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Geplantes Ankerzentrum im Saarland
Verwunderung in Lebach

Die Ankündigung von Ministerpräsident Tobias Hans, dass das Saarland an einer Pilotphase für Ankerzentren für Asylsuchende mitmachen will, sorgt in Saarbrücken und rund um die Landesaufnahmestelle Lebach für Wirbel. Dort sind seit Jahrzehnten die Schranken für Asylsuchende oben, die Integration läuft vorbildlich.

Von Tonia Koch |
    Flüchtlinge in der Landesaufnahmestelle Lebach
    Die Aufnahmestelle für Flüchtlinge in Lebach liegt mitten in einem Wohngebiet, die Asylsuchenden werden von Anfang an integriert, Zäune und Kontrollen gibt es nicht (picture alliance / dpa / Foto: Oliver Dietze)
    Lebach liegt in der Mitte des Saarlandes, das Städtchen hat etwas mehr als 19.000 Einwohner und es beherbergt seit jeher geflüchtete Menschen, die ins Land kommen. Für den Lebacher Bürgermeister, Klauspeter Brill, Alltag.
    "Die Landesaufnahmestelle ist bereits seit Ende der 50er-Jahre hier etabliert, es sind sehr viele Menschen, die ursprünglich auch mal ihren Weg aus ihren Ursprungsländern heraus gesucht haben, hier in Lebach sesshaft geworden sind, und da ist natürlich ein ganz anderes Verständnis auch innerhalb der Bevölkerung wie das vielleicht in anderen Wohngegenden, in anderen Bundesländern der Fall ist."
    Hohe Akzeptanz trotz Flüchtlingswelle
    Selbst in der Hochphase der Flüchtlingswelle, als sich in der Einrichtung, die für 1.300 Menschen ausgelegt ist, bis zu 5.000 Geflüchtete drängten und auf jedem freien Fleckchen ein Container, ein Zelt aufgestellt werden musste, konnte sich der Bürgermeister auf die Akzeptanz der Menschen vor Ort verlassen.
    "Och, sie sind teils sehr freundlich, es sind viele, manchmal ganze Scharen, die einem begegnen, ich bin selbst schon zwei Mal geflüchtet als Kind, ich selbst weiß, wie es ist, wenn man auf der Flucht ist, ich kann mit den Leuten fühlen."
    Debatte um Ankerzentren
    Der Erfolg dieses Konzeptes hatte zwei wesentliche Ursachen. Die eine ist die Offenheit der Einrichtung. Es gibt weder Zäune noch Kontrollen, jeder darf hinein und hinaus. Sie liegt mitten in einem Wohngebiet und an der rechten Seite grenzen ein Kindergarten und zwei Schulzentren an die Einrichtung. Für den Lebacher Bürgermeister ist wichtig, dass sich daran auch künftig nichts ändert. Klauspeter Brill war daher überrascht, dass der Ministerpräsident des Saarlandes, Tobias Hans, Lebach zum Pilotprojet für ein sogenanntes Ankerzentrum machen möchte. Denn nach den bislang geäußerten Vorstellungen des Bundesinnenministers sollen die zukünftigen Asyl- und Abschiebezentren ganz anderen Sicherheitserfordernissen folgen, als das in Lebach praktiziert wird. Aber heute Vormittag gab der saarländische Innenminister, Klaus Bouillon, Entwarnung.
    "Bei mir gibt es kein Abschiebeknast, es gibt keine geschlossenen Anstalten. Der Erfolg unseres Systems in Lebach ist eine weltoffene Gesellschaft, eine Stadt, die tolerant ist, es gibt keine Zäune keine Bewachung, kein Nichts, daran wird sich nichts ändern."

    Warum das Saarland, obwohl es eine gut funktionierende Einrichtung hat, anders als etwa die Nachbarn in Rheinland-Pfalz, Lebach als mögliches Ankerzentrum beim Bundesinnenministerium angemeldet hat, erklärt der CDU-Innenminister so:
    "Es geht mit dieser Interessenbekundung darum, auch Unterstützung durch den Bund zu bekommen, aber nicht zu den Modalitäten, die einigen vorschweben."
    Bouillon geht es zum Beispiel um zusätzliche Richter, die die Gerichte entlasten könnten, denn anders als 2015 und 2016 kämen aktuell immer mehr Menschen ins Land, die kaum Bleibeperspektiven aufwiesen. Den Koalitionspartner SPD, der in die Entscheidung um das Ankerzentrum nicht eingebunden war, beruhigt das nicht. SPD-Generalsekretär Christian Petry:

    "Das ist eine Ausrede, er sollte mit seinen Partnern zunächst einmal einen Austausch machen, bevor er an die Presse geht und nicht einseitig, in der Bedeutung, die das Ganze hat, vorpreschen."
    Lebach ist schnell in der Bearbeitung von Asylanträgen
    Schnelligkeit ist das zweite Merkmal, das Lebach ausgezeichnet, das hatte sich sogar bei den Flüchtlingen herumgesprochen.
    "Die Leute kommen gern hierher, weil es hier so schnell geht mit den Verfahren."
    Der Innenminister hatte schon frühzeitig sämtliche am Asylverfahren beteiligten Kräfte, die Ausländerbehörde, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie die Bundesagentur für Arbeit am Standort Lebach konzentriert. Bis das Asylverfahren abgeschlossen ist, vergehen aktuell keine vier Wochen. Aber wer eine Bleibeperspektive hat, der muss bis zum Abschluss des Verfahrens nicht in Lebach ausharren, sondern verlässt Lebach so schnell wie möglich in Richtung einer Kommune, sagt Bouillon.
    "Es hat bei uns funktioniert, weil wir die Leute integriert haben."
    Dass der Bundesinnenminister auch in diesem Zusammenhang andere Vorstellungen hat, schreckt den saarländischen Parteifreund nicht.
    "Der Seehofer hat ja keinem Innenminister etwas zu sagen in einem Bundesland, der kann das generell regeln, aber jeder Innenminister ist autark, meine Auffassungen sind bekannt von Anfang an, und da lasse ich mir überhaupt nicht reinreden."