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Geschichte der elektronischen Partnervermittlung
Algorithmen der Liebe

Parship, Tinder & Co. wollen der Liebe auf die Sprünge helfen - aber schon in den 1950er-Jahren waren in den USA Computer im Einsatz, um „einsame Herzen“ zu verbinden. Seitdem hat sich mit wissenschaftlicher Unterstützung das Dating-Fieber ausgebreitet und erlebt in Corona-Zeiten einen neuen Höhepunkt.

Von Dörte Hinrichs |
Ein rotes Herz aus Stoff liegt auf der Tastatur eines Notebooks.
Schon in den 1950er-Jahren spielten Computer Amor und versuchten aus einer Datenbank mit über 30.000 Partnersuchenden, perfekte Treffer zu landen. (dpa / Thomas Eisenhuth)
"Ich habe meinen Fragebogen vor ungefähr zwei Monaten ausgefüllt und dann neun Vorschläge bekommen. Zwei habe ich angerufen, die sind sehr nett."
In einer BBC-Reportage von 1968 erzählt ein junger Mann auf einer Computer-Match-Party von seinen ersten Erfahrungen mit dieser neuen Form des Datings. Nachdem er den Fragebogen einer Partnerschaftsvermittlung ausgefüllt hatte, spuckte der Rechner neun Namen von passenden Frauen aus und schickte ihm, damals noch mit analoger Post, die Kontaktdaten der Damen. Und auch diese vertrauten der neuen Technik, um der Liebe auf die Sprünge zu helfen:
"Der Computer Nr. 3 sucht für mich den richtigen Boy. Und die Liebe ist garantiert für beide dabei."
Die französische Schlagersängerin France Gall schwärmte 1968 vom Computer Nr. 3 und belegte damit den dritten Platz beim Deutschen Schlager-Wettbewerb in Berlin. Sie traf den damaligen Zeitgeist, denn die Euphorie um das Single-Dating mit Computerunterstützung war groß. Die Frauenzeitschrift "Constanze" berichtete im Mai 1967 über "Ehepartner aus dem Automaten". Und die Hamburger Firma Altmann hatte sich im selben Jahr ganz auf die boomende elektronische Eheanbahnung verlegt.

US-Wissenschaftler im Dienst der Liebe

Ein IBM-Computer spielte Amor und versuchte aus einer Datenbank mit über 30.000 Partnersuchenden, denen jeweils mehr als 130 Merkmale zugeordnet waren, Treffer zu landen. Streng nach wissenschaftlichen Kriterien, wie man betonte, denn im Beirat des Instituts saßen Psychologen, Pädagogen und Bevölkerungswissenschaftler. Sie waren nicht die ersten, die nach Parametern für das Liebesglück suchten:
"Im Grunde gab es bereits in den 30er-Jahren ein großes wissenschaftliches Interesse an der Partnerwahl und an den Paarbeziehungen. In den USA haben da vor allem Soziologen und Psychologen die Grundsätze einer glücklichen, das hieß vor allem langhaltenden Ehe untersucht", sagt Dr. Michael Homberg vom Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam.
"Die Frage war auch von besonderem Interesse vor allem in den USA, weil die Scheidungsrate massiv angestiegen war. In dem Zusammenhang gab es dann verschiedene Psychologen, die sich mit Fragebögen den Probandinnen und Probanden genähert haben, nämlich den Eheleuten, und versucht haben zu ergründen, was eigentlich das Geheimnis einer erfolgreichen Ehe ist."
Einer von Ihnen war der Soziologe Karl Miles Wallace vom Los Angeles State College:
"Karl Miles Wallace hob dort 1948 einen ‚Club der einsamen Herzen‘ aus der Taufe. Das war ein großer Feldversuch über sechseinhalb Jahre, in dem insgesamt 6.000 Personen zusammengebracht wurden, um die Dynamiken der modernen Partnersuche damals zu erforschen. Und Wallace interessierte sich für die sozioökonomischen Hintergründe und auch die charakterlichen Dispositionen der Singles, also für die Frage, was hier eigentlich an den Partnerinnen und Partnern reizte."

