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Geschlechtergerechtigkeit in den Medien
Gender Pay Gap

Über Lohnungleichheit - neudeutsch "Gender Pay Gap" wurde lange nicht gesprochen. Das ändert sich langsam - auch dank eines neuen Gesetzes. Allerdings wirkt der Gender Pay Gap weiter fort. Frauen werden noch immer branchenübergreifend deutlich schlechter bezahlt als Männer. Auch in den Medien.

Von Pauline Tillmann |
    Equal Pay Day in New York Activists, community leaders, union members and politicians gather on the steps of City Hall in New York on Tuesