Stefan Koldehoff: Wohin mit dem fotografischen Kulturerbe der Bundesrepublik, mit Negativen und Abzügen? Was tun mit den Rechten von Fotografinnen und Fotografen? Wie deren Arbeit bewahren und dokumentieren, wenn diese Künstlerinnen und Künstler selbst einmal nicht mehr sind? Dieser Fragen will sich ein deutsches Foto-Zentrum oder -Institut annehmen, dessen Gründung im Prinzip beschlossene Sache ist: Das hat Kultur-Staatsministerin Monika Grütters vorangetrieben und eine kompetent besetzte Gruppe aus Expertinnen und Experten gebeten, bis zum kommenden Frühjahr ein inhaltliches Konzept samt Kostenrechnung und Standortvorschlägen zu erarbeiten. Vor zwei Wochen hieß es dann aber plötzlich: Geld ist da – 40 Millionen Euro vom Bundestag. Und auch der Standort stehe fest: Düsseldorf nämlich. Daraufhin fragte sich dann die Konzeptgruppe zurecht, wofür sie eigentlich noch an einem Papier arbeite. Und genau diese Frage habe ich an Monika Grütters weitergegeben...
Monika Grütters: In der Tat treibt mich der Gedanke, dass die Fotokunst endlich auch ihrem Rang entsprechend gewürdigt wird in der öffentlichen Wahrnehmung, in Museen und auch steuerlich übrigens, schon seit vielen Jahren um. Jetzt ist es ganz logisch, dass ich mich auch darum bemühe, das Bewusstsein für den Wert dieser speziellen Kunstsparte zu schärfen zu einem Zeitpunkt, wo wirklich berühmte Fotokünstler in ein Alter kommen, in dem sie daran denken, ihre Nachlässe zu verorten und zu regeln. Es gibt viele Fragen, die, weil diese Gattung noch nicht so alt ist, tatsächlich ein für alle Mal auch geklärt werden müssen mit den Künstlern selber.
"Was kostet es und wo ist der geeignete Ort?"
Um alle diese Dinge zu regeln im Kontext der Fotokunst, kommt natürlich immer auch die Frage: Soll man dafür nicht einen Ort schaffen, ein Museum, ein Haus, ein Institut, ein Gebäude? Zum Beispiel in Amerika gibt es das Cold Storage, wo dem Trägermaterial entsprechend auch Depoträume geschaffen werden, und die sind sehr aufwendig und teuer. Alles das muss jetzt mal geklärt werden, und zu diesem Zweck habe ich ein Expertenteam eingesetzt mit sehr hochrangigen Leuten dabei, unter Leitung des Professor Thomas Weski, aber auch Professor Thomas Gaehtgens, der das Getty Research Institute in Los Angeles geleitet hat, ist dabei, Ute Eskildsen, Karin Pietsch, Frauen, die sich mit diesem Genre schon lange beschäftigen. Sie sollen mir bis Frühjahr nächsten Jahres einen Vorschlag machen: Was ist zu tun und wie kann das aussehen, wo sollte es stehen, warum wollen wir dieses oder etwas anderes daraus machen? Und dann müssen wir fragen: Was kostet das, und wo ist der geeignete Ort?
Koldehoff: Und plötzlich hieß es aber, einiges ist schon entschieden. Es wird nach Düsseldorf kommen, und es werden 40 Millionen zur Verfügung stehen.
Grütters: Ja, ich habe mich über diese Initiative auch ein bisschen gewundert. Das kam aus der Stadt Düsseldorf und aus dem Haushaltsausschuss. Da gibt es natürlich auch viele Beziehungen zueinander. Das Gute daran ist erst mal, dass offensichtlich schon im Bundestag anerkannt ist, dass wir etwas tun müssen, und zwar nicht zu knapp. 40 Millionen, und das ist ja nur die eine Hälfte, das ist die Bundesseite, und das wird ja traditionell mindestens in gleicher Höhe kofinanziert durch andere Ebenen wie das Land oder eine Stadt. Dass das anerkannt ist, ist ja mal der gute erste Schritt. Das Zweite ist: Wo soll das sein und warum in Düsseldorf?
Gutachten der Experten abwarten
Da gibt es, wie wir wissen, auch Experten, auch ein Fotokünstler wie Herr Gursky beispielsweise, die sich schon länger mit dem Thema beschäftigen. Und selbstverständlich hat Düsseldorf auch eine gewisse Tradition in der Fotokunst durch einschlägige Schulen, von Becher und anderen, durch Sammlungsbestände in den einschlägigen Häusern dort. Aber das würde ein Ergebnis des Expertenteams vorwegnehmen. Und so viel Respekt muss sein, gerade in der Szene untereinander, dass auch die Düsseldorfer Seite ihre Erkenntnisse dem Expertenteam zur Verfügung stellt und abwartet, was dann aus deren Munde, in deren Gutachten für alle verbindlich steht.
Koldehoff: Das heißt, es ist noch nichts beschlossen, es gibt Anregungen von verschiedenen Seiten, und da schaut man jetzt, wie die im Frühjahr gebündelt werden können?
Grütters: Ja, für mich ist die Basis für alle weiteren Überlegungen zu einem Institut für Fotografie und die Grundlage eines Konzeptes und dessen Auswertung, wie ich sie von diesem Expertenteam erwarte. Und dann müssen wir ja auch eine politische Diskussion darüber führen. Düsseldorf ist mit Sicherheit in der engsten Wahl, wenn es dann überhaupt irgendwann später mal um die Standortfrage geht. Wir werden das mit Respekt natürlich dann auch in die engste Wahl nehmen. Die Bedingung, dass es überhaupt dort oder wo auch sonst passiert, ist aber, dass die Stadt, die Kommune oder das Land die Komplementärfinanzierung für eine solche Summe auch zur Verfügung stellen. Das gilt dann natürlich auch für jeden möglichen anderen Standort.
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