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Geprüft und doch nicht immer sicher

Der Skandal um die Brustimplantate der Firma Poly Implants Prothèses sorgt für Verunsicherung. Im Visier sind mittlerweile alle Medizinprodukte. Die Verantwortung für Medizinprodukte liegt beim Hersteller, ein Zulassungsverfahren wie bei Arzneimitteln gibt es nicht.

Von Mirko Smiljanic und Nina Giaramita |
    Eine Klinik für ästhetische Chirurgie, irgendwo in Deutschland. Seit einer Stunde operieren zwei Ärzte eine 33-jährige Frau.

    "Das ist hier eine Bruststraffungsoperation mit Implantaten, die gleichzeitig eingesetzt werden."

    Mit ruhiger Hand schneidet der Operateur entlang einer aufgezeichneten Linie, seine Assistentin entfernt mit Pinzette und Schere Teile der Haut.

    "Von der Größe her möchte sie es nicht zu klein haben, deswegen straffen wir nicht nur, sondern benutzen auch noch Implantate. Sie hat jetzt ein kleines C-Körbchen und wird dann ein großes C-Körbchen bekommen."

    25.000 Frauen unterziehen sich in Deutschland jährlich einer Brustkorrektur, weltweit liegt die Zahl bei 500.000 – Tendenz steigend. Wissen die Frauen, was ihnen implantiert wird? Wissen die Ärzte, was sie implantieren?

    "Unter meiner Zeit habe ich diese Implantate nicht verwendet."

    Dr. Dirk Richter, Chefarzt der Abteilung für plastische Chirurgie am Dreifaltigkeitskrankenhaus in Wesseling bei Köln und Mitglied des Vorstandes der Internationalen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie.

    "Frühere Kollegen haben diese Implantate verwendet, und die fallen natürlich aus allen Wolken, wenn sie hören, was da letztendlich los ist mit diesen Implantaten."

    Einer Schockwelle gleich breitete sich wenige Tage vor Weihnachten des letzten Jahres die Nachricht aus, dass die Brustimplantate der südfranzösischen Firma Poly Implants Prothèses – kurz PIP – mit billigem Industriesilikon gefüllt wurden – Dichtungssilikon aus dem Baumarkt, dessen Inhaltsstoffe Krebs auslösen können, wenn sie in das Brustgewebe gelangen. Allein in Frankreich tragen 30.000 Frauen PIP-Implantate, in Deutschland geht man von 10.000 aus, weltweit wahrscheinlich eine halbe Million. "Lasst euch die Implantate entfernen", rieten sogleich Ärzte – dieser Forderung wollte sich Dominique Maraninchi, Chef der französischen Aufsichtsbehörde für Medizinprodukte Afssaps, zunächst nicht vorbehaltlos anschließen.

    "Wir haben eine Warnung herausgegeben, weil wir einige wenige Krebsfälle hatten, die im Zusammenhang mit den Brustimplantaten stehen könnten. Es waren nur wenige Fälle, aber wir haben uns trotzdem genötigt gesehen, eine Warnung auszusprechen. Es gibt überhaupt keine Eile. Aber man sollte zum Radiologen gehen und sich untersuchen lassen, und wenn etwas ausgetreten ist, dann ist es absolut notwendig, die Prothese herauszunehmen."

    Schon wenige Tage später korrigierte Maraninchi seine Position: PIP-Implantate brächen weit häufiger als die Produkte anderer Firmen, außerdem schwitze mit der Zeit rund elf Prozent des Silikonöls durch die Kunststoffhaut in das Brustgewebe, maximal ein Prozent dürfen es aber nur sein – so seine neuen Erkenntnisse. Vorsichtshalber sollten sich jetzt 30.000 Französinnen die Implantate der mittlerweile insolventen Firma PIP entfernen lassen. Gleiches empfiehlt Walter Schwerdtfeger, Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, auch Frauen in Deutschland.

    "Wir würden jetzt insgesamt schon sagen nach der Fülle der Erkenntnisse, die wir haben, dass es grundsätzlich sinnvoll ist, das auch ohne allzu großen Zeitverzug entnehmen zu lassen."

    Der PIP-Skandal sorgt für eine Verunsicherung, die weit über den aktuellen Fall hinausreicht. Ins Visier sind mittlerweile alle Medizinprodukte geraten. Joachim Schulz, Europäisches Verbraucherzentrum, Kehl:

    "Medizinprodukte sind alle Gegenstände, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen für den Zweck der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten oder der Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen bestimmt sind. Man unterscheidet jetzt wiederum zwischen aktiven Medizinprodukten, das sind energetisch betriebene Geräte wie zum Beispiel ein Beatmungsgerät, und nicht aktive Medizinprodukte, wie zum Beispiel Brustimplantate. Weiter unterscheidet man im Rahmen einer Risikoklassifizierung, wobei man grob gesagt vier Risikoklassen unterscheidet: Diese Klassen sind die Klassen I, II a, II b und III und die richten sich nach dem Invasivitätsgrad, also nach dem Umfang der Körperbeeinträchtigung. Klasse I ist zum Beispiel eine Gehhilfe, Klasse II a ein Hörgerät, Klasse II b ein Beatmungsgerät, und Klasse III, also die höchste Risikoklasse, ist ein Brustimplantat."

    Wie mangelhaft die Kontrollen sind, wird deutlich, wenn man sie mit dem Zulassungsverfahren für Medikamente vergleicht.

    "Medikamente unterliegen einer staatlichen, behördlichen Zulassung, in der Regel ein zentrales Zulassungsverfahren in Europa","

    Prof. Jürgen Windeler, Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen Köln, kurz IQWiG.

    ""Und die Voraussetzungen sind neben technischen, das heißt bei Medikamenten natürlich chemischen Analysen, Auswertungen, vor allen Dingen Studien, große Studien, die mit Patienten gemacht werden, in Kliniken gemacht werden und in Praxen gemacht werden, wo untersucht wird und belegt werden muss, dass die Medikamente für den Patienten einen medizinischen Vorteil haben."

    Der Gesetzgeber hat für die Zulassung von Medikamenten ein vierstufiges Verfahren vorgesehen:

    "Wobei die ersten drei Stufen bis zur Zulassung und die vierte Stufe nach der Zulassung passiert, das heißt also, auch nach der Zulassung von Arzneimitteln wird das Arzneimittel im Markt weiter beobachtet, es werden auch weitere Studien durchgeführt, um einfach die Kenntnisse um das Arzneimittel noch weiter zu verbessern."

    Bei Medizinprodukten gelten andere Regeln, was auf den ersten Blick auch vernünftig zu sein scheint, decken sie doch ein breites Spektrum ab. Vom Holzspatel bis zum Herzschrittmacher, alles fällt unter den Begriff "Medizinprodukt". Dessen Zulassungsverfahren – sagt Jürgen Windeler vom IQWiG – sieht insofern ganz anders aus:

    "Als es erstens keine behördliche Zulassung gibt, eigentlich gar keine richtige Zulassung, wenn man den Begriff aus dem Arzneimittelrecht benutzen würde, und dass auch zweitens die Inhalte dieser Prüfung andere sind, bei Medizinprodukten ist es ganz prioritär eine technische Prüfung, die wird auch durch klinische Daten ergänzt, die aber weder die gleiche Qualität noch die gleiche Aussagekraft haben wie bei Arzneimitteln."

    Die Verantwortung für Medizinprodukte liegt allein beim Hersteller, ein amtliches Zulassungsverfahren wie bei Arzneimitteln gibt es nicht. Medizinprodukte benötigen aber eine CE-Kennzeichnung. Das Kürzel bedeutet "Communautés Européennes" und signalisiert, dass sie den rechtlichen Anforderungen der Europäischen Gemeinschaft entsprechen. Medizinprodukte der Gruppen II a, Kanülen und Katheter etwa, II b und III, wie Bestrahlungsgeräte und Stents müssen zusätzlich von einer "Benannten Stelle" unter die Lupe genommen werden. Der TÜV-Rheinland zählt dazu – er hat die PIP-Implantate getestet – sowie rund 70 andere Institutionen und Firmen in den 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Von welcher "benannten Stelle" ein Hersteller von Medizinprodukten seine Herzschrittmacher oder seine Implantate begutachten lässt, bleibt ihm überlassen. Das führt teilweise zur absurden Situation:

    "Dass teilweise in Litauen zahlenmäßig die meisten Zulassungsanträge gestellt wurden im Arzneimittelbereich","

    sagt Dr. Rudolf Ratzel, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltverein.