Neue Technik - alte Geschlechterrollen

Das Ergebnis: Jede Menge Forschungsdaten. "Um der Vielzahl an Informationen Herr zu werden, also der Interviews, Fragebögen und Persönlichkeitstests, ließ er all diese Daten in maschinenlesbare Daten übersetzen, die ein Lochkartenleser dann auswertete."
Michael Homberg hat die Anfänge der elektronischen Partnervermittlung in den USA und Westeuropa untersucht. Lange vor Parship und Tinder wurde der Computer als Elektronen-Amor eingesetzt. Die ersten waren noch groß wie Busse, mit tausenden Lochkarten als Datenspeicher. Die Lochkarten für Männer waren blau, die für Frauen rosa. Und auch sonst reproduzierte die Partnerwahl per Computer in den 50er-Jahren konventionelle Geschlechterbilder.
"So gab's in der Regel die Vorstellung vom Mann als Alleinverdiener, vom Mann als Brotverdiener, der eine sich um Heim und Herd kümmernde Frau sucht. Zu den Glaubenssätzen der Agenturen dieser Jahre zählte dann auch, dass zum Beispiel in einer erfolgreichen Ehe der Mann unbedingt größer und älter sein, mehr verdienen und am besten auch einen höheren Grad an Bildung besitzen müsse als seine Partnerin."
Auch in der Praxis des Datings spiegelten sich traditionelle Rollenerwartungen wieder. Michael Homberg: "So verschickten Computer Büros in aller Regel eine Liste mit Namen und Telefonnummern potenzieller Partner üblicherweise nur an die männlichen Kunden. Frauen wurden dann lediglich benachrichtigt, dass sie sich in der nächsten Zeit zum Beispiel werktags zwischen 19 und 21 Uhr bereithalten sollen für die Anrufe ihrer möglichen Partner."

Kirchen kritisieren elektronische Partnervermittlung

Ein neuer Heirats- und Partnermarkt hatte sich aufgetan, der für die einen eine willkommene Horizonterweiterung bei der Partnersuche war, für andere eine unromantische Kontaktanbahnung. Insbesondere die Kirchen wollten die Paarfindung lieber der göttlichen Fügung als einem Algorithmus überlassen - gleichzeitig engagierten sie sich selbst auf dem Markt der Eheanbahnung. Der neue Service der elektronischen Partnervermittlung fiel vor allem in den amerikanischen Großstädten auf fruchtbaren Boden.
In New York, der Stadt der einsamen Herzen, erfreute sich das Dating nach elektronischer Vorauswahl enormer Beliebtheit – vorausgesetzt, man konnte sich den Service leisten.
Szene aus der Kömödie "For Singles only" - ein gutaussehender Mann sitzt auf einem Sofa unter einem Schild an der Wand: "Happiness Inc. - We'll find your mate"
In der Filmkomödie "For Singles only" aus dem Jahr 1968 sind alle Protagonisten auf Partnersuche (www.imago-images.de/Courtesy Everett Collection )

Exklusiver Service für Besserverdienende

"Ganz am Anfang in den USA der 50er-Jahre war der typische Kunde oder die typische Kundin eines Büros in Manhattan, weiß, protestantisch, zwischen Ende 20 und Mitte 50, überdurchschnittlich gebildet, verfügte über einen Hochschulabschluss und auch ein höheres Einkommen. Das waren also Ärzte, Anwälte und Ingenieure und das Computer-Dating war damit letztlich ein Service für Besserverdienende."
Und hier blieb man gerne unter sich: die Algorithmen zielten darauf ab, keine Verbindungen über religiöse, ethnische oder soziale Grenzen hinweg zu stiften. Damit sich Mr. und Mrs. Right finden konnten, mussten die Teilnehmer Fragen nach der Konfession, der politischen Einstellung, der Bildung, dem Einkommen und den Hobbies beantworten. Aber auch intimere Fragen wurden gestellt, zum Beispiel nach ihrer Haltung zu Sex vor der Heirat und ob romantische Liebe für eine erfolgreiche Ehe wichtig sei.

Gleich und gleich gesellt sich gern

Je mehr Übereinstimmungen es gab, umso besser sollte das Paar zusammenpassen. Eine Theorie, die auch aktuellen wissenschaftlichen Überprüfungen standhält:
"Es gibt natürlich sehr, sehr viele und unterschiedliche Theorien, aber die, die am besten und am häufigsten positiv untersucht wurde, ist tatsächlich die Homophilie-These."
Sagt Wera Aretz, Professorin für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Fresenius für Wirtschaft und Medien in Köln. "Gleich und Gleich gesellt sich gern", lautet demnach die Erfolgsformel für glückliche Paare.
"Es gibt sogenannte Metaanalysen, die auch tatsächlich zeigen, dass also Paare, die langfristig zusammen sind, eben insbesondere an 'Top eins' ähnliche Normen und Werthaltungen haben. Eine gewisse physische Attraktivität, Intelligenz, die nicht ganz so stark voneinander abweicht. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Das heißt, manchmal ist es auch so, dass Partner besonders glücklich und zufrieden sind, die sich auch in einzelnen Bereichen voneinander unterscheiden."

