Der Opernauftakt eines Filmregisseurs. Nach Andreas Dresens schönen Arbeiten wie "Halbe Treppe" und "Sommer vorm Balkon" wird man für die deutsche Kinokunst noch viel von ihm erwarten können. Und nach seinem Opernregiedebüt gestern Abend in Basel für das Musiktheater?
Ich würde die Frage verneinen. Mit Dresens "Don Giovanni", um es gleich zu sagen, war es nichts, und es sieht nicht so aus, als ob daraus jemals etwas werden würde, weit und breit kein Potenzial in Sicht. Aber wer kann schon in die Zukunft schauen?
Doch von vorn: In seinen Filmen erzählt Dresen ja vom schwierigen Leben der kleinen Leute von heute, von gescheiterten Karrieren und Ehen, vom elenden Arbeitsmarkt und von traurigen Kindern überforderter Mütter. Schön, unaufgeregt, menschlich und heiter gelingt ihm das. Insofern war es eine gute Idee vom Direktor des Baseler Theaters, Michael Schindhelm, mit Dresen eine Oper zu wagen. Und der verlegte auch die Geschichte des geilen Adeligen Don Giovanni, der Damen von Stande und Weiber aus dem Volke, Zofen und Bäuerinnen, verführt, der lügt, betrügt und Donna Annas Vater, den Komtur, ermordet… - er verlegt diese Geschichte in die Gesellschaft der Verlierer unserer Tage. In abgewetzten Billigklamotten schlagen sich die Figuren bei Dresen durchs Leben und durch die Betonwüsten unserer Städte.
Auch Don Giovanni ist einer von ihnen, obwohl er etwas mehr Geld hat als die anderen, woher, weiß man nicht, vielleicht ist er ein Kleinkrimineller. Und hier liegt auch schon das Hauptproblem: Weder sozial noch als Persönlichkeit ist dieser angebliche Aufreißertyp als Alphatier gestaltet, als jemand, der raffiniert und psychologisch geschickt gruppendynamische Prozesse steuern kann. Dabei weiß Mozart so viel von solchen instinktiven Machtmenschen. Aber dafür hat Dresen keinen Sinn, auch nicht für die Musik.
So fragte man sich während des ganzen Abends, warum der witzige Leporello sich wie ein Diener aus dem vorletzten Jahrhundert von Don Giovanni herumkommandieren lässt, warum sich Masetto, Zerlina und Elvira so lange in Schach halten lassen? Eine Antwort gibt es nicht, auch weil es Dresen nicht einmal im Ansatz gelingt, die Individuen einer monadischen Gesellschaft in ein Kommunikationsnetz einzuspinnen. So wird Don Giovannis Geschichte nicht
erzählt, sondern nur behauptet. Die Sänger stehen hilflos auf der Bühne herum und können im Grunde nichts miteinander anfangen. Andreas Dresen als Opernregisseur war ein Versuch wert, aber wiederholen muss man ihn nicht. Da kann Maya Boog als Donna Anna noch so viel zetern.
Aber auch das Bühnenbild von Mathias Fischer-Dieskau funktioniert nicht. Statt schmuddeliger WG-Sofas und versiffter Hausbesetzer-Küche hat er ein abstraktes, schwarzes Stelenfeld auf die Bühne gebracht, das an das Holocaust-Mahnmal in Berlin erinnert, was so recht nur zur Friedhofsszene passt. Die konkrete soziale Verortung der Figuren hat das Bühnenbild nicht aufgenommen. Vor der besonderen Herausforderung, die auch die ständig wechselnden Szenen im "Don Giovanni" mit sich bringen, hat man sich gedrückt. Völlig unsystematisch und beliebig wachsen die einzelnen Stelen in die Höhe oder verschwinden im Boden, nur um eine magere Abwechslung in der Raumgestaltung zu bieten. Wenn die Steinquader überhaupt verschwanden, denn manchmal klemmte es, auch das Licht spielte nicht immer mit, Sänger setzten zu früh ein oder ihnen brach vereinzelt gar die Stimme weg. Eine Menge technische Patzer gab es, obwohl andererseits Thomas Mayer als Don Giovanni, Andrew Murphy als Leporello und Daniel Behle als Don Ottavio stimmlich Ordentliches und zum Teil beschwingte und geschmeidige Schönheit boten. Glänzend allein war der Komtur von Xiaoliang Li.
Alles andere als glänzend war die Leistung des Dirigenten Marko Letonja. Sie war sogar noch schlechter als die Regiearbeit. Die Ouverture dirigierte er zu schnell und zu hektisch, die Orchesterstimmen liefen immer wieder aus dem Ruder, auch das Zusammenspiel mit dem Sängerensemble. Das gesamte Gefüge drohte stellenweise auseinanderzubrechen, eine Kakophonie wie bei einer Probe. Als Premiere ist das wenig erfreulich. Für eine Baselreise gibt es bessere Gründe als diesen neuen Don Giovanni.
