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Geschichte aktuell: Der Kalte Krieg der Diplomaten

" Ich muss unzweideutig feststellen, dass die Bundesregierung auch künftig die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der DDR durch dritte Staaten, mit denen sie offizielle Beziehungen unterhält, als einen unfreundlichen Akt ansehen würde. (Beifall) "

Von Otto Langels | 22.09.2005
    Am 22. September 1955 verkündete Bundeskanzler Konrad Adenauer im Bundestag die später als "Hallstein-Doktrin" bekannt gewordene Leitlinie der Bonner Deutschlandpolitik. Die Bundesregierung bekräftigte damit ihre Position, auf der internationalen politischen Bühne allein für ganz Deutschland zu sprechen.

    Um die Deutsche Demokratischen Republik nicht aufzuwerten, sprachen westdeutsche Politiker von der "so genannten DDR", von einem "Gebilde" und "Phänomen" oder dem "Regime in Pankow" - nach dem Ost-Berliner Stadtteil, in dem damals führende DDR-Politiker wohnten. Beamte des Auswärtigen Amtes durften DDR nur in Anführungszeichen schreiben.

    Aus heutiger Sicht erscheine die Hallstein-Doktrin vielleicht überheblich, meint der Potsdamer Historiker Christoph Kleßmann. Damals sei es aus Bonner Sicht jedoch verständlich gewesen, die DDR zu isolieren,

    " weil man sich natürlich klar machen muss, dass in den 50er Jahren auch die Akzeptanz der DDR bei der Bevölkerung noch minimal war. Insofern hatte der Alleinvertretungsanspruch Bonns auch in der DDR-Bevölkerung durchaus beträchtliche Popularität. Schließlich war die DDR ein Staat ohne demokratische und ohne nationale Legitimation. Und die Bundesrepublik hatte durchaus das Recht, diesen nationalen Alleinvertretungsanspruch zu formulieren. "

    Die Doktrin wurde nach dem damaligen Staatssekretär im Auswärtigen Amt Walter Hallstein benannt, obwohl sie Wilhelm Grewe zugeschrieben wird, dem Leiter der Politischen Abteilung im Außenministerium.

    Die Bundesregierung formulierte die Hallstein-Doktrin nach der Moskaureise Adenauers im September 1955. Der Kanzler war in die Sowjetunion gefahren, um die Rückkehr der letzten rund 10.000 deutschen Kriegsgefangenen zu erreichen. Im Gegenzug forderte die sowjetische Regierung diplomatische Beziehungen zu Bonn, denn bis dahin gab es in Moskau nur einen Botschafter der DDR. Nach zähen Verhandlungen stimmte die sowjetische Seite zu, alle Gefangenen freizulassen. Dafür erklärte sich die deutsche Delegation bereit, mit der Sowjetunion Botschafter auszutauschen.

    Die von CDU/CSU und FDP geführte Bundesregierung stand damit vor einem Problem, wie Werner Kilian, lange Jahre im Bonner Auswärtigen Dienst, in seinem Buch "Die Hallstein-Doktrin" schreibt:

    " Wie würde man der Welt erklären können, dass es künftig in Moskau zwei gleichgestellte deutsche Botschafter geben würde, aber die Bundesrepublik nach wie vor der einzige legitime deutsche Staat sei, der allein das Recht habe, alle Deutschen in Ost wie West zu vertreten? "

    Staatssekretär Walter Hallstein bezeichnete die diplomatischen Beziehungen Moskaus mit beiden deutschen Staaten als "singulären Akt". Er rechtfertigte die Ausnahme damit, dass es sich bei der Sowjetunion um eine der privilegierten vier Siegermächte handele.
    Nach der Rückkehr aus Moskau erklärte Bundeskanzler Konrad Adenauer im Bundestag:

    " Die Regierung der so genannten Deutschen Demokratischen Republik ist nicht aufgrund wirklich freier Wahlen gebildet worden. Sie verfügt daher über kein echtes Mandat des Volkes. Die Bundesregierung ist daher nach wie vor die einzige, frei und rechtmäßig gebildete deutsche Regierung, die allein befugt ist, für das ganze Deutschland zu sprechen. (Beifall) "

    Die Bundesregierung betrat mit der Hallstein-Doktrin keineswegs politisches Neuland. Die USA verzichteten lange Zeit auf diplomatische Beziehungen zu den kommunistischen Regierungen in Moskau und Peking. Und Nationen wie China, Korea oder Vietnam erkannten nach der Spaltung ihrer Länder den jeweils anderen Teilstaat nicht an.

    Kritiker der Hallstein-Doktrin befürchteten damals allerdings, Bonn könne sich selbst isolieren, wenn die Bundesrepublik die Beziehungen zu Ländern abbreche, die die DDR als souveränen Staat anerkannten. Zudem erschwere die Doktrin Kontakte zu den osteuropäischen Nachbarn.

    Der Deutschland-Experte Christoph Kleßmann:

    " In Polen hat 1956 bekanntlich ein starker innenpolitischer Umschwung stattgefunden. Das hat auch in Bonn bereits frühzeitig zu Debatten geführt, ob man nicht den politischen Kurs gegenüber Polen ändern solle. Und in diesem Zusammenhang wäre es dann eben sinnvoll gewesen, eine flexible Form der Anwendung der Hallstein-Dokrtin zu praktizieren. Das war aber so nicht möglich. "

    Die Hallstein-Doktrin war eine Drohung, die nicht näher spezifiziert war. Außenminister von Brentano erklärte 1956, man werde nur nach sehr reiflicher Überlegung und in einer sehr ernsten Situation die diplomatischen Beziehungen abbrechen. Bonn reagierte z.B. nicht, als die DDR im Winter 1957 in Kairo ein Büro mit der pompösen Bezeichnung "Büro des Bevollmächtigten der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik für die arabischen Staaten" eröffnete.

    Das Auswärtige Amt war aber auch bereit, seine Drohung wahr zu machen. Als im Oktober 1957 Jugoslawien diplomatische Beziehungen zur DDR aufnahm, beschloss die Bundesregierung den Bruch mit Belgrad.

    Der jugoslawische Botschafter in Bonn war empört:

    " Die Regierung und die Völker Jugoslawiens verurteilen diesen Schritt der Bundesregierung, der durch keinen Grund gerechtfertigt ist, und erheben ihren schärften Protest dagegen. "

    Ende Oktober begründete Konrad Adenauer den Abbruch der diplomatischen Beziehungen vor dem Bundestag. Ein "Lebensinteresse" der auswärtigen Politik sei berührt worden,

    " nämlich der auch im Grundgesetz verankerte Anspruch, dass die deutsche Bundesregierung allein legitimiert ist, die deutschen Interessen im Ausland zu vertreten, da nur sie eine demokratisch gewählte Volksvertretung und Regierung besitzt. "

    Das Vorgehen der Bundesregierung war allerdings umstritten. Bonns Botschafter in Belgrad, Karl Georg Pfleiderer, wehrte sich vehement gegen den Abbruch der Beziehungen. Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier, CDU, warnte, die Bonner Reaktion würde langfristig den Interessen der Bundesrepublik schaden. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung bezeichnete den Kurs des Auswärtigen Amtes als "Lederjacken-Diplomatie".

    Und Erich Ollenhauer, Vorsitzender der Oppositionspartei SPD, fand die harte Linie "steril":

    " Wir sind der Meinung, dass es im Interesse des deutschen Volkes und im Interesse der Entspannung in Europa liegt, wenn wir endlich normale Beziehungen zu Polen und auch zu anderen osteuropäischen Völkern aufnehmen. "

    Der Bruch mit Jugoslawien war problematisch, weil Staatspräsident Tito als Sprecher der so genannten "blockfreien Staaten" galt. In Zeiten des Kalten Krieges bemühten sich sowohl die Westmächte wie die Sowjetunion um die neutralen Länder. Die Bundesrepublik und die DDR waren in den Wettlauf der politischen Systeme um die Gunst der jungen Staaten aus der Dritten Welt eingebunden.

