"Nach ihrer Ankunft wurden zirka 80 Prozent von ihnen gleich vergast. Nur 149 Männer und 47 Frauen gelangten ins Konzentrationslager. Von diesen Personen überlebten nur 16"
Nur wenige Mitglieder der jüdischen Gemeinde Rom, berichtet die römische Historikerin Carla Venezia, kamen nach Kriegsende wieder in ihrer Heimatstadt zurück. 16 von 1024 römischen Juden, die am 16. Oktober 1943 von SS-Soldaten verhaftet und deportiert wurden. Die Deutschen hatten nach Mussolinis Sturz Rom besetzt. Sie hatten es aber nicht nur auf das Leben der römischen Juden abgesehen, sondern auch auf deren Bücherschätze, weiß Claudio Procaccia, Direktor des jüdischen Kulturzentrums von Rom:
"Es war Teil des Nazi-Programms jener Jahre, sich ganz bestimmte und auch möglichst viele Kunst- und Kulturschätze anzueignen. In Rom hatten die deutschen Besatzer es unter anderem auf die jüdische Bibliothek unserer Gemeinschaft abgesehen. Dort war man auf einen möglichen Diebstahl nicht vorbereitet und hatte die meisten Bücher und Schriftrollen nicht in Sicherheit gebracht".
Alte und wertvolle Einrichtungsgegenstände römischen Synagogen und sakrale Objekte für kultische Handlungen wie auch Torahrollen konnten rechtzeitig verstecken werden. Auch bei katholischen Geistlichen, die nach Kriegsende diese Schätze den jüdischen Mitbürgern zurückgaben.
"Juden leben in Rom seit dem zweiten Jahrhundert vor Christus. Unter den Römern und dann im Mittelalter waren sie kulturell sehr aktiv. Es wird berichtet, in Quellen des 16. bis 18. Jahrhunderts, dass die jüdische Gemeinde in Rom sogar Originalschriften aus dem zweiten und dritten nachchristlichen Jahrhundert besaß"
Historiker Procaccia ist davon überzeugt, dass der Kern der römisch-jüdischen Bibliothek aus dem Mittelalter stammt und einer der reichsten Europas war. Sicher ist er sich allerdings nicht:
"Es wurde nie ein Gesamtkatalog aller Bibliotheksbestände erstellt. Nicht etwa weil man unordentlich war, sondern schon vor den SS-Bücherdieben wurde unsere Bibliothek immer wieder von den Zensoren der römischen Inquisition heimgesucht und die nahmen vieles mit. Man wollte also nichts Schriftliches produzieren, das Auskunft über die Bestände gab".
Das hielt die Mitarbeiter des sogenannten Einsatzstabs Reichsleiter Rosenberg aber nicht davon ab in aller Ruhe die Bücher- und Dokumentenschätze zu sichten, und mitzunehmen, das man für wichtig und kostbar hielt. Dieser Einsatzstab hatte unter anderem die Aufgabe, literarische Werke aufzustöbern, die Auskunft über das Judentum geben, und sie ins Deutsche Reich zu bringen. Nur wenige kostbare Handschriften aus Renaissance und Barock, die meisten versehen mit Miniaturmalereien, konnten, so Claudio Procaccia, rechtzeitig in der Kirche Santa Maria in Vallicella in Sicherheit gebracht werden:
"Doch die meisten der Schriften, vor allem aus dem Mittelalter, viele kamen von sefardischen Juden aus Spanien, wahrscheinlich mehr als 5000, wurden gestohlen. Ob sie jemals im Dritten Reich ankamen, ist ungewiss. Ziel ihrer Reise war jedenfalls München".
