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Gerüstet für den nächsten Crash

Schneiden zu viele Banken beim Stresstest schlecht ab, kann das die Vertrauenskrise verschärfen. Schneiden zu viele zu gut ab, schwindet das Vertrauen in den Test. Deutsche Institute scheinen gut gewappnet zu sein - bis auf eine Ausnahme.

Von Brigitte Scholtes und Michael Braun | 22.07.2010
    Es ist die erste Meldung in den Abendnachrichten im britischen Fernsehen am 15. September 2007: Tausende Sparer der Bank "Northern Rock", haben stundenlang angestanden, um ihr Geld abzuheben.

    Der Reporter vor Ort konfrontiert die besorgten Sparer mit dem Hinweis des Schatzkanzlers, Panik sei fehl am Platz. Das habe der Kapitän der Titanic auch gesagt, und die sei dann doch gesunken, sagt eine Frau.

    Er sei nicht in Panik, sagt ein Mann. Nur realistisch. Und deshalb bringe er sein Geld woanders hin.

    Tags zuvor ist bekannt geworden: Die britische Hypothekenbank "Northern Rock" ist durch die amerikanische Immobilienkrise in Schwierigkeiten geraten. Die Bank of England teilte zwar sofort mit, sie habe dem angeschlagenen Institut bereits geholfen. Mit welcher Summe, darüber schwieg sich die Notenbank aber aus. Das war den Sparern zu wenig: Sie plünderten vorsorglich ihre Konten. Ein Horrorszenario für jede Bank. Denn die Institute horten das Geld ja nicht in ihren Tresoren, sondern haben es verliehen. Als Kredite. An andere Banken, Unternehmen und Privatkunden. Käme es zum sogenannten Run auf eine Bank, müsste sie Kredite kündigen. In der Folge würden Unternehmen zahlungsunfähig. Dann bräche die Wirtschaft zusammen.

    Im Fall von Northern Rock konnte die Pleite durch eine Verstaatlichung abgewendet werden. Genau ein Jahr später jedoch brach in den USA die Investmentbank Lehman Brothers zusammen. Der amerikanische Staat sprang nicht zur Rettung ein. Das sollte sich schon bald als riesiger Fehler erweisen. Denn am Fall Lehman konnte man erkennen, was "systemrelevant" bedeutet: Das Bankhaus war mit vielen anderen Instituten weltweit verbunden. Seine Insolvenz ließ die Finanzkrise kulminieren. Am Geldmarkt liehen sich die Banken untereinander kein Geld mehr, das Misstrauen war zu groß.

    Dadurch geriet in Deutschland zunächst die Hypo Real Estate in Schwierigkeiten: Sie hatte darauf vertraut, ihre langfristigen Kredite kurzfristig zu refinanzieren. Das war aber erst der Anfang. Um Bankkunden in Deutschland davon abzuhalten, wie in England zu ihrer Bank zu laufen und ihr gesamtes Geld abzuheben, sicherte die Bundesregierung den Sparern in Deutschland zu, ihre Einlagen seien sicher. Und stabilisierte einige Banken mit enormen Summen.

    Seither beobachtet die Politik die Banken genau – und die Aufsichtsbehörden legen noch mehr Augenmerk auf mögliche Risiken bei den Banken, und ein wichtiges Mittel, diese Risiken frühzeitig zu erkennen, sind die sogenannten Stresstests:

    " In den Stresstests wird versucht, die Banken in ein möglichst gefährliches Fahrwasser zu bringen. Und sie müssen zeigen, ob sie bestehen."

    … sagt Fidel Helmer, Börsenchef der Privatbank Hauck & Aufhäuser. Das zentrale Kriterium dabei ist die Kernkapitalquote. Sie darf auch unter Stressbedingungen nicht unter sechs Prozent fallen. Das Kernkapital ist der Geldbetrag in der Bilanzsumme eines Kreditinstituts, der dem Institut dauerhaft zur Verfügung steht. Morgen soll das Ergebnis des jüngsten Tests veröffentlicht werden.

    Doch man sollte die Ergebnisse nicht überschätzen, warnt Franz-Christoph Zeitler, Vizepräsident der Deutsche Bundesbank, er ist im Vorstand der Bundesbank für die Bankenaufsicht zuständig:

    "Sie entfalten Wirkung immer nur in Abhängigkeit des jeweiligen Stressszenarios, das man unterstellt. Auf der einen Seite sind die Tests sehr sinnvoll, um Krisensituationen zu simulieren, auf der anderen Seite wäre es Anmaßung von Wissen für Aufsicht, die Zukunft genau vorhersagen zu können. Deshalb müssen wir uns bewusst sein, dass Stresstests immer nur auf Annahmen beruhen, Hinweise geben können, aber nicht die aktuelle Realität abbilden."