    Die Hallstein-Doktrin sei kein diplomatischer Alleingang Bonns gewesen, meint Christoph Kleßmann. Die Bundesregierung habe ihre Außenpolitik mit den drei Westmächten USA, Großbritannien und Frankreich abgestimmt.

    " Es entsprach damals durchaus den Maximen der westlichen Außen- und Ostpolitik, dass die DDR auf keinen Fall anzuerkennen war. Das ist ja auch konsequent bis in die 70er Jahre so durchgehalten worden. "

    In seinem Buch über die Hallstein-Doktrin beschreibt Werner Kilian, wie die westdeutschen Botschaften bestrebt waren, der DDR in anderen Staaten möglichst wenig Spielraum zu lassen, und wie andererseits die Gleichstellung mit der Bundesrepublik zum Fixpunkt der DDR-Politik wurde.

    " Man wundert sich heute manchmal, welche personellen und finanziellen Mittel dafür bereit standen, die Politik des anderen deutschen Staates zu vereiteln. Kein Land der damals so genannten Dritten Welt war zu klein oder zu unbedeutend für den erbitterten Konkurrenzkampf der beiden Deutschlands. "

    1958 wurde das afrikanische Land Guinea unabhängig. Beide deutsche Staaten bemühten sich um Kontakte. Die DDR war zuerst vor Ort und eröffnete eine Handelsvertretung. Die Bundesregierung vergewisserte sich, dass Guinea die DDR nicht völkerrechtlich anerkannt hatte, und schickte dann einen Botschafter in die Hauptstadt Conakry, im Gepäck Zusagen, den afrikanischen Staat wirtschaftlich zu unterstützen.

    Dann entsandte Guinea 1960 einen Botschafter in die DDR. In Ost-Berlin wurde er als erster Botschafter aus einem nicht-sozialistischen Land mit allen Ehren empfangen. Die Bundesregierung erfuhr davon aus den Radionachrichten und beorderte sofort ihren Botschafter aus Conakry nach Hause.

    Überrascht von der harschen Reaktion Bonns, ruderte der Präsident Guineas, Sekou Tourè, zurück und bestritt, einen Botschafter in die DDR geschickt zu haben. Bonn war zufrieden, Ost-Berlin blamiert.

    Karl Eduard von Schnitzler, berüchtigter Kommentator des DDR-Rundfunks und -Fernsehens, beschimpfte die westdeutschen Politiker als "Mechaniker des Krieges".

    " Diese Hallstein-Doktrin und das Bonner Festhalten an ihr, die halsstarrige Nichtanerkennung der Existenz der DDR, das sind weitere Beweise für die aggressiven Absichten Bonns und diplomatisch-völkerrechtliche Bestandteile der Vorbereitung des Überfalls auf die DDR. "

    Die "Guinea-Kriese", wie sie im Auswärtigen Amt genannt wurde, war nur eine von vielen diplomatischen Possen und Absurditäten rund um die Hallstein-Doktrin. Je weniger die Bundesregierung für die Wiedervereinigung Deutschlands tun konnte, desto energischer versuchte sie jede Aufwertung der DDR auf internationaler Ebene zu verhindern. Konsequent angewendet wurde die Doktrin jedoch nur 1957 und 1963, als die Bundesrepublik die Beziehungen zu Jugoslawien und Kuba abbrach.

    Zahlreiche Staaten der Dritten Welt nutzten die Hallstein-Doktrin als Druckmittel, um von der Bundesregierung wirtschaftliche und finanzielle Hilfe zu fordern.
    Christoph Kleßmann:

    " Es gab natürlich viele Fälle, wo die Hallstein-Doktrin dann auch wirklichen Schaden angerichtet hat. Wenn man etwa an die Entwicklungsländer denkt. Die haben sehr erfolgreich auf dieser Klaviatur gespielt, die beiden Staaten gegeneinander auszuspielen, wenn sie Kredite haben wollten oder sonstige Vorteile. Und das hat eine ganze Weile funktioniert. "

    Im März 1964 fuhr eine Regierungsdelegation der DDR nach Südostasien und kam mit der Einsicht zurück, die Hallstein-Doktrin sei eine "völkerrechtliche Scheinkonstruktion". Von den grotesken Folgen berichtete der stellvertretende DDR-Außenminister Wolfgang Kiesewetter.