Nach Kriegsende versuchte die durch Deportation und Emigration stark dezimierte jüdische Bevölkerung Roms, die Rückgabe der Bücher durch die Bundesrepublik Deutschland zu erwirken. Doch niemand wusste, wo sie waren, und so gab man sich schließlich mit der Zahlung einer Entschädigungssumme zufrieden. Bis in die 70er Jahre hinein kümmerte man sich nicht mehr um den gestohlenen Bücherschatz: man hatte Existentielleres zu tun: Die Reorganisation der römisch-jüdischen Gemeinden band viel Energie.
Alte und wertvolle Einrichtungsgegenstände römischen Synagogen und sakrale Objekte für kultische Handlungen wie auch Torahrollen konnten rechtzeitig verstecken werden. Auch bei katholischen Geistlichen, die nach Kriegsende diese Schätze den jüdischen Mitbürgern zurückgaben.
"Juden leben in Rom seit dem zweiten Jahrhundert vor Christus. Unter den Römern und dann im Mittelalter waren sie kulturell sehr aktiv. Es wird berichtet, in Quellen des 16. bis 18. Jahrhunderts, dass die jüdische Gemeinde in Rom sogar Originalschriften aus dem zweiten und dritten nachchristlichen Jahrhundert besaß"
Historiker Procaccia ist davon überzeugt, dass der Kern der römisch-jüdischen Bibliothek aus dem Mittelalter stammt und einer der reichsten Europas war. Sicher ist er sich allerdings nicht:
"Es wurde nie ein Gesamtkatalog aller Bibliotheksbestände erstellt. Nicht etwa weil man unordentlich war, sondern schon vor den SS-Bücherdieben wurde unsere Bibliothek immer wieder von den Zensoren der römischen Inquisition heimgesucht und die nahmen vieles mit. Man wollte also nichts Schriftliches produzieren, das Auskunft über die Bestände gab".
Das hielt die Mitarbeiter des sogenannten Einsatzstabs Reichsleiter Rosenberg aber nicht davon ab in aller Ruhe die Bücher- und Dokumentenschätze zu sichten, und mitzunehmen, das man für wichtig und kostbar hielt. Dieser Einsatzstab hatte unter anderem die Aufgabe, literarische Werke aufzustöbern, die Auskunft über das Judentum geben, und sie ins Deutsche Reich zu bringen. Nur wenige kostbare Handschriften aus Renaissance und Barock, die meisten versehen mit Miniaturmalereien, konnten, so Claudio Procaccia, rechtzeitig in der Kirche Santa Maria in Vallicella in Sicherheit gebracht werden:
"Doch die meisten der Schriften, vor allem aus dem Mittelalter, viele kamen von sefardischen Juden aus Spanien, wahrscheinlich mehr als 5000, wurden gestohlen. Ob sie jemals im Dritten Reich ankamen, ist ungewiss. Ziel ihrer Reise war jedenfalls München".
Nach Kriegsende versuchte die durch Deportation und Emigration stark dezimierte jüdische Bevölkerung Roms, die Rückgabe der Bücher durch die Bundesrepublik Deutschland zu erwirken. Doch niemand wusste, wo sie waren, und so gab man sich schließlich mit der Zahlung einer Entschädigungssumme zufrieden. Bis in die 70er Jahre hinein kümmerte man sich nicht mehr um den gestohlenen Bücherschatz: man hatte Existentielleres zu tun: Die Reorganisation der römisch-jüdischen Gemeinden band viel Energie.
Erst seit den 80er Jahren versucht man, die geraubten Schriften wiederzufinden. Auch mithilfe des italienischen Kulturministeriums. Doch bisher erfolglos. Historiker Procaccia ist davon überzeugt, dass wahrscheinlich nur eine deutsch-italienische Historiker- und Bibliothekarskommission Licht in das Dunkel um die Bücher und Handschriften bringen kann. Doch dafür und für eine gründliche Recherche in deutschen Bibliotheken und Privatsammlungen von Handschriften fehlt der jüdischen Gemeinde das nötige Geld. Sponsoren dieser Recherche sind deshalb herzlich willkommen.