    Die Politik aber hat den Bürgern mehr Transparenz versprochen und setzt trotz dieser Bedenken auf die Stresstests. Mehr noch: Waren die individuellen Ergebnisse bisher nur den jeweiligen Banken und Aufsichtsbehörden bekannt, beschlossen die EU-Staats- und Regierungschefs im Juni, morgen diese individuellen Ergebnisse gleich mit zu veröffentlichen.

    Eigentlich sollte diese Auflage nur für einen kleinen Test im Frühjahr gelten. Doch dann verselbständigte sich die Diskussion: Plötzlich musste es schnell gehen mit der Konzeption des neuen Tests, und in einer Blitzaktion mussten die betroffenen Banken am zweiten Juli-Wochenende ihre Daten zusammenstellen und an die Aufsicht weiterleiten.

    Eigentlich sind die Tests nichts Neues: Die Bundesbank und auch die Europäische Zentralbank haben regelmäßig solche Stresstests organisiert. Gerhard Hofmann, jetzt Vorstandsmitglied des genossenschaftlichen Bankenverbandes, war früher als Mitarbeiter der Bundesbank dort für die Tests mit zuständig. Er hat viele Stresstests mitgemacht, halten tut er von ihnen nicht viel:

    "Mir ist kein Fall bekannt in der Vergangenheit, dass solche Stresstests, die ja nicht erst seit heute gemacht werden, tatsächlich eine hohe Erkennungskraft, eine hohe Prognosekraft im Hinblick auf künftige Problemfälle gehabt hätte. Das heißt: Das, was man heute stresst, das ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht das Problem von morgen."

    Für die europäischen Politiker zählen diese Bedenken nicht. Ihnen ist vor allem wichtig, dass es zur Veröffentlichung kommt. Sie hoffen immer noch, damit Ruhe in die Märkte zu bringen.

    Denn: Banken sind nicht irgendeine Branche. Der Geldkreislauf hält die Wirtschaft zusammen. Deshalb darf es möglichst keinen Ausfall einer Bank und damit eines Kreditgebers geben. Um das zu verhindern, kontrolliert die Bankenaufsicht die Risikosituation der Institute. Diese Aufsichtsbehörden gibt es in jedem Land, in Deutschland teilen sich die Deutsche Bundesbank und die BaFin, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht diese Aufgabe. Halbjährlich erstellt die EZB einen Finanzstabilitätsbericht, und zudem gibt es den CEBS; den Ausschuss der europäischen Bankenaufseher. Er konzipiert die europäischen Stresstests.

    Dieses Mal müssen sich 91 Kreditinstitute dem Test unterziehen. Diese 91 stehen für etwa zwei Drittel der Bilanzsumme der Kreditinstitute des Euro-Währungsraums. 14 deutsche sind darunter, neben Deutscher Bank und Postbank die staatlich gestützten Institute Commerzbank und Hypo Real Estate, einige Landesbanken, die Dekabank als Wertpapierbank der Sparkassen und die DZ-Bank und WGZ-Bank als Spitzeninstitute der Genossenschaftsbanken.

    Die Banken müssen dieses Mal auch simulieren, wie sie auf die Herabstufung von Staatsanleihen reagieren. Bisher waren vor allem die Auswirkungen von unerwarteten Konjunktureinbrüchen getestet worden. Immer lautet die Kernfrage: Sind die Banken tragfähig genug, ist ihre Kapitaldecke groß genug, dass sie auch solche externen Schocks aushalten können?

    In der Simulation geben die europäischen Bankenaufseher verschiedene Annahmen vor: So unterstellen sie, das Bruttoinlandsprodukt falle in diesem und im kommenden Jahr um drei Prozentpunkte geringer aus als dies die EU-Kommission in ihren Wachstumsprognosen bisher erwartet. Das würde die Banken "stressen". Denn mit einem Konjunktureinbruch geraten auch viele Unternehmen in Turbulenzen, in der Folge fallen Kredite aus. Das zehrt am Eigenkapital der Banken - wie sehr, das sollen sie in diesen Stresstests ausrechnen. Die Finanzmärkte warten jedenfalls auf beruhigende Nachrichten, wollen hören, die Banken sind gut aufgestellt. Fidel Helmer, Börsenchef der Privatbank Hauck & Aufhäuser, über seine Erwartungen an die Stresstestergebnisse morgen:

    "Wir Börsianer würden natürlich erwarten, dass deutsche Banken diese Stresstests ohne Abstriche bestehen werden. Es gibt ja schon Ankündigungen, die in diese Richtung gehen. Das ist für das Vertrauen in die Branche wichtig."

