
In einem Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs in Straßburg heißt es, die Teilnahmepflicht schränke zwar die Religionsfreiheit ein. Das staatliche Interesse an einer sozialen Integration durch den gemeinsamen Unterricht rechtfertige es aber, die religiös begründete Bitte der muslimischen Eltern um Befreiung abzulehnen.
Im konkreten Fall ging es um die Klage zweier muslimischer Familien, die ursprünglich aus der Türkei stammen und inzwischen in Basel leben. Sie hatten ihre Töchter vom gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterricht in der Schule abgemeldet, obwohl die Schulordnung eine Befreiung erst ab der Pubertät oder wegen gesundheitlicher Gründe vor. Die Schule lehnte die Anträge ab. Daraufhin wandten sich die Familie an den Europäischen Menschengerichtshof.
Die Richter in Straßburg betonten in ihrem Urteil nun die Bedeutung des Sportunterrichts für die Entwicklung und Gesundheit der Kinder. Es gehe nicht nur darum, schwimmen zu lernen, sondern vor allem darum, gemeinsam mit allen Schülern an Aktivitäten teilzunehmen. Im Übrigen hätten die Behörden den Eltern angeboten, dass die Mädchen einen Ganzkörperbadeanzug tragen und sich getrennt von den Jungen umziehen könnten.
Positive Reaktionen
Der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir sprach auf Twitter von einem "guten Urteil":
Der Deutsche Philologenverband begrüßte die Straßburger Entscheidung als zusätzliche Richtschnur für Schulen in Deutschland. Das Urteil entspreche dem eigenen Verständnis von Schule, in dem der schulische Erziehungsauftrag Vorrang habe vor der Religionsfreiheit.
Die nationalen Gerichte in Europa werden das Urteil bei künftigen Streitfällen berücksichtigen müssen. In Deutschland ziehen immer wieder Eltern vor Gericht, die ihre Kinder vom Schwimmunterricht befreien lassen möchten. Von der Kultusministerkonferenz (KMK) hieß es, die Bundesländer hätten entsprechende Rechts-und Verwaltungsvorschriften erlassen, sie führten aber keine statistische Erfassung über derartige Fälle.
(bor/am)