Eva Bahner: Es ist ein ganz neues Instrument. Und der Verbraucherzentrale Bundesverband hat es gleich genutzt zusammen mit dem ADAC: Die Musterfeststellungsklage wurde per Fax geschickt zum Oberlandesgericht Braunschweig gegen Volkswagen. Wie reagiert der Volkswagenkonzern darauf?
Dietrich Mohaupt: Er reagiert wie sie immer reagieren, die Herren in Wolfsburg. Sehr gelassen – die haben bisher immer schon kommuniziert, dass man der Meinung sei, dass geschädigte Kunden keine allzu große Aussichten auf Erfolg für solche Klagen sehen dürfen. Auch das jetzt neue Instrument der Musterklage ändere daran nichts. Die Position des Konzerns bleibt so wie sie ist. Es gibt einfach keine Grundlage für solche Klagen von Kunden im Zusammenhang mit der Diesel-Skandal in Deutschland, das ist der Wortlaut einer Stellungnahme von VW. Die Fahrzeuge sind genehmigt, technisch sicher und fahrbereit. Basta, keine großen Erfolgsaussichten, sagt VW.
Wo kein Kläger, da kein echtes Urteil
Bahner: Es ist nicht die erste Klage, die gegen VW eingereicht wurde, es gibt unzählige Verfahren von Kunden, aber auch von VW-Händlern gegen den Konzern, wie gehen die in der Regel aus?
Mohaupt: Da muss man genauer hinschauen, das ist so ein Mischverhältnis. In der Zwischenzeit hat sich das sogar zugunsten von Kunden gedreht, es gehen immer häufiger solche Klagen zugunsten von Kunden aus vor Landgerichten. Die versacken dann aber, nennen wir es mal so vorsichtig, vor Oberlandesgerichten, also in der nächsten Instanz, die VW automatisch dann aufruft. In vielen Verfahren vor einem Oberlandesgericht kommt es gar nicht zu einem Urteil, die Parteien einigen sich außergerichtlich. Da wird Stillschweigen vereinbart, da weiß man nicht, worum es geht. Da passiert also nicht so sehr viel. Wir bekommen da fast jede Woche solche Mitteilungen des OLG Braunschweig zum Beispiel, dass wieder einmal Verfahren, die Termine dazu abgesetzt sind, nicht weitergehen. Und dahinter steckt dann jeweils eine außergerichtliche Einigung. Es gibt drei Oberlandesgerichtshinweisbeschlüsse, das sind keine richtigen Urteile, auch in diesen Fällen hat es außergerichtliche Vergleiche gegeben. Aber in diesen drei Fällen an diesen Oberlandesgerichten haben die Richter erklärt, dass sie eigentlich sehr starke Gründe sehen VW zu Schadenersatz zu verurteilen, aber auch denen sind die Kläger abhandengekommen. Und wo keine Kläger, da auch kein echtes Urteil. Genau darum geht es VW derzeit.
Ein Fall liegt beim BGH - wenn der Kunde nicht doch ein VW-Angebot annimt
Bahner: Das klingt nach Endstation Oberlandesgericht – es gibt also auf höherer Ebene keinen Fall wo es tatsächlich zu einer Verhandlung kommt?
Mohaupt: Also es gibt einen einzigen Fall, ich hab nochmal genau nachgeschaut, eines Kunden, der wirklich inzwischen beim Bundesgerichtshof gelandet ist. Der Kunde hatte zuvor Vergleichsangebote von VW abgelehnt – der Konzern hatte es daraufhin auf den weiteren Rechtsweg ankommen lassen, ist durch die Instanzen gegangen. Als klar war, dass das Ganze bis vor den Bundesgerichtshof gehen würde – da kam dann doch noch einmal, ganz überraschend, ein wohl diesmal sehr üppiges, Vergleichsangebot. Das war im Sommer dieses Jahres. Der Kläger denkt wohl derzeit noch nach, ob er das nun vielleicht doch annehmen soll – die Zahlen sind nicht ein bisschen unklar. Da kann man nichts Genaues sagen, was das Angebot ist, was da auf dem Tisch liegt, das muss aber sehr interessant sein. Volkswagen steht aber auch da immer noch davor und sagt, naja dann schauen wir mal, was der BHG dazu sagt, wenn das überhaupt stattfindet, dann wird es auch erst 2019 stattfinden. Wenn es nicht gut für VW ausgeht, dann könnte das auch richtig teuer werden, weil so ein BGH-Urteil hat natürlich eine große Beispielwirkung für viele viele andere Klagen.
*In einer früheren Fassung behaupteten wir, es gebe keine zweitinstanzlichen Urteile bei Verfahren, die Kunden gegen VW geführt haben. Die gibt es aber - allerdings bisher ausschließlich zugunsten von VW.