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Geplantes Museum der Moderne
"Das war ein zähes Ringen"

200 Millionen Euro will der Bund für ein Museum der Moderne in Berlin bereitstellen - davon hat Kulturstaatsministerin Monika Grütters den Haushaltsausschuss des Bundestages überzeugt. Die Verhandlungen waren nicht leicht, sagte sie im DLF. Nun jedoch sei der Weg frei für Ausstellungen "von Bröckel bis Beuys".

Monika Grütters im Gespräch mit Karin Fischer |
    Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters (CDU) spricht am 29.01.2014 in Berlin während der Sitzung des Bundestags.
    Monika Grütters (picture alliance / dpa / Maurizio Gambarini)
    Karin Fischer: Im vergangenen Jahr haben die neue Nationalgalerie und das Kulturforum am Potsdamer Platz in Berlin lange die Feuilleton-Debatten bereichert: "Was wird aus den alten Meistern und wie kann man der Kunst des 20. Jahrhunderts mehr Raum schaffen?" Seither wurde intensiv hinter den Kulissen gearbeitet und gestern hat man dann im Bundestag Fakten geschaffen. 200 Millionen sind zugesagt für einen Neubau für die moderne Kunst in Berlin. Hermann Parzinger, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, sagt dazu:
    "Ich denke, mit den 200 Millionen können wir wirklich eine Lösung angehen, gedanklich angehen, planerisch angehen, die eben einer Kulturmetropole wie Berlin und einer herausragenden Sammlung, wie sie die Nationalgalerie zur Kunst des 20. Jahrhunderts auch hat, angemessen ist."
    Fischer: Monika Grütters, die Kulturstaatsministerin, hat diesen Coup gelandet und musste dazu vor allem den Haushaltsausschuss des Bundestages überzeugen. Vor der Sendung habe ich sie gefragt, wie sie das gemacht hat.
    Monika Grütters: Na ja, das war ein zähes Ringen, denn in der Regel ist es tatsächlich so, dass die Moderne nicht so eine große selbstverständliche Lobby hat wie andere Jahrhunderte. Und es kommt hinzu, dass wir natürlich große Summen in die Sanierung vorhandener Gebäude, gerade der Museen stecken, und jetzt auch noch in einen Neubau. Aber es ist tatsächlich so, dass ein Großteil unserer spektakulären Sammlung der Nationalgalerie - nur 20 Prozent davon können gezeigt werden, der Rest liegt im Depot, weil die Fläche im Mies-van-der-Rohe-Bau ohnehin schon zu klein ist. Und hinzu kommt das großzügige Angebot dreier namhafter Sammler, die uns Kunstsammlungen im Wert von fast einer Milliarde Euro angeboten haben, allerdings natürlich an die Bedingung geknüpft, dass man es dann irgendwann auch zeigen kann.
    Sigmar Polke, Gerhard Richter, Andy Warhol
    Fischer: Und diese Pläne umzusetzen, bedeutet jetzt erstens, man kann mehr von dem zeigen, was man im Depot hat, und die bedeutendere Nachricht, diese privaten Sammler haben nun eine Zukunftsperspektive in Berlin.
    Grütters: Ja, genau das ist es, und deshalb war es auch ganz schwer, die Verhandlungen nach beiden Seiten so zu führen, dass am Ende dieses Ergebnis dabei herauskam. Ich musste den Sammlern sagen, bitte jetzt nicht nur ein Lippenbekenntnis, sondern verbindliche Verträge, verbindliche Überlassungsverträge. Ich bin unter anderem Erich Marx - er ist 93 Jahre alt - unendlich dankbar, dass er sich dazu jetzt durchgerungen hat, und das war die Voraussetzung, um dem Bundesfinanzministerium klar zu machen, wenn wir nicht jetzt Geld zur Verfügung stellen für eine Flächenerweiterung, einen Neubau, dann gehen diese Sammlungen an uns vorbei und wir werden weiterhin nur einen traurigen Teil unserer eigenen Geschichte zeigen können.
    Fischer: Sagen Sie kurz, um was für Sammlungen es sich noch handelt.