Dating-Fieber der 1960er-Jahre

Die Welle der Partnervermittlung per Computer schwappte Mitte der 60er-Jahre über den Atlantik nach Europa. Auch hier brach nun das Dating-Fieber aus.
"Liebe per Computer – Twen sucht für Sie den idealen Partner" verkündete 1967 das Münchner Jugendmagazin. Es versprach ein "wegweisendes wissenschaftliches Abenteuer".
In der Dokumentation "Liebe per Computer" vom 18. März 1968 gibt der WDR einen Einblick in das Experiment von "Twen":
"Diese Gruppen von Frauen, die wir jetzt also alle im Kernspeicher drin haben, die vergleichen wir mit den Männern. So holen wir einen Mann nach dem anderen rein, vergleichen ihn mit der Unzahl von Frauen."

Die "Twen"-Aktion "Rendez-vous 67"

Bei der ersten "Twen"-Aktion "Rendez-vous 67" machten über 25.000 Frauen und Männer mit, darunter auch Sigrid Breitrück und Markus Krämer aus Mühlheim an der Ruhr.
"Wir fanden es witzig. Das war so das erste Mal, dass es sowas irgendwie gab. Und wir waren jung, also auf die Idee, dass man per Anzeige oder so jemanden kennenlernt, also das war weit ab von jeglicher Vorstellung. Ich glaube, das war so, dass der Fragebogen da eingeheftet war oder beigelegt war in die Zeitschrift, und da haben wir gedacht, könnte doch ganz witzig sein, daran teilzunehmen."
Sigrid stand damals kurz vor dem Abitur, Markus studierte bereits Theologie. "Es waren, glaube ich, recht umfangreiche Fragen. Wir haben das auch nicht zusammen ausgefüllt, sondern jeder für sich."
Die beiden Twen-Leser waren da längst ein Paar. Doch sie wollten den Computer herausfordern – und die Logik der Algorithmen bei der Partnerwahl testen.
"Und ich kriegte einen Brief, und da stand drin, dass sie jemanden gefunden hätten, der also zu mir passen würde. Und das war Markus. Ich hatte nur diesen einen Namen. Nur Markus."
"Ich bekam auch zur selben Zeit also einen Brief, und da waren zwei Frauen genannt und Sigrid rangierte da an zweiter Stelle. An erster Stelle war eine andere Frau, ich glaube aus dem Ruhrgebiet, ich meine, dass ich die mal angerufen habe oder aus Höflichkeit ein paar Zeilen geschrieben habe. Und wir machen manchmal so den Joke, dass Sigrid sozusagen die zweite Wahl ist. Was natürlich völlig absurd ist."
War Markus gar nicht neugierig, die erste Wahl kennenzulernen? "Nein, ich war viel zu verliebt in Sigrid."

Partner fürs Leben oder nur ein Flirt?

Vor zwei Jahren haben Sigrid und Markus Krämer ihre goldene Hochzeit gefeiert. Dabei ging es 1968, als sie geheiratet haben, anderen nicht unbedingt darum, per Computervermittlung den Mann oder die Frau fürs Leben zu finden, sondern auch lockere Freundschaften oder Flirts. Hier spiegelte sich der damalige Wertewandel wider – während zugleich die Suche nach Sicherheit und der Wunsch nach Heirat durchaus die Ambivalenzen der 68er-Revolution zeigte, so der Historiker Michael Homberg. Und auch die Kritik an der Ökonomisierung des Partnermarktes und der Rationalisierung der Liebe wurde schon in den 60er-Jahren laut.
"Im Grunde war aber bis Mitte der 70er-Jahre die Euphorie um das Computer-Dating relativ ungebrochen. Erst als dann zusehends Debatten aufkamen, rund um horrende Gebühren oder Pannen und Fehlzuordnungen des Computers, schrumpfte das Vertrauen in die vermeintlich kühle Logik des Computers. Und dann gab es eben auch Probleme mit der Verletzung von Privatsphäre und Datenschutz. Da rückten die Computer Dating-Agenturen zusehends in den Fokus der Kritik."
(Historisches Foto: Ein Mann hält einen Telefonhörer und blickt auf den Prototyp eines BTX-Terminals. Ausstellung  im Nürnberger Verkehrsmuseum "100 Jahre Telefon in Bayern" am 3. Mai 1983.
Von wegen nackte Tatsachen - in den alten BTX-Zeiten war für "intime Kommunikation" noch eine Menge Fantasie nötig (dpa)