    ""Es könnte der böse Schein entstehen, dass sich ein Hersteller einen Zertifizierer in einem EU-Mitgliedstaat sucht, wo er sich verspricht, das CE-Kennzeichen leichter zu erhalten. Nur trifft das für diesen Fall nicht zu, weil der TÜV Rheinland europaweit anerkannt ist."

    Womit der Implantateproduzent PIP durchaus logisch gehandelt hat: Erstens ist mit dem Namen "TÜV-Rheinland" ein hohes Renommee verbunden, TÜV-geprüfte Medizinprodukte gelten als sehr sicher; zweitens bietet das System scheunentorgroße Lücken für kriminelles Handeln. Der Hersteller von Medizinprodukten legt dem Zertifizierer nur einmal ein hochwertiges Produkt vor, das zukünftig produziert werden soll. Was er nachher wirklich produziert, wird – wenn überhaupt – nur angemeldet überprüft.

    "Wenn sie Kontrollen, die ja durchgeführt worden sind durch den TÜV-Rheinland, regelmäßig ankündigen zehn Tage vorher, sodass mögliches Beweismaterial verschwinden kann und es mittlerweile zur gelebten Routine gehört, dass, wenn der TÜV kommt, dann zur Normalproduktion umzustellen, dann kann natürlich auch eine gute Gesetzgebung dies sicher nicht verhindern","

    sagt Dirk Richter von der Internationalen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie. Eine der ersten Lektionen, die die Politik aus den jüngsten Vorkommnissen zieht, ist, schärfer zu kontrollieren. Künftig solle es vermehrt unangemeldete Kontrollen geben. Das ließ das Bundesgesundheitsministerium kürzlich verlauten. Es bestehe jedoch kein Anlass, "grundsätzlich die Systemfrage zu stellen".

    ""Insgesamt muss man aber auch mal sagen, dass das System ja doch sehr gut läuft, es gibt immer wieder einzelne Fälle, wo man sehen muss, kann man noch mal Lehren draus ziehen, das ist schon richtig, aber dieses Grundmisstrauen ist aus der Erfahrung aber nicht berechtigt."

    Erhard Schmidt ist Leiter der Abteilung Arzneimittel, Medizinprodukte und Biotechnologie im Bundesgesundheitsministerium. Der Ministerialdirektor sieht wenig Anlass zur Sorge – zumal sein Haus auf dem Gebiet der Medizinprodukte erst kürzlich Neuerungen mit auf den Weg gebracht hat.

    "Wir haben gerade durch das Bundeskabinett verabschiedet am 20. Dezember allgemeine Verwaltungsvorschriften zum Medizinprodukterecht, was genau auf diesem Gebiet der Kontrolle eine qualitativ hochstehende und bundeseinheitliche Kontrolle ermöglichen soll, dort wird den Ländern zum Beispiel aufgegeben, eine Zentralstelle zu bilden, die also die Länderaktivitäten koordiniert."

    Der Erlass der neuen Verwaltungsvorschriften ist in den Augen von Carola Reimann, SPD-Politikerin und Vorsitzende des Ausschusses für Gesundheit im Bundestag, ein Schritt in die richtige Richtung. Nach Ansicht der SPD-Gesundheitsexpertin müssen jedoch weitere Schritte folgen.

    "Ich glaube, man sollte das zum Anlass nehmen und die CE-Zertifizierung in eine Zulassung überführen. Das ist im Übrigen auch eine Forderung, die auch von den Spitzenverbänden der Krankenkassen gemacht wird. Weil natürlich zunehmend die Erfahrung gemacht wird, dass diese sehr komplexen Medizinprodukte so nicht gut überprüfbar und auch nicht nachverfolgbar sind."