    Deshalb stellten sich vor allem die deutschen Kreditinstitute zunächst quer. Denn in den letzten Juniwochen hatte sich abgezeichnet, dass man auch testen wollte, wie die Institute auf eine Verschlechterung der Kurse von Staatsanleihen an den Märkten reagieren würden. Das Kernproblem dabei: Zunächst hatte es so ausgesehen, als ob man alle Staatsanleihen gleich behandeln wollte: Die relativ riskanten, stärker ausfallgefährdeten Anleihen der Griechen oder anderer Peripherieländer sollten also im Szenario genauso stark abgewertet werden wie deutsche Bundesanleihen. Die aber gelten in der Krise als sicherer Hafen. Daher ist dieses Szenario unrealistisch und unfair, kritisiert Uwe Fröhlich, Präsident des BVR, des Bundesverbands der deutschen Volks- und Raiffeisenbanken:

    "Sie können natürlich mit virtuellen Stresstests jede Bankbilanz in Schieflage bringen. Wenn Sie am Ende fragen, was passiert, wenn bei deutschen Staatsanleihen ein Abschlag von x Prozent zu unterstellen ist, dann ist der ehemals sichere Hafen, in den alle deutschen und insbesondere europäischen Banken entsprechend positioniert sind, ein Unsicherheitsfaktor geworden. Da sieht man schon die Grenzen des Sinns auch von solchen Stresstests."

    Mittlerweile hat der Ausschuss der europäischen Börsenaufseher, CEBS, seine Kriterien bekannt gegeben,– wenn auch in recht allgemeiner Form: So soll neben einem Konjunktureinbruch auch ein Kursrutsch für Staatsanleihen simuliert werden. Der soll in etwa die Ausmaße haben, wie man sie im Mai an den Rentenmärkten beobachten konnte. Dem Vernehmen nach sollen die Banken annehmen, dass griechische Staatsanleihen 20 Prozent weniger wert seien, auf portugiesische werde ein Abschlag von elf Prozent angenommen, auf irische, spanische und italienische zwischen 8,6 und 4,9 Prozent. Deutsche Anleihen würden hingegen nur geringfügig niedriger veranschlagt. Für die deutschen Banken eine beruhigende Botschaft: Weil sie besonders viele Bundesanleihen in ihren Büchern halten, haben sie von dieser Seite wohl wenig Stress zu befürchten.

    Problematisch bleibt aber die zweite Forderung: Die Veröffentlichung der individuellen Testergebnisse. Nicht nur, weil ihr gleich der Vorschlag auf dem Fuße folgte, man solle ein europäisches Banken-Ranking daraus erstellen.

    Finanzexperten sehen auch andere Folgen einer Veröffentlichung kritisch. So meint Claus-Peter Wagner von Ernst & Young:

    "Ich persönlich halte die Veröffentlichung der individuellen Stresstestergebnisse für bedenklich, weil derzeit doch noch weitgehend unklar ist, ob es sich nun um besonders harte, extreme Stresstests handelt oder ob es um besonders weiche Kriterien geht. In beiden Fällen tragen wir nicht dazu bei, das Vertrauen in die Banken zu stärken, Stabilität zu schaffen, und das Mehr an Transparenz, dass man sich von der Veröffentlichung der individuellen Stresstestergebnisse verspricht, das muss natürlich auch erklärt werden. Mehr Transparenz ist nur dann sinnvoll, wenn die Informationen verständlich sind, und wenn die interessierte Öffentlichkeit ihre Schlüsse daraus ziehen kann."
    Denn sowohl zu laxe Testvorgaben als auch zu strenge – beides kann negative Folgen haben. Wenn alle Banken den Test bestehen, dann wird die Öffentlichkeit dem Wert eines solchen Tests wenig Bedeutung beimessen. Stefan Bongardt, Bankanalyst bei Independent Research:

    "Das kann nicht das Ziel der Tests sein, sie so weich zu formulieren, dass alle sie bestehen."

