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Geplante Zuckerberg-Stiftung
"Erfolgreiche Image-Kampagne für Facebook"

Die angekündigte Milliardenstiftung von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg scheint eine "merkantile und geschäftstüchtige" Formulierung zu sein, sagte der Soziologe und Vermögensforscher Thomas Druyen im DLF. Dennoch sei nicht sicher, dass diese hehre Absicht auch wirklich realisiert werden wird, ergänzte er.

Thomas Druyen im Gespräch mit Burkhard Müller-Ullrich |
    Ein Mann postet per Smartphone auf Facebook.
    Facebook-Chef Mark Zuckerberg will 45 Milliarden Dollar seines Unternehmensvermögens in eine Stiftung geben (dpa / picture alliance / Luong Thai Linh)
    Burkhard Müller-Ullrich: Der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hat angekündigt, 99 Prozent seines Vermögens an eine wohltätige Stiftung zu spenden, und ausnahmslos jede Sendung und jede Zeitung hat dazu Stellung genommen. Dazu ein paar Hintergrundfakten: Zuckerberg ist 31 Jahre alt und seit gestern Vater. Seine Tochter heißt Max, was ja angesichts der vielen geschlechtlichen Orientierungen, unter denen man bei Facebook wählen kann, einen hübschen Unbestimmtheitsspielraum lässt. Sein Vermögen beträgt nach Angaben des US-Wirtschaftsmagazins "Forbes" rund 33,4 Milliarden US-Dollar. 99 Prozent davon sind rund 33,1 Milliarden. Das heißt, zum Leben bleiben der Familie Zuckerberg wahrscheinlich bloß noch 300 Millionen Dollar. - Am Telefon ist jetzt der Soziologe und Vermögensforscher Thomas Druyen. Herr Druyen, auf 33 Milliarden verzichten, da ist Trennungskompetenz gefragt. Und sagt man nicht, dass das Loslassen den Reichen ganz besonders schwerfällt?
    Thomas Druyen: Ja, das ist so. Aber das sind alles abstrakte Formulierungen, weil de facto, finde ich, befinden wir uns hier in der Märchenwelt. Das ist natürlich vor Weihnachten ganz wunderbar. Und ich nehme auch die Ansage von Herrn Zuckerberg ernst im Moment des größten Glücks wahrscheinlich seines Lebens - das erste Kind ist gerade geboren - und ich glaube auch, dass er das so machen möchte. Das heißt aber gar nichts. Wir leben in einer Ankündigungsgesellschaft. Das Geld wird ja über Jahrzehnte ausgezahlt, genau wie damals Bill Gates Giving Pledge, die reichsten Amerikaner geben etwas. Davon haben auch noch nicht viele gezahlt. Ich bin verwundert auch über unsere Gesellschaft, wie diese Ankündigung durch alle Gazetten rast, obwohl gar nichts passiert ist. Und ein paar Fragen sind ja erlaubt: Was passiert, wenn sich das Ehepaar Zuckerberg scheiden lässt? Was passiert, wenn es einen großen Kursverlust gibt? Was passiert, wenn es irgendwann ein neues Facebook gibt, eine andere Firma und die Aktie ist gar nicht mehr so viel wert?
    Es gibt so viele Möglichkeiten, dass diese hehre Absicht und diese Begleiterscheinung, diese wunderbare Begleiterscheinung zur Geburt des Kindes durchaus nicht realisiert werden kann. Aber ich will Herrn Zuckerberg keinen Vorwurf machen, sondern mich eher fragen: Was wäre gewesen, wenn zum Beispiel der Sultan von Brunei oder der Herrscher Saudi-Arabiens oder Putin eine ähnliche Ankündigung machen würden, 99 Prozent geben sie und verschenken sie? Dann würde die ganze Welt sagen: Lächerlich, stimmt ja gar nicht, kommt ja nie in Frage. Es scheint so, dass wir den Amerikanern, einigen wenigen Amerikanern - - Das meine ich jetzt gar nicht mit Unterton und nicht zynisch und nicht negativ, aber die Großzügigkeit der Amerikaner scheint, eine großartige und vertrauensvolle Maßnahme zu sein.
    Auf der anderen Seite - und da komme ich dann zum Schluss: Ankündigungsgesellschaft, das ist für mich ein Phänomen, was ich nicht begreife. Schon bei Apple, wenn ein neues Telefon angekündigt wird, steigen die Zahlen, es wird bestellt und so weiter. Die Ankündigung scheint, auch eine merkantile und geschäftstüchtige Formulierung zu sein. Und vor diesem Hintergrund mag auch diese Facebook- und Zuckerberg-Ansage natürlich jetzt schon eine sehr, sehr, fürs Unternehmen erfolgreiche Image-Kampagne sein.
    "Neid findet nur im gleichen Milieu statt"
    Müller-Ullrich: Sagen Sie, Herr Druyen, mit den Wermutstropfen - es sind ja nicht nur Tropfen, die Sie da ausgießen; es ist ja schon tüchtig Wermut - spielen Sie auch der Neidkultur in die Hände, die ja sofort losging, und interessanterweise, wenn es sich um Facebook handelt, gerade in den sozialen Medien. Da las man sofort: Erstens sind die ja immer noch reich genug, zweitens ist alles nur PR.
    Druyen: Ja das möchte ich jetzt nicht unterstreichen. Die subjektiven Äußerungen dazu, die möchte ich als Wissenschaftler auch in der jeweiligen Privatsphäre und in der jeweiligen geistigen Kompetenz belassen. Das ist nicht meine Aufgabe, das zu kommentieren. Neid ist hier deplatziert, weil wir wissen, dass Neid wissenschaftlich betrachtet immer nur im gleichen Milieu oder ins nächsthöhere Milieu reicht. Ein Mensch, der sehr wenig hat, liegt nicht nachts unter der Brücke und träumt von Bill Gates oder Herrn Zuckerberg. Das ist absurd. Und ob der dann noch genug hat mit 300 Millionen, das wage ich nicht zu beurteilen. Tatsache ist, dass da erst mal jemand bereit ist, wie Gates schon - jetzt wird Gates noch in den Schatten gestellt -, 99 Prozent seines Vermögens zu teilen. Das ist natürlich schon mal eine völlig andere Mentalität, die in Amerika aber ohne Zweifel weitverbreiteter ist.
    Müller-Ullrich: Eben! Seit Rockefeller und Carnegie ist das ja eine soziale Verpflichtung fast.
    Druyen: Absolut! Nicht in diesen Größenordnungen, aber es gehört zur amerikanischen Mentalität, zur amerikanischen Psychologie.
    Müller-Ullrich: Herr Druyen, eine ganz kurze Frage noch. Ich habe gelesen, ich glaube, bei Asfa-Wossen Asserate mal, dass man in diesen Kreisen von einer Unit spricht, wenn man von 100 Millionen Dollar spricht. Ist das so?
    Druyen: Das ist so, und jetzt können Sie sich vorstellen, um wie viele Units es hier geht.
    Müller-Ullrich: Ja. 350, glaube ich, habe ich ausgerechnet. - Vielen Dank! - Thomas Druyen war das, Soziologe und Vermögensforscher. Und er hat einen Lehrstuhl für vergleichende Vermögenskultur und Vermögenspsychologie an der Sigmund-Freud-Privatuniversität in Wien.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.