So hatte sich William die Sommerferien nicht vorgestellt: Er muss eine ganze Woche bei seiner Großtante Gunvor verbringen, weil seine Eltern beruflich verreisen. Die Verwandte ist ziemlich unfreundlich und verschroben, findet der Zweitklässler.
Ein merkwürdiges Rumpeln
Die Woche beginnt so schlecht wie erwartet: Gunvor redet kaum ein Wort mit William, der sich ziemlich einsam fühlt. Und da sind auch noch diese seltsamen Geräusche, die der Junge im Haus seiner Großtante in regelmäßigen Abständen hört, vor allem ein merkwürdiges Rumpeln,
"fast wie ein riesiges Herz, das tief unten im Fundament des Hauses schlug. ‚BBBRRWUM-BBBRRWUM-BBBRRWUM-BBBRRWUM.' Und dann folgte etwas, das klang, als hätte man einem Hund beigebracht, Klavier zu spielen.“
Nach und nach beginnt William, das Haus seiner Großtante zu inspizieren. Dabei findet er zuerst runde Glasscheiben, die unterschiedlich groß und dick sind.
„Sie warfen blasse Lichtflecken ins Zimmer, wenn er sie nach oben hielt. Durch eine der dicken Scheiben sahen die Gardinen verschwommen aus. Dann betrachtete er seine Hand durch dasselbe Glas und sah seine Haut und die kleinen Härchen darauf ganz scharf. Es war eine Lupe! Er nahm eine von den dünnen Scheiben und probierte dasselbe noch mal. Diesmal sah er seine Hand nur noch undeutlich und dafür die Gardine ganz klar. Das war lustig. William wollte gerade testen, was passierte, wenn er sich ein dickes und ein dünnes Glas gleichzeitig vors Auge hielt, als er unterbrochen wurde.“
Beobachtungen, die das Weltbild veränderten
Tante Gunvor erwischt William mit den Glasscheiben in der Hand, die sich als antike Fernrohrlinsen herausstellen. Darüber bricht ein Streit zwischen den beiden aus, mit dem auch die Wissenschaftsgeschichte im Buch beginnt: Bis spät in den Abend hinein erzählt nämlich die sonst so schweigsame Gunvor ihrem Großneffen vom Universum – also davon, dass sich die Menschen früher vorstellten, dass die Erde das Zentrum allen Lebens wäre, um das die Sonne kreiste. Allmählich hätten sie dann begonnen, die Phänomene, die sie am Himmel entdecken konnten, systematisch zu beobachten und daraus Gesetzmäßigkeiten abzuleiten, die nach und nach ihr ganzes Weltbild veränderten.
Am nächsten Morgen findet es William schon nicht mehr ganz so schlimm bei seiner Großtante, denn das abendliche Gespräch hat ihn neugierig gemacht:
„An Einiges konnte er sich gar nicht mehr erinnern, weil es so viel gewesen war. Aber da war eine Sache, die ging ihm einfach nicht aus dem Kopf. Wie hatte dieser Typ – wie hieß er noch gleich? Dieser Typ, der entdeckt hatte, dass sich die Erde um die Sonne dreht –, wie um alles in der Welt hatte er das herausgefunden, wenn doch all die anderen klugen Astronomen in Tausenden von Jahren nicht dahintergekommen waren?“
Am nächsten Morgen findet es William schon nicht mehr ganz so schlimm bei seiner Großtante, denn das abendliche Gespräch hat ihn neugierig gemacht:
„An Einiges konnte er sich gar nicht mehr erinnern, weil es so viel gewesen war. Aber da war eine Sache, die ging ihm einfach nicht aus dem Kopf. Wie hatte dieser Typ – wie hieß er noch gleich? Dieser Typ, der entdeckt hatte, dass sich die Erde um die Sonne dreht –, wie um alles in der Welt hatte er das herausgefunden, wenn doch all die anderen klugen Astronomen in Tausenden von Jahren nicht dahintergekommen waren?“
Ein "Typ" namens Kopernikus
Der Name dieses „Typs“ lautet Nikolaus Kopernikus, und über ihn erzählt Tante Gunvor an diesem Tag noch mehr:
„,Er konnte die Bewegungen der Himmelskörper erklären, indem er der Erde zwei Bewegungsrichtungen zuordnete. Wenn sie sich nämlich um die eigene Achse drehte … hm, also so …', sagte Tante Gunvor. Sie stellte die Kaffeetasse ab und zog ihre Hose hoch, um sich dann zu Williams Überraschung wie ein Kreisel um sich selbst zu drehen. ‚… und sich dabei gleichzeitig rund um die Sonne bewegte.' Tante Gunvor blieb einen Moment stehen und sah sich im Wohnzimmer um. Dann fing sie, Williams mürrische Tante, wieder an, sich um die eigene Achse zu drehen und dabei in einem großen Bogen um den Schreibtisch zu wandern, der mitten im Raum stand.“
Im weiteren Verlauf von Williams Ferienwoche lässt Gertrude Kiel ihre Protagonistin Gunvor weitere Grundlagen der Astrophysik mit vollem Körpereinsatz erklären. So kann die dänische Autorin komplexe naturwissenschaftliche Phänomene und Zusammenhänge verständlich vermitteln. Gertrude Kiel gelingt es aber auch sehr gut, auf einer übergeordneten Ebene das Wesen der Wissenschaft und die Grundlagen naturwissenschaftlichen Forschens anschaulich zu beschreiben. Gunvor, die Astrophysikerin ist, lehrt William dabei, dass Wahrheit und Wissen vom jeweiligen Stand der Technik sowie auch des zeitgenössischen Bildes abhängig sind, das wir Menschen uns über die Jahrtausende hinweg vom Universum gemacht haben. Gunvor erzählt William auch von Forschern, die in Deutschland nicht weitläufig bekannt sind, wie beispielsweise Ole Rømer, der herausfand, dass das Licht eine Geschwindigkeit hat.
