Wenn es um die Entschädigung der Hinterbliebenen des Germanwings-Absturzes geht, wird es womöglich deutliche Unterschiede geben - je nachdem woher die Opfer stammten oder wohin sie fliegen wollten. Kenneth Feinberg, der amerikanische Spitzenanwalt, der unter anderem den Fond für die Hinterbliebenen des 11. September verwaltet hat, weiß, was der Sinn der Entschädigungen sein soll:
"Etwas, was Unrecht ist, wird durch Dollar kompensiert, nicht durch Entschuldigungen oder irgendwelche privaten Vereinbarungen. Es geht um Geld, um das Unrecht zu mildern."
Für die Angehörigen amerikanischer Opfer gibt es in der Regel deutlich mehr Geld, als für europäische Passagiere. Mike Danko, der als Anwalt Angehörige des Concorde-Absturzes vertreten hat, beziffert, wie groß die Unterschiede ausfallen können:
Grund: das soziale System der Ursprungsländer
"Jemand, der zum Beispiel sein Kind verloren hat, einen Menschen, der noch kein Geld verdient hat, bekommt in Deutschland ungefähr 450.000 Euro. In den USA würde diese Familie zwischen 5,5 und 9 Millionen Euro bekommen."
In den USA werden neben dem finanziellen Ausfall auch das Leiden und der Schmerz der Familien eingepreist. Dass die Entschädigung bei Flugzeugabstürzen so unterschiedlich ausfällt, hat seinen Ursprung auch im sozialen System der jeweiligen Länder, erklärt Mike Danko:
"In anderen Ländern, wie Frankreich beispielsweise, gibt es ein starkes Sozialsystem. Da wird das verlorene Einkommen im Gegensatz zu den USA durch dieses System aufgefangen. Da gibt es weniger Notwendigkeit für so hohe Summen, die den Verlust finanziell abfedern wie in den USA."
Den Angehörigen zu erklären, warum es für ein Opfer mehr Geld gibt als für ein anderes, ist für Kenneth Feinberg fast unmöglich:
"Egal welche Erklärung Sie den Menschen geben für die Eigenarten des US-Rechts. Es wird die Wut oder die Frustration nicht erleichtern. Und wenn eine Familie weniger Geld bekommt als eine andere, dann spaltet man die Menschen und streut Wut und Frustration."
Anwälte rechnen mit außergerichtlicher Lösung
Dass der Germanwings-Absturz vor einem amerikanischen Gericht landet, erwarten beide Anwälte nicht. Im Zweifel rechnet Mike Danko eher mit einer außergerichtlichen Lösung für die Angehörigen der amerikanischen Passagiere. Für Kenneth Feinberg sind damit aber noch nicht alle Fragen für Lufthansa vom Tisch. Aus seiner Erfahrung meint er, daß es wert ist, über einen Entschädigungsfond nachzudenken:
"Es ist die Frage, ob man sagt: Hier ist ein Scheck, und das war's. Oder: wir wollen Euch hören, wir geben alles an eine unabhängige Stelle ab, die das Geld aus dem Fond gerecht verteilt und wir geben Euch eine Möglichkeit, gehört zu werden."
Kenneth Feinberg hat den Fond der Hinterbliebenen des 11. September verwaltet und er weiß: Es geht nicht nur um Geld. Es geht auch darum, daß die Angehörigen ihre Trauer, ihren Verlust ausdrücken können und das Gefühl haben, wirklich gehört zu werden.