Ich würde die Frage verneinen. Mit Dresens "Don Giovanni", um es gleich zu sagen, war es nichts, und es sieht nicht so aus, als ob daraus jemals etwas werden würde, weit und breit kein Potenzial in Sicht. Aber wer kann schon in die Zukunft schauen?
Doch von vorn: In seinen Filmen erzählt Dresen ja vom schwierigen Leben der kleinen Leute von heute, von gescheiterten Karrieren und Ehen, vom elenden Arbeitsmarkt und von traurigen Kindern überforderter Mütter. Schön, unaufgeregt, menschlich und heiter gelingt ihm das. Insofern war es eine gute Idee vom Direktor des Baseler Theaters, Michael Schindhelm, mit Dresen eine Oper zu wagen. Und der verlegte auch die Geschichte des geilen Adeligen Don Giovanni, der Damen von Stande und Weiber aus dem Volke, Zofen und Bäuerinnen, verführt, der lügt, betrügt und Donna Annas Vater, den Komtur, ermordet… - er verlegt diese Geschichte in die Gesellschaft der Verlierer unserer Tage. In abgewetzten Billigklamotten schlagen sich die Figuren bei Dresen durchs Leben und durch die Betonwüsten unserer Städte.
Auch Don Giovanni ist einer von ihnen, obwohl er etwas mehr Geld hat als die anderen, woher, weiß man nicht, vielleicht ist er ein Kleinkrimineller. Und hier liegt auch schon das Hauptproblem: Weder sozial noch als Persönlichkeit ist dieser angebliche Aufreißertyp als Alphatier gestaltet, als jemand, der raffiniert und psychologisch geschickt gruppendynamische Prozesse steuern kann. Dabei weiß Mozart so viel von solchen instinktiven Machtmenschen. Aber dafür hat Dresen keinen Sinn, auch nicht für die Musik.
So fragte man sich während des ganzen Abends, warum der witzige Leporello sich wie ein Diener aus dem vorletzten Jahrhundert von Don Giovanni herumkommandieren lässt, warum sich Masetto, Zerlina und Elvira so lange in Schach halten lassen? Eine Antwort gibt es nicht, auch weil es Dresen nicht einmal im Ansatz gelingt, die Individuen einer monadischen Gesellschaft in ein Kommunikationsnetz einzuspinnen. So wird Don Giovannis Geschichte nicht
erzählt, sondern nur behauptet. Die Sänger stehen hilflos auf der Bühne herum und können im Grunde nichts miteinander anfangen. Andreas Dresen als Opernregisseur war ein Versuch wert, aber wiederholen muss man ihn nicht. Da kann Maya Boog als Donna Anna noch so viel zetern.
Aber auch das Bühnenbild von Mathias Fischer-Dieskau funktioniert nicht. Statt schmuddeliger WG-Sofas und versiffter Hausbesetzer-Küche hat er ein abstraktes, schwarzes Stelenfeld auf die Bühne gebracht, das an das Holocaust-Mahnmal in Berlin erinnert, was so recht nur zur Friedhofsszene passt. Die konkrete soziale Verortung der Figuren hat das Bühnenbild nicht aufgenommen. Vor der besonderen Herausforderung, die auch die ständig wechselnden Szenen im "Don Giovanni" mit sich bringen, hat man sich gedrückt. Völlig unsystematisch und beliebig wachsen die einzelnen Stelen in die Höhe oder verschwinden im Boden, nur um eine magere Abwechslung in der Raumgestaltung zu bieten. Wenn die Steinquader überhaupt verschwanden, denn manchmal klemmte es, auch das Licht spielte nicht immer mit, Sänger setzten zu früh ein oder ihnen brach vereinzelt gar die Stimme weg. Eine Menge technische Patzer gab es, obwohl andererseits Thomas Mayer als Don Giovanni, Andrew Murphy als Leporello und Daniel Behle als Don Ottavio stimmlich Ordentliches und zum Teil beschwingte und geschmeidige Schönheit boten. Glänzend allein war der Komtur von Xiaoliang Li.
Alles andere als glänzend war die Leistung des Dirigenten Marko Letonja. Sie war sogar noch schlechter als die Regiearbeit. Die Ouverture dirigierte er zu schnell und zu hektisch, die Orchesterstimmen liefen immer wieder aus dem Ruder, auch das Zusammenspiel mit dem Sängerensemble. Das gesamte Gefüge drohte stellenweise auseinanderzubrechen, eine Kakophonie wie bei einer Probe. Als Premiere ist das wenig erfreulich. Für eine Baselreise gibt es bessere Gründe als diesen neuen Don Giovanni.