    Kritiker dieses Vorschlags monieren, dass der unüberschaubare Markt der Medizinprodukte ein aufwendiges Zulassungsverfahren wie bei Medikamenten nicht zulässt. Tatsächlich kommen jährlich viele Tausend neue Medizinprodukte auf den europäischen Markt. Dagegen ist die Zahl der neu zugelassenen Arzneimittel verschwindend gering. Allerdings fallen die meisten neuen Medizinprodukte in die Kategorie der Risikoklasse I – und die haben die Verfechter eines Zulassungsverfahrens wie Carola Reimann ohnehin nicht im Sinn.

    "Wir reden nicht über Gehhilfen und Mundspatel und solche Dinge, sondern wir reden über implantierte Produkte und natürlich Dinge, die komplexer sind, das ist die Klasse II und III."

    Rund zehn Prozent aller Medizinprodukte fallen in diese Kategorie, die nach den Forderungen von Kritikern staatlich zugelassen werden müssten. Erhard Schmidt vom Bundesgesundheitsministerium wiegelt jedoch ab.

    "Man kann im geltenden Medizinprodukterecht sicherlich durchaus Verschärfungen vornehmen, damit sind wir auch völlig mit einverstanden, aber jetzt schon zu fordern, eine staatliche Zulassung, ich würde sagen, auch eine staatliche Zulassung per se als solches bringt gar keinen Gewinn, sondern es kommt immer darauf an, wie stringent sind die Anforderungen an die Produkte."

    Fachleute bezweifeln aber, dass die Anforderungen an die Produkte tatsächlich hoch genug sind. Denn Grundlage für die Bewertung sind Daten der Hersteller.

    "Es ist ja in der Tat so, dass die CE-Zertifizierung ja dann stattfinden kann, wenn eigene Studien belegen, dass das Produkt bedenkenlos eingesetzt werden kann. Wenn ein Pharmaunternehmen eigene Studien initiiert und die selber bezahlt, dann sind die nach wissenschaftlicher Einschätzung nie ganz neutral."

    Der Chirurg Dirk Richter steht mit seiner Meinung nicht allein da. Auch Jürgen Windeler, Leiter des IQWiG, äußert Bedenken.

    "Es besteht eine Meldepflicht für Hersteller, was bestimmte Mängel, das heißt aber vor allem Mängel des Produktes selber, angeht, also wenn Hüftprothesen brechen oder Elektroden von Herzschrittmachern brechen oder jetzt bei den Implantaten, die Implantate platzen und kaputtgehen und mögliche Schäden verursachen, dann ist der Hersteller verpflichtet, dieses zu melden, aber ansonsten findet keine so systematische Sicherheitsprüfung und Sicherheitsüberwachung auf Dauer wie bei Arzneimitteln statt."

    Immerhin müssen seit März 2010 bei Hochrisiko-Medizinprodukten wie Implantaten und Herzschrittmachern klinische Prüfungen vorgenommen werden. So sieht es das novellierte Medizinproduktegesetz vor. Was sich auf den ersten Blick nach einer Verschärfung der Regularien anhört, entpuppt sich jedoch als äußerst fragwürdige Rechtskonstruktion. Das offenbart eine erst kürzlich veröffentlichte Stellungnahme des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung.

    "Die vierte Novelle des Medizinproduktegesetzes hat zwar die Bedingungen für die Genehmigung und die Durchführung einer klinischen Prüfung verschärft. Es besteht jedoch für den Hersteller keinerlei Verpflichtung, die Ergebnisse öffentlich zugänglich zu machen oder einer Behörde mitzuteilen. Außerdem ist die Auswertung sogenannter patientenrelevanter Endpunkte, zum Beispiel Einfluss auf das Überleben und die Verringerung der Krankheitsdauer, im Rahmen der klinischen Prüfung von Medizinprodukten eher die Ausnahme. Für eine Bewertung des Nutzens eines Medizinproduktes für die Patientenversorgung sind diese Daten also zumeist untauglich."