    Sind die Kriterien dagegen zu hart, fallen zu viele Banken durch, könnte aus einer wenig differenzierten öffentlichen Debatte darüber Panik entstehen. Zurzeit kursieren Gerüchte, dass wohl einige Institute durchfallen könnten. Darunter sollen angeblich sämtliche börsennotierten griechischen Banken sein. Aber auch die Hypo Real Estate. Sie soll Spekulationen zufolge die einzige deutsche Bank sein, die den Test nicht bestehen könnte. Eine Überraschung wäre das nicht – aber auch kein größeres Problem. Denn die HRE ist ohnehin im Staatsbesitz und dadurch im Notfall abgesichert.

    Kritisch beobachtet wird aber auch die Situation der Landesbanken. Viele von ihnen hatten sich mit riskanten Papieren heftig verspekuliert und mussten von ihren Eignern, also auch den Bundesländern, mit Milliardenzahlungen gestützt werden. Deshalb kamen immer wieder Zweifel an ihrer finanziellen Belastbarkeit auf. Dirk Schiereck, Professor für Bankbetriebslehre an der Universität Darmstadt:

    "Die Landesbanken müssten sich darauf einstellen, dass sie in großer Zahl zumindest nicht unbeschadet aus den Stresstests herauskommen, eine HSH Nordbank – kann man unterstellen – wäre wahrscheinlich beim Stresstest als schwerkrank zu klassifizieren."

    Der Verband öffentlicher Banken, zu dem auch die Landesbanken gehören, sah aber noch in dieser Woche "keine Anhaltspunkte" dafür, dass die Landesbanken scheitern könnten. Inzwischen sind die Zweifel wieder größer geworden, denn selbst wenn die Landesbanken die als erforderlich erachtete Mindestkapitalausstattung von sechs Prozent so gerade schaffen, stellt sich die Frage: Ist knapp davon gekommen gut genug?

    Das Abschneiden der Landesbanken hängt nicht zuletzt an einer Definitionsfrage: Gilt nur das sogenannte "harte Eigenkapital", oder darf man auch bestimmte Papiere wie Genussscheine zum Eigenkapital zählen? Zählte nur die strenge Definition, dann kämen einige Landesbanken in Schwierigkeiten, heißt es.

    Die Finanzbranche selbst fürchtet aber weniger die Ergebnisse des Stresstests als die mögliche Reaktion des Marktes, hatte eine Umfrage des Centers for Financial Studies in den letzten Tagen ergeben. Weil der die Ergebnisse zunächst vielleicht falsch einschätzen könnte. Eine Reaktion der Kunden auf ein negatives Stresstest-Ergebnis bliebe dann wohl nicht aus, vermutet Schiereck:

    "Da können wir uns schnell vorstellen, dass viele Kunden kurzfristig nervös reagieren und ihre Kundenverbindung, Kontoverbindung einstellen. Dann wird jemand, der im Stresstest als krank charakterisiert wird, ganz schnell schwerkrank sein oder noch schlimmer leiden."

    Deshalb müssen Märkte und Kunden die Gewissheit haben, dass Hilfe für den Fall bereitsteht, dass tatsächlich einige Institute durchfallen. Denn die Idee dieses Stresstests war, vor allem systemrelevante Banken zu überprüfen. Das aber bedeutet auch, dass man eine Bank, die an diesem Stresstest teilgenommen hat, nicht in die Insolvenz schicken kann, ohne das gesamte System zu gefährden. Deshalb hatte schon EZB-Präsident Jean-Claude Trichet an die Banken appelliert:

    "Wo es notwendig ist, sollten Banken ihre Gewinne den Rücklagen zuführen, sich an den Märkten mit neuem Kapital versorgen oder die Unterstützungsmaßnahmen des Staates in vollem Umfang ausnutzen."

    Das gilt aber nur, wenn die Banken sich das notwendige Eigenkapital nicht mehr selbst am Markt beschaffen können. Die Kapitalbeschaffung hatte in den USA im vergangenen Jahr gut funktioniert. Für europäische und deutsche Banken ist das keine wirkliche Option, meint Dirk Schiereck:

    "Wir haben sehr viele Institute in Deutschland, die gar nicht börsennotiert sind, die auch dementsprechend gar nicht die Möglichkeit haben, den Kapitalmarkt in Anspruch zu nehmen, um ihr Eigenkapital zu erhöhen. Das gilt für den öffentlich-rechtlichen Sektor, das gilt aber auch beispielsweise für den Genossenschaftssektor, der ja ebenfalls nicht börsennotiert ist. Das heißt es gibt nur eine sehr kleine Gruppe von Banken, die momentan überhaupt die Möglichkeit haben, über den Kapitalmarkt zusätzliches Eigenkapital zu generieren."

