Archiv


Gescheiterte Geldmache per Recycling

In den USA zählt der Western "Lone Ranger" schon jetzt zu den großen Sommerflops des Jahres 2013. Dabei ist mit Regisseur Gore Verbinski und Superstar Johnny Depp genau das Duo verantwortlich, das mit "Fluch der Karibik" bislang alles richtig gemacht hat.

Von Hartwig Tegeler | 07.08.2013
    Es war einmal, wir schrieben das Jahr 2003, da kam ein Piratenkapitän daher, adaptierte in Gestik, Mimik und Körperrhythmus Keith Richards von den Rolling Stones. Und Johnny Depp als Jack Sparrow hatte den Piratenfilm wiederbelebt. Vier Teile von "Flucht der Karibik" liegen inzwischen vor. Doch wer dachte, der fünfte Teil liege in weiter Ferne, wird mit "Lone Ranger" eines Besseren belehrt. Zumindest hat es den Anschein. Denn Johnny Depp und "Fluch der Karibik"-Regisseur Gore Verbinski kochen die gleiche Suppe, die sie in "Fluch der Karibik" kochten, eine Mischung aus Action und Comedy - wie Johnny Depp verlautbart:

    "... actionbased and comedybased ..."

    Doch war diese Mischung beim Piratenfilm noch interes-sant, ist sie es bei diesem Western nicht. Sie wirkt nur wiedergekäut. Gut, Johnny Depp als indianischer Gefährte Tonto an der Seite des Lone Rangers.

    "Aber wenn wir zusammen reiten, dann reiten wir für die Gerechtigkeit."

    Er schippert nicht mehr über den Ozean, sondern reitet durch das legendäre Monument Valley. Und findet dort seinen Gefährten:

    "Eine Vision aus dem Jenseits sagte mir, ein großer Krieger und Seelenwanderer wird mir auf der Suche helfen. Ein anderer wäre mir lieber gewesen, aber der Große Vater wird wissen, was er tut."

    Natürlich sind die Glasperlen im Haar des Piraten beim Indianer durch Federn ersetzt, auf dem Kopf prangt kein Dreispitz, sondern ein toter Rabe, aber auch hier bei Tonto findet man das gleiche Verschrobene wie bei Jack Sparrow. Immer ein wenig wankend, immer ein wenig schwankend, lallend auch und nie so ganz in der Realität verhaftet sein. Johnny Depp spielt in anderer Verkleidung eine weitere Keith-Richards-Adaption. "Lone Ranger" lebt mithin vom Recycling oder besser: stirbt daran!
    Hinzu kommt, dass dies ein Film ist, der an sich aus zweien besteht, die aber nicht zueinander kommen können. Auf der einen Seite die öde, computergesteuerte Actionästhetik, auf der anderen Seite die liebevolle Verbeugung vor dem Genre mit all den Zitaten aus den klassischen US- und den Italo-Western. Monument Valley, das ist John Ford; die Geschichte des Eisenbahn-Magnaten in "Lone Ranger", das ist Sergio Leone und "Spiel mir das Lied vom Tod". Und was ja an sich durchaus für "Lone Ranger" sprechen könnte: Mit seiner Tonto-Figur erzählt dieser Film auch von der Gier des weißen Mannes und der Ausrottung des Native Americans. Johnny Depp meint, er habe mit seiner Tonto-Figur die falsche Darstellung des Indianers im Kino seit den Anfängen des Films entlarven wollen.

    "... had for so long been interested in debunking how the native americans had been treated in cinema since the beginning of cinema."

    Doch beide Filme, die "Lone Ranger" ist, vertragen sich nicht. Befindet man sich also für einen Moment auf fullspeed im computer-generated-image-Action-Gewitter, erfolgt ein fullstop, und es geht weiter im Ton der großen Tragödie mit diesem Komantschen Tonto als Traumatisierten, der Unglück über sein Volk gebracht hat. Um dann, nach dem nächsten Schnitt ... nun ja, wie sagte Johnny Depp programmatisch über diesen Film:

    "... actionbased and comedybased ..."

    Action und Comedy. Doch es bedarf schon eines Charlie Chaplin, eines Billy Wilder oder eines Roberto Benigni, um das Grauen und die Komik im Slapstick überzeugend zusammenzubinden. "Lone Ranger" ist ein weiteres Beispiel, dass Hollywoods Problem darin besteht, verzweifelt mit Reanimation und Recycling Geld zu machen. Präziser: zu versuchen, Geld zu machen.

    "Du willst, dass ich eine Maske trage? - Du suchst Männer, die denken, du bist tot. Besser, sie denken weiter so."