    Es ist ein vernichtendes Urteil, das die gesetzlichen Krankenversicherer ausstellen. Der Verband belässt es jedoch nicht nur bei der Kritik. Er fordert zum Schutz der Patienten den Aufbau eines zentralen Registers. Im Gegensatz zu anderen Ländern gibt es in Deutschland bisher kein verpflichtendes Register für Medizinprodukte, die in den Körper eingesetzt werden. Daher lassen sich die notwendigen Informationen im Fall der PIP-Brustimplantate auch nur mühsam zusammentragen. Die Zahl der eingesetzten Implantate kann man nur schätzen, ebenso die Zahl der Frauen, deren Implantate bereits gerissen sind. Peter Kolominsky-Rabas, Oberarzt am Universitätsklinikum Erlangen und Leiter des universitären Zentrums für Health Technology, sieht in dem Umstand, dass bisher kein Register eingeführt wurde, einen der größten Missstände innerhalb des Systems.

    "Wenn sie sich zum Beispiel ansehen, dass es bei Automobilen Rückholaktionen gibt, wo innerhalb von Stunden die Automobilhersteller ihre fehlerhaften Autos wieder rein holen können, das ist zum Beispiel in Deutschland nicht möglich – man weiß gar nicht, wie viele Tausende von Frauen diese Implantate dieser französischen Firma bekommen haben."

    Tatsächlich hat die Europäische Kommission bereits 2003 die Mitgliedsländer angemahnt, nationale Register zu schaffen. 2010 wurde darüber hinaus ein Erlass verabschiedet, der eine EU-weite Datenbank in die Wege leiten soll. Trotz dieser Bemühungen gibt es bisher in den wenigsten EU-Ländern ein Register – zum Ärger von Peter Kolominsky-Rabas.

    "Es gibt Staaten wie Skandinavien oder USA, wo es Register gibt, die alle Implantate, die dem Patienten implantiert werden, erfassen. Das haben wir in Deutschland bislang nicht gehandhabt, obwohl Deutschland Weltmeister ist im Implantieren von Kniegelenksprothesen und Hüftgelenksprothesen, haben wir kein solches Register. Somit können wir keine Vergleiche anstellen zwischen Gütekategorien verschiedener Implantate oder über die Dauerhaftigkeit, und solche Dinge sind in den skandinavischen Ländern schon seit vielen Jahrzehnten üblich."

    Die ersten Register in den skandinavischen Ländern entstanden infolge eines Medizinskandals: In den 70er-Jahren hatten skandinavische Orthopäden sogenannte Christiansen-Hüftprothesen einige Tausend Mal implantiert, bevor sie erkannten, dass durchschnittlich sechs Jahre nach der Implantation jede dritte Prothese gewechselt werden musste. Daraufhin gründeten Schweden und Finnland 1979 die weltweit ersten Endoprothesenregister. Das Resultat: In Schweden sank die Zahl der jährlichen Wechseloperationen auf die Hälfte. Angesichts solcher Zahlen hält es auch SPD-Gesundheitsexpertin Carola Reimann für dringend notwendig, Register für Medizinprodukte einzuführen.

    "Wir haben ein freiwilliges Endoprothetikregister, an dem sich aber nicht alle beteiligen, und ich glaube, es wäre im Sinne der Patienten eine echte Verbesserung, dass man diese Dinge in ein nationales Register aufnimmt und dann auch eine Möglichkeit hat, schadhafte Serien schnell und systematisch zurückzurufen."

    Während man in Deutschland weiterhin auf Freiwilligkeit bauen will, hat die EU strengere Regeln für die Kontrolle von Medizinprodukten angekündigt. Noch sind das bloß Ankündigungen. Und Skeptiker vermuten, dass in den einzelnen EU-Ländern der Widerstand gegen weitreichende Regularien bereits aufgebaut wird.

    "Da haben sie national ganz erhebliche Barrieren zu überwinden, das ist ein sehr großer Wirtschaftsfaktor, auch für viele Mittelständler, und die nehmen sicherlich Einfluss darauf, dass die Hürden für die Verkehrsfähigkeit ihrer Produkte aus deren Sicht nicht unzumutbar erhöht werden."

    Mittlerweile ist die Brustvergrößerung beendet – übrigens mit einem Markenprodukt bester Qualität, das es natürlich auch gibt. Ein paar Handgriffe noch, ein prüfender Blick auf die feinen Nähte, der Operateur ist zufrieden.