Singles im Dschungel der Online-Dating-Angebote

1981 landete die Gruppe "Kraftwerk" mit "Computerliebe" einen Hit. In dieser Zeit erlaubten Videotextsysteme wie BTX intime Kommunikation in Chatrooms und Singlebörsen drängten auf den Markt. Längst haben sich durch das Internet die Möglichkeiten der elektronischen Partnersuche vervielfacht. Entstanden ist ein gigantischer Markt, der heute um die Gunst der über 17 Millionen Singles in Deutschland buhlt.
"Was in der Wissenschaft seinerzeit immer so ein bisschen kurz gekommen ist, ist die Unterscheidung von verschiedenen Online-Dating-Portalen. Und wichtig ist, sich nun mal zu verdeutlichen, dass Online-Dating nicht gleich Online-Dating ist", betont die Wirtschaftspsychologin Wera Aretz.
"Gemeinhin wird ja unterschieden zwischen Online-Partnervermittlungen, Online-Kontakt-Börsen, Social Dating und Adult-Dating. Und diese Angebote kann man danach unterscheiden, ob sie erst einmal kostenpflichtig oder für den Nutzer mit keinen Kosten verbunden sind. Inwieweit Algorithmen verwendet werden und ein Matchmaking-System, also passende Partnervorschläge gemacht werden, letzten Endes nach der Zielgruppe, die angesprochen wird und ob sozusagen unterschiedliche Interessen vorliegen."
Auf Online-Kontaktbörsen wie etwa Love-Scout24, Neu.de oder Finja kann man sich kostenlos mit einem eigenen Steckbrief präsentieren und auch gezielt die Profile potentieller Partner studieren. Anders funktioniert es bei kostenpflichtigen Online- Partnervermittlungen wie zum Beispiel Parship und Elite-Partner. Dort sind die Antworten eines umfangreichen Fragebogens Grundlage für ein Matching von Persönlichkeitsmerkmalen, Interessen, Vorlieben und Meinungen. Wera Aretz und ihr Team an der Hochschule Fresenius für Wirtschaft und Medien in Köln haben 2017 untersucht, wie sich die Motive der verschiedenen Portalbesucher unterscheiden:
"Währenddessen Online-Partnervermittlungs-Nutzer eher sagen, dass sie auf der Suche nach einer festen Beziehung sind, der Liebe fürs Leben, ist es bei Online-Kontaktbörsen eher so, dass der Flirt im Vordergrund steht."

"Love me tinder"

Und dann gibt es noch die Nutzer von Tinder oder Lavoo zum Beispiel, Social Dating-Angebote, die etwa mit einem Facebook-Account verbunden und GPS basiert sind, und die überwiegend von 20- bis 30-Jährigen genutzt werden. Mit einer Wischbewegung auf dem Smartphone nach links - Flop - oder nach rechts - Top - wird auf das vorgeschlagene Profilfoto reagiert. Wera Aretz:
"Bei Social Dating ist es sogar so, dass die Probanden gesagt haben, na ja, es geht da auch so ein bisschen um digitalen Zeitvertreib und nicht immer unbedingt um ein reales Gegenüber und bei Adult-Angeboten, wie man das vermuten lässt, eben um die Generierung sexueller Kontakte."
Blick in die Sonderausstellung der Kunsthalle Bremen "What is Love? Von Amor bis Tinder." veranstaltet vom 7. Juli bis 21. Oktober 2018. Die Exponate befassen sich mit Liebe, Partnerschaft, Erotik, Schönheit und Narzissmus und behandeln auch das Online-Dating mit der App Tinder. Im Vordergrund eine Skulptur von Adolf Steinhäuser (ohne Jahresangabe), die den Liebesgott Amor darstellt. 
Was ist Liebe? Zwischen dem Pfeile schießenden Liebesgott und der systematischen Online-Partnersuche liegen Welten. Oder nicht? (imago stock&people/Eckhard Stengel)

