Die Verunsicherung der deutschen Wirtschaft in den USA über Donald Trumps protektionistische Wende in der Handelspolitik ist mit Händen zu greifen. Sie ist auch im 12. Stock von 1130 Connecticut Avenue zu spüren.
"Grundsätzlich betrachten wir die angekündigten Zölle auf Stahl– und Aluminiumimporte mit großer Sorge", sagt Daniel Andrich, der als Leiter des Verbindungsbüros des Bundes der Deutschen Industrie und des Deutschen Industrie- und Handelskammertages seit Tagen besorgte Anfragen aus Deutschland, aber auch von deutschen Unternehmern in den USA entgegennimmt.
Dabei hat Donald Trump, der zunächst Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte angekündigt hatte und sich in seinen Drohgebärden immer stärker auf die europäische Autoindustrie konzentriert, noch gar nicht bekannt gegeben, wie die konkrete Umsetzung seiner Politik aussehen wird.
"Wir sind momentan ja noch bei der Ankündigung des Präsidenten und müssen jetzt hören, welche konkreten Taten folgen werden."
Folgen der Strafzölle noch nicht absehbar
Allein das sorgt für Verunsicherung: Das ganze Ausmaß des Krisenpotenzials lässt sich noch gar nicht einschätzen.
"Es gibt noch keine spezifizierten Rechnungen dazu, was das ganz konkret im Einzelfall für deutsche Firmen in den USA oder die deutsche Wirtschaft an sich bedeuten wird."
Sicher indes ist nur: Es wird deutsche Unternehmen und die deutsche Exportwirtschaft insgesamt treffen – besonders in der metallverarbeitenden Industrie, aber auch in der Automobilproduktion.
"Auf die Automobilindustrie in den USA entfallen etwa ein Viertel der Stahlverarbeitung, auf den Maschinenbau 10% - und in beiden Branchen ist die deutsche Wirtschaft sehr engagiert in den USA."
Mehrere Unbekannte in der Einschätzung der Folgen
Nicht nur Daniel Andrich verweist auf mehrere Unbekannte in der Ankündigungspolitik Donald Trumps, die eine solide Einschätzung aller Risiken und Nebenwirkungen noch schwierig machen. Da ist der ungewöhnliche Schritt, dass sich Donald Trump in seinen Drohgebärden auf den Schutz der nationalen Sicherheit beruft – was die Befürchtung schürt, dass der Präsident den Katalog seiner protektionistischen Strafmaßnahmen noch auf weitere Wirtschaftszweige ausdehnen könnte. Da ist Trumps kategorisches Nein zu jedweden Ausnahmen bei Ländern und Produkten. Und das ist die Gefahr einer weiteren Eskalation im Zeichen einer immer erregteren Debatte.
"Das hängt vor allem damit zusammen, dass befürchtet wird, dass diese Ankündigung nicht unerwidert bleibt aus Brüssel und die Erwiderung aus Brüssel auch nicht unerwidert bleibt aus Washington.
Es ist also die Frage, ob die Spirale des Protektionismus noch angefacht wird. Deswegen müssen wir immer wieder darauf hinweisen, dass es wirklich wichtig ist, dass wir hier zu einer Deeskalation kommen."
Das Mantra der deutschen Wirtschaft
Dem Mantra der deutschen Wirtschaft, wonach Protektionismus niemals Sieger hervorbringt, sondern auf allen Seiten nur Verlierer, folgen viele Fragen – auch die nach den Folgen für die amerikanische Volkswirtschaft: Nach Kostendruck und Inflationsschub, nach einem Verpuffungseffekt für die positiven Impulse der Steuerreform, nach negativen Folgewirkungen für die Konsumenten. Daniel Andrich sagt:
"All diese Fragen sind richtig zu stellen, die Antworten kann ich Ihnen nicht geben. Wir wissen bisher nur, dass der Präsident angekündigt hat, dass es 25 Prozent Zoll auf Stahl geben soll, zehn Prozent auf Aluminium. Wir gehen davon aus, dass das diese Produktgruppen in den USA verteuern wird und damit auch die Verarbeitung verteuert wird. Aber welche Endfolgen das haben wird sozusagen, können wir momentan noch nicht abschätzen."
Der Dialog muss weitergehen
Bleibt nur der Versuch, weiterhin Kontakt zu den politischen Entscheidungsträgern in den Ministerien und auf dem Capitol Hill zu halten.
"Wir sind in engem Kontakt mit den entscheidenden Personen in der Administration und im Kongress, um zu verdeutlichen, wie wichtig der Beitrag der deutschen Wirtschaft in den USA ist, und wir werden dazu auch gehört."