    Nicht börsennotierten Instituten, die den Test nicht bestehen, bliebe deshalb wohl kaum etwas anderes übrig, als auf staatliche Hilfe zurückzugreifen. In Deutschland stünde dafür der Bankenrettungsfonds SoFFin bereit, der mit 480 Milliarden Euro ausgestattet ist und mit Garantien und Kapitalmaßnahmen verschiedene Institute stützt: Kapitalanteile hält er aber nur an der Commerzbank, der Hypo Real Estate, der West LB und in geringem Maß an der Aareal Bank. Ob der SoFFin auch negative Stresstestergebisse ausbügeln würde, wollte sein Leitungsausschuss dem Deutschlandfunk im Interview nicht bestätigen.

    Hinzu kommt: Nicht jedes Land der Eurozone verfügt über einen nationalen Rettungsfonds. Deshalb hatte in den vergangenen Wochen EU-Währungskommissar Olli Rehn angedeutet, diese Banken könnten gegebenenfalls auch mit den Mitteln des Euro-Rettungsfonds gestützt werden. Der aber war eigentlich im Mai zur Rettung angeschlagener Staaten innerhalb der Eurozone gegründet worden – nicht einzelner Kreditinstitute. Professor Dirk Schiereck von der Universität Darmstadt vermutet, dass diese Idee nicht von ungefähr kommt:

    "Man könnte vermuten, dass hier auch ein größerer politischer Plan zugrunde liegt, insbesondere von den beiden zentralen, großen Regierungen in der EU, nämlich von Frankreich und Deutschland, dieses Bankenproblem ein für alle Mal zu lösen, indem man sämtliche Institute, denen es jetzt relativ schlecht geht, durch den Stresstest den letzten Schub zu geben, um sie dann in eine neue, hoffentlich sichere Einheit zu überführen und damit dann auch in Zukunft keine Fragen mehr klären zu müssen und sich darauf zurückzuziehen, dass es ja keine nationale Lösung ist, sondern eine mehr oder weniger aufoktroyierte europäische Lösung."

    Sollte sich herausstellen, dass auch Landesbanken den Test nicht bestehen, könnte man sich auch dieses leidigen Problems entledigen. Sollten einige von ihnen scheitern, könnte man sie elegant in ein großes europäisches Institut, in eine Art riesiger "bad bank" überführen im Sinne der größeren Sache, der Rettung des Bankensystems. Und selbst wenn die europäischen Politiker zunächst den Rettungsfonds gegründet hatten, um Staaten und den Euro zu retten, so könnte man mit der Unterstützung angeschlagener Banken beide Probleme auf einen Schlag lösen, mutmaßt Dirk Schiereck:

    "Wenn jetzt in den Stresstests herauskommen sollte, dass beispielsweise eine größere Anzahl griechischer Banken diesen Test nicht bestanden haben, was uns nicht so sehr verwundern würde, dann hätte die EU die Möglichkeit, über diesen europäischen Rettungsfonds griechischen Banken nachhaltig zu helfen. Damit würde die gesamte griechische Wirtschaft natürlich stabilisiert, und man hätte einen positiven Effekt erreicht für die Gesamtheit des Euroraums, der stabiler würde. Wir hätten aber auch ein Stück weit dafür gesorgt, dass die griechischen Banken, die bislang in griechischem Eigentum waren, jetzt in europäischem Eigentum sind, und damit der Einfluss der EU dann auch in den Ländern, denen es nicht so gut geht, nachhaltig wachsen würde."

    Vom Ergebnis der Stresstests wird es abhängen, ob die Finanzmärkte also solche Konsequenzen fordern werden. In Deutschland und Frankreich jedenfalls denkt man über eine weitere Stabilisierung des Euroraums intensiv nach. Das zeigt auch das Positionspapier zur Reform der Europäischen Währungsunion und zur Schärfung des Stabilitätspakts, das beide Länder in dieser Woche vorgelegt haben. Einer der Prüfsteine für die Stabilität der Volkswirtschaften in den einzelnen Mitgliedsländern ist der Stresstest.