    " Selbstverständlich mit Zustimmung des indonesischen Außenministeriums war vor dem Hotel, in dem die Delegation wohnte, die Flagge der DDR aufgezogen. Eines Nachmittags hatte der Vertreter der Bonner Bundesrepublik, Herr Botschafter Weitz, über die Hoteldirektion veranlasst, dass die Flagge eingezogen wird. Zwei Stunden später war aufgrund unserer Vereinbarung mit dem indonesischen Außenministerium die Flagge wieder aufgezogen. "

    Das Auswärtige Amt ließ nicht nur politische Delegationen aus der DDR beobachten, sondern auch internationale Sportveranstaltungen. Bonns Diplomaten sollten verhindern, dass ostdeutsche Sportler mit Hymne und so genannter "Spalterflagge" auftraten.

    Wenn das Hissen der DDR-Fahne nicht zu vermeiden sei, hieß es 1962 in einem Erlass des Auswärtigen Amtes, lasse es sich notfalls vertreten, die Spalterflagge im Wald der Fahnen zu übersehen. Die Anweisung galt für jede, noch so unbedeutende Veranstaltung, schreibt der Autor Werner Kilian.

    " Der Wettkampf von Tontaubenschützen, das Treffen der internationalen Eisenbahnersportunion, die Konferenz europäischer Wasserballschiedsrichter mussten ebenso beobachtet werden wie das Fußballpokalspiel Leeds United gegen FC Bologna, bei dem drei Schiedsrichter aus der DDR amtierten. "

    Im Kampf um die nationalen Symbole gingen die Bonner Diplomaten freilich nicht immer als Sieger vom Feld. So hatte die Reise Walter Ulbrichts nach Ägypten im Februar 1965 alle Elemente eines Staatsbesuchs. Der Gast aus der DDR wurde in Kairo mit militärischen Ehren empfangen.

    " Walter Ulbricht stellt jetzt die Mitglieder die Regierungsdelegation vor, die mit ihm zusammen in die Vereinigte Arabische Republik gekommen sind. (Militärischer Salut, Hymne). Die Ehrenkompanie salutiert, es wird Meldung erstattet ... "

    Das französische Außenministerium bat die Kollegen in Bonn, nicht nachzumessen, ob der rote Teppich für Ulbricht einen halben Meter weniger breit als sonst üblich gewesen sei. Aber das Auswärtige Amt registrierte genau, welche Diplomaten in Kairo an Veranstaltungen zu Ehren Ulbrichts teilnahmen.

    Die DDR und Ägypten tauschten zwar keine Botschafter aus, dennoch sah Staatschef Walter Ulbricht Fortschritte im Ringen um internationale Anerkennung.

    " War schon die so genannte Hallstein-Doktrin in der älteren Hallstein-Zeit nicht sehr wirkungsvoll, so zeigt sich in der jüngeren Hallstein-Zeit, welcher Grad der Verkalkung und Erstarrung die Politik der verantwortlichen Stellen in Bonn bestimmt. "

    Als Antwort auf Ulbrichts Besuch am Nil kündigte Bundeskanzler Ludwig Erhard, CDU, im Mai 1965 an, diplomatische Beziehungen zu Israel aufzunehmen. Daraufhin brachen zehn arabischen Staaten mit Bonn, darunter Ägypten, Algerien, Jordanien und Saudi-Arabien. Die Bundesrepublik verlor an Glaubwürdigkeit und politischem Einfluss, der diplomatische Schaden hielt sich in Grenzen. Die DDR gewann keine einzige Botschaft im Nahen Osten, einige Länder eröffneten Generalkonsulate in Ost-Berlin.

    Erst 1969 erkannten Ägypten, Sudan, Syrien, Südjemen und Irak die DDR an – eine Reaktion darauf, dass Ost-Berlin im Nahostkonflikt Partei für die arabischen Staaten ergriffen hatte.