Fluch und Segen der Angebotsvielfalt

Viele Singles sind sogar auf mehreren Plattformen gleichzeitig aktiv. Das hatte auch schon der Frankfurter Soziologe Dr. Kai Dröge beobachtet, der mit seinem Kollegen Olivier Voirol aus der Schweiz vor sechs Jahren dort eine qualitative Studie durchgeführt hat.
"Wir haben schon traurigerweise viele auch in unseren Interviews gehabt, die irgendwie über Jahre von einem Kontakt zum nächsten gehen und einfach irgendwie nicht es schaffen und auch sehr frustriert sind, sich irgendwie mal auf eine Person wirklich festzulegen, weil immer diese riesige Auswahl lockt. Und man könnte ja noch was Besseres finden und die kleinste Frustration mit jemandem dazu führt, dass man wieder den Kontakt abbricht oder die andere Person bricht den Kontakt ab und so weiter."
Man kann sich im Netz der Online-Dating-Portale verlieren - oder die Vorauswahl als Chance begreifen:
"Und da kommen jetzt wieder Algorithmen ein Stück weit ins Spiel, indem sie wie bei Tinder zum Beispiel - ohne dass wir so genau verstehen, nach welchen Kriterien - aber im Hintergrund schon mal vorselektieren, welches Bild uns überhaupt angezeigt wird, und uns damit ein bisschen diese gigantische Auswahl ein Stück weit reduzieren und handhabbarer machen."
Es ist eine Art Rasterfahndung nach dem idealen Flirt oder der großen Liebe. Dabei sind zunächst Foto und Alter die Hauptselektionskriterien, haben die Forscher ermittelt.

Undurchsichtige Algorithmen

Die Anbieter der verschiedenen Partnervermittlungs-Plattformen lassen sich nicht in die Karten gucken, nach welchen Kriterien genau ihr Algorithmus funktioniert. Und wenn der aufgrund seiner Berechnung zu einer Übereinstimmung von 80 Prozent mit einer anderen Person kommt- was zum Beispiel laut Parship ideal wäre, alles darüber hinaus droht langweilig zu werden - wäre dieses Matching dann die Grundlage für eine glückliche Beziehung? Wera Aretz:
"Inwieweit es zu einer wirklichen Passung kommt, ich glaube, das zeigt dann das reale Leben. Der Algorithmus sozusagen kann nicht riechen, kann nicht schmecken, also weitere Merkmale, die auch für die physische Attraktion wichtig sind, das kann sozusagen auf Basis der Technik allein natürlich nicht prognostiziert werden."
Eine Hand hält ein Smartphone mit der Tinderapp; angezeigt wird dort gerade eine blonde Frau mit Corona-Schutzmaske
Online-Dating boomt in Corona-Zeiten. Ein Kontaktbild mit Schutzmaske ist allerdings nur bedingt empfehlenswert. (www.imago-images.de/Riccardo Milani)

Boomendes Online-Dating in Corona-Zeiten

Viele Online-Dating-Portale haben seit Beginn der Corona-Pandemie Rekordzuwächse verzeichnet. In Zeiten von Kontaktbeschränkungen im analogen Leben hat das Bedürfnis nach Begegnung im Internet enorm zugenommen. Von Anfang Mai bis Ende Juni 2020 hat Wera Aretz mit ihrem Team knapp 1.000 Online-Dating-Nutzer gefragt, inwieweit sich ihre Partnersuche im Netz dadurch verändert hat:
"Das heißt, dass sie gesagt haben, einerseits, ich komme im Moment viel einfacher mit anderen Personen in Kontakt. Und die Themen, über die wir reden, sind nicht so klassische Smalltalk Themen. Es geht um coronabedingte Stressoren, um die Frage. wie geht man mit dieser besonderen Situation um? Aber auch, welche Werte und Einstellungen hat man überhaupt?"

Matchmaking im Dienste der Familienplanung

Die neueste Meldung zur Weiterentwicklung der elektronischen Partnervermittlung kommt aus Japan: Weil dort immer weniger Kinder zur Welt kommen, will die Regierung ab 2021 umgerechnet knapp 16 Millionen Euro in lokale Partnersuchdienste investieren. Damit sollen besonders "Matchmaker"-Programme unterstützt und ausgebaut werden, die mit künstlicher Intelligenz arbeiten. Nicht nur Alter und Einkommen, wie bisher, sondern beispielsweise auch Hobbys und Werte könnten dann berücksichtigt werden. Ob sich dadurch mehr Paare finden, die dann auch das Nachwuchsproblem lösen, wird sich zeigen. Die Suche nach den "Algorithmen der Liebe"; sie ist und bleibt eine Herausforderung, auch wenn France Gall 1968 schon verkündete:
"Der Computer Nr. 3 sucht für mich den richtigen Boy. Und die Liebe ist garantiert für beide dabei."