„,Er konnte die Bewegungen der Himmelskörper erklären, indem er der Erde zwei Bewegungsrichtungen zuordnete. Wenn sie sich nämlich um die eigene Achse drehte … hm, also so …', sagte Tante Gunvor. Sie stellte die Kaffeetasse ab und zog ihre Hose hoch, um sich dann zu Williams Überraschung wie ein Kreisel um sich selbst zu drehen. ‚… und sich dabei gleichzeitig rund um die Sonne bewegte.' Tante Gunvor blieb einen Moment stehen und sah sich im Wohnzimmer um. Dann fing sie, Williams mürrische Tante, wieder an, sich um die eigene Achse zu drehen und dabei in einem großen Bogen um den Schreibtisch zu wandern, der mitten im Raum stand.“
Im weiteren Verlauf von Williams Ferienwoche lässt Gertrude Kiel ihre Protagonistin Gunvor weitere Grundlagen der Astrophysik mit vollem Körpereinsatz erklären. So kann die dänische Autorin komplexe naturwissenschaftliche Phänomene und Zusammenhänge verständlich vermitteln. Gertrude Kiel gelingt es aber auch sehr gut, auf einer übergeordneten Ebene das Wesen der Wissenschaft und die Grundlagen naturwissenschaftlichen Forschens anschaulich zu beschreiben. Gunvor, die Astrophysikerin ist, lehrt William dabei, dass Wahrheit und Wissen vom jeweiligen Stand der Technik sowie auch des zeitgenössischen Bildes abhängig sind, das wir Menschen uns über die Jahrtausende hinweg vom Universum gemacht haben. Gunvor erzählt William auch von Forschern, die in Deutschland nicht weitläufig bekannt sind, wie beispielsweise Ole Rømer, der herausfand, dass das Licht eine Geschwindigkeit hat.
Vibrationen auf der Sonnenoberfläche
Die Geschichte ist stellenweise etwas langatmig geraten – gerade jüngere Leser*innen ab dem vom Verlag empfohlenen Alter von neun Jahren dürften die acht langen Kapitel herausfordern. Kiel baut zwar immer wieder Unterbrechungen in den Text ein, vor allem in Form kurzer Abschnitte, in denen sie sich als auktoriale Erzählerin einschaltet und das Thema der nachfolgenden Seiten ankündigt. Diese Zäsuren hätten allerdings literarisch ansprechender gestaltet oder direkt in die Geschichte eingebaut werden können.
„Was der Himmel uns erzählt“ ist trotzdem ein sehr lesenswertes und zugewandtes Buch, nicht nur für Kinder und Jugendliche. Gertrude Kiel versteht es, die Geschichte der Erforschung des Lebens außerhalb der Erde interessant zu erzählen – und die Faszination dessen zu verdeutlichen, was lange jenseits der menschlichen Vorstellungskraft lag. So findet William am Ende der Ferienwoche in Tante Gunvors Keller eine außergewöhnliche Maschine namens „Stella“ – einen Computer, der Vibrationen auf der Oberfläche der Sonne misst und sie in Töne umwandelt. Bei den merkwürdigen Geräuschen, die William in der Woche bei seiner Tante gehört hatte, handelte es sich um den Gesang der Sonne.
„Was der Himmel uns erzählt“ ist trotzdem ein sehr lesenswertes und zugewandtes Buch, nicht nur für Kinder und Jugendliche. Gertrude Kiel versteht es, die Geschichte der Erforschung des Lebens außerhalb der Erde interessant zu erzählen – und die Faszination dessen zu verdeutlichen, was lange jenseits der menschlichen Vorstellungskraft lag. So findet William am Ende der Ferienwoche in Tante Gunvors Keller eine außergewöhnliche Maschine namens „Stella“ – einen Computer, der Vibrationen auf der Oberfläche der Sonne misst und sie in Töne umwandelt. Bei den merkwürdigen Geräuschen, die William in der Woche bei seiner Tante gehört hatte, handelte es sich um den Gesang der Sonne.
Gertrude Kiel: „Was der Himmel uns erzählt. Eine Geschichte über unser Universum und die, die es erforscht haben“
Aus dem Dänischen von Friederike Buchinger
Mit Illustrationen von Gunvor Rasmussen
Hanser Verlag, München. 280 Seiten, 17 Euro, ab 9 Jahren.
Hörbuch gelesen von Oliver Rohrbeck
cbj audio, München. 1 MP3 CD, 418 min.