    Der irakische Informationsminister Abdallah Saum el Samarai erklärte in einem Interview:

    " Die Deutsche Demokratische Republik ist ein fortschrittlicher sozialistischer Staat. Die Haltung, die ihre Regierung gegenüber Imperialismus und Zionismus einnimmt, ist unbestechlich. Die DDR unterhält keine Beziehungen zu Israel, das zum Aggressor gegen die arabischen Staaten geworden ist. "

    Als CDU/CSU und SPD 1966 in Bonn regierten, änderte sich allmählich der Kurs im deutsch-deutschen Diplomaten-Krieg. Die große Koalition unter Kurt Georg Kiesinger und Willy Brandt betrachtete die Anerkennung der DDR zwar weiterhin als unfreundlichen Akt, verzichtete aber auf politische Konsequenzen. Die Hallstein-Doktrin wurde zusehends verwässert.

    Die SPD-FDP-Koalition brach schließlich mit dem Tabu, die DDR sei kein Staat. Bundeskanzler Willy Brandt ging darauf in seiner Regierungserklärung am 28. Oktober 1969 ein:

    "20 Jahre nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der DDR müssen wir ein weiteres Auseinanderleben der deutschen Nation verhindern, also versuchen, über ein geregeltes Nebeneinander zu einem Miteinander zu kommen. Eine völkerrechtliche Anerkennung der DDR durch die Bundesrepublik kann nicht in Betracht kommen. Auch wenn zwei deutsche Staaten existieren, sind sie doch füreinander nicht Ausland. Ihre Beziehungen zueinander können nur von besonderer Art sein. (Beifall). "

    Die neue Ostpolitik der Bundesregierung, als "Wandel durch Annäherung" apostrophiert, führte zu direkten Verhandlungen zwischen beiden deutschen Staaten und zu einem Grundlagenvertrag, in dem die Bundesrepublik zugestand, nicht mehr für alle Deutschen zu sprechen.

    Am 21. Dezember 1972 unterzeichneten die Staatssekretäre Egon Bahr und Michael Kohl die Protokolle und erklärten zu dem Vertrag:

    " Er trägt der völkerrechtlichen Situation in der Mitte Europas Rechnung, in der es zwei Staaten gibt, die sich deutsch nennen.
    Die DDR und die BRD erkennen mit diesem Vertrag gegenseitig uneingeschränkt die Souveränität und Unabhängigkeit des Vertragspartners und die Unverletzlichkeit der zwischen ihnen bestehenden Grenzen an. "

    War die Hallstein-Doktrin von Anfang an ein Irrweg gewesen? Oder war sie ein notwendiges, nützliches politisches Instrument der Bundesregierung? Immerhin konnte die ostdeutsche Regierung zwei Jahrzehnte lang, bis 1969, nicht ein einziges nichtkommunistisches Land überzeugen, die DDR formell anzuerkennen.
    Der Historiker Christoph Kleßmann:

    " Sie ist vom politischen Ansatz eine legitime Überlegung gewesen, sie ist dann aber zunehmend in absurdes Gelände geraten, wenn sie konsequent realisiert wurde, weil das so nicht durchzuhalten war. Erst als diese Einsicht sich eingestellt hat, dass der Schaden größer ist als der Nutzen, hat man dann auch sukzessive davon Abstand genommen. "

    Die Bilanz des früheren Diplomaten Werner Kilian: Die Hallstein-Doktrin sei weniger eine politische Maxime als eine "Art des von-oben-nach-unten-Sprechens" gewesen:

    " Eine Verordnungsweise, die zu einer Generation gehörte, die sich erst langsam von autoritären Denk- und Verhaltensmustern lösen konnte. Man wird fragen müssen, ob es nicht auch ohne die Drohgebärden der Hallstein-Dokrtin eine ebenso erfolgreiche Nichtanerkennungspolitik hätte geben können. Die Isolierung der DDR brachte die deutsche Einheit keinen Schritt näher und besserte nicht das Los der Menschen, die in ihr leben mussten. "

    Endgültig zu Grabe getragen wurde die Hallstein-Doktrin im September 1973, als der Präsident der UNO-Vollversammlung, Leopold Benites, die Aufnahme beider deutscher Staaten in die Vereinten Nationen verkündete.