang mit der Luftverkehrssteuer, das sehe ich nicht. Klar bedienen die deutschen Fluglinien den deutschen Markt stärker, aber würde die Luftverkehrssteuer wegfallen, wäre dieser Preisvorteil auch für alle anderen Fluglinien, die im deutschen Markt operieren, gegeben und für alle anderen wäre es dann auch günstiger, in Deutschland zu starten und zu landen.
"Der Luftverkehr hat immense externe Kosten"
Scherer: Fragen wir mal umgekehrt, und zwar: Warum brauchen wir denn diese Steuer überhaupt?
Mahler: Der Luftverkehr ist mit Abstand das umweltschädlichste Verkehrsmittel. Der Luftverkehr hat immense externe Kosten – seien es Umweltkosten in Form von CO2. Der Luftverkehr hat große gesundheitliche Kosten. Und wenn wir den Luftverkehr jetzt relativ zu anderen Verkehrsmitteln günstig machen, beispielsweise wenn man mit einem Flugzeug fliegt, zahlt man keine Energiesteuer, anders als wenn man mit dem Auto fährt, wenn man international fliegt, zahlt man keine Mehrwertsteuer, anders als wenn man mit der Bahn fährt, wenn wir also den umweltunverträglichsten Verkehrsträger begünstigen, dann führt das zu höheren gesamtgesellschaftlichen Kosten. Und dass die, die diese Kosten verursachen, ein Stück davon zu zahlen haben, das ist mit der Luftverkehrssteuer zumindest ein Schritt in die erste Richtung.
Scherer: Wir diskutieren ja schon seit Längerem, seit Monaten über Umweltschutz im Zusammenhang mit der Diesel-Affäre, über Stickoxide in den Städten. Wie kann es sein, dass ein Verkehrsmittel, was Sie gerade im Vergleich als sogar noch schmutziger beschrieben haben, dass das entlastet wird? Wie passt das für Sie zusammen?
Mahler: Wer den Luftverkehr weiter subventioniert, sagt gleichzeitig, dass er sich um Klimaschutz beziehungsweise CO2-Reduktion nicht kümmert. Der zeigt, dass er entgegen aller Klimaschutzziele, gegen alle Selbstverpflichtungen wirken wird.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.