    Grütters: Ja, es geht von Bröckel bis Beuys. Nun muss man sagen, das emblematische deutsche Jahrhundert war das 20. Jahrhundert, und davon in dem bedeutendsten Museum, nämlich der Nationalgalerie nur so wenig zeigen zu können, ist das eine. Aber es geht um die Sammlung von Erich Marx. Gestern sind Warhols verkauft worden in Nordrhein-Westfalen, um Kasino-Neubauten zu errichten, und wir haben alleine 18 Warhols in den Sammlungen, um die es jetzt geht: 20. Jahrhundert, die ganz große Kunst dieser Zeit bis hin zu Sigmar Polke und Gerhard Richter, dann die große Surrealistensammlung von Heinz und Ulla Pietzsch und Egidio Marzona, der Arte Povera und Minimal Art Sammlungen uns zur Verfügung stellt und eine spektakuläre Kunstbibliothek. Das ist das Geschenk, das darauf wartete, angemessen entgegengenommen zu werden. Und ich denke, der Durchbruch war mein Vorschlag, es im Wege eines öffentlich-privaten Partnership-Programms zu errichten mit der ÖPP Deutschland, einer Ausgründung aus dem Bundesfinanzministerium, denn so können wir schneller, unkomplizierter und deshalb wohl auch kostengünstiger einen Bau errichten, als das andernfalls wäre.
    Fischer: Bislang war von einem Anbau möglicherweise an die neue Nationalgalerie die Rede. Sie favorisieren einen Neubau an der Potsdamer Straße. Da gibt es diesen Platz zwischen der Philharmonie und der neuen Nationalgalerie vor dem sogenannten Kulturforum. Wie und wo genau müssen wir uns das vorstellen, und vor allem wird das Museum der Moderne dann endlich diesen Missing Link bilden, der die Kulturorte dort zu einem Ensemble verbindet?
    Grütters: Ja, es gibt zwei Gründe, warum ich diesen Standort Potsdamer Straße jetzt erkämpft habe. Erstens können wir da ein wesentlich größeres Haus hinstellen. 14.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche mit vielleicht ein bisschen Luft nach oben sogar sind dort möglich und geplant, während an der Siegesmundstraße im Rücken der Nationalgalerie nur 9.000 Quadratmeter hätten entstehen können. Aber das Wichtigere ist die städtebauliche Frage, endlich diesen Platz, das Kulturforum zu dem zu machen, was Scharoun sich damals vorgestellt hat, dass es einen Platzcharakter erhält, indem man an der einen Seite jetzt auch eine räumliche Verbindung schafft. Das ist, glaube ich, ganz wichtig und auch der eigentliche Durchbruch in dieser Frage, denn die ist wirklich jahrzehntelang in Berlin ergebnislos hin- und hergewälzt worden.
    105 Millionen Euro jährlich für direkte Filmförderung
    Fischer: Monika Grütters, zum Schluss ganz kurz. Was gibt es noch zu vermelden zum Kulturetat? Den Beschluss fasste ja gestern der sogenannte Bereinigungsausschuss des Bundestages. Und wir lesen: Die Filmförderung jedenfalls wird sinken.
    Grütters: Die Filmförderung sinkt nicht, sondern ich habe sie von 30 Millionen auf 50 hochbekommen und vor allem den Deutschen Filmförderfonds. Nur über dieses eine Instrument insgesamt geben wir 105 Millionen jährlich bundesseitig nur für direkte Filmförderung aus. Die sinkt nicht, sondern ich habe diese Filmförderung auf diesem Niveau stabilisieren und jetzt künftig dauerhaft in meinem Haushalt verankern können. Bisher musste man jährlich darum streiten. Aber insgesamt hat es 118 Millionen Euro plus gegeben für den Kulturhaushalt, noch zusätzlich zu dem Museumsneubau. Damit sind vor allen Dingen die Bauhäuser in Dessau und Berlin genehmigt und können jetzt gebaut werden, pünktlich zum Bauhaus-Jubiläum 2019. Das Romantikmuseum in Frankfurt wird errichtet mit Bundeshilfe. Wir bekommen für das Jüdische Museum eine neue Dauerausstellung mit einer sehr großzügigen Unterstützung und vor allen Dingen eine Million allein im nächsten Jahr, damit ich die Intendanz des Humboldt-Forums voranbringen kann. Und es gibt auch noch mal eine Million Euro zum Filmerbe, zur Digitalisierung. Man sieht daran - es gibt ja auch in der auswärtigen Kulturpolitik beim Goethe-Institut und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst noch einmal etwas drauf -, dass der Bundestag insgesamt tatsächlich einen ganz hohen Stellenwert der Kultur im In- und Ausland beimisst. Da gehört viel Überzeugungsarbeit der Fachminister dazu, aber natürlich auch ein tolles Backing durch das Parlament.
    Fischer: Kulturstaatsministerin Monika Grütters über den Durchbruch beim Museum der Moderne in Berlin und die Erhöhung des Kulturetats um 118 Millionen Euro. Die Allianz Deutscher Produzenten Film und Fernsehen kommentierte die Entscheidung zum Filmförderfonds als unverständlich und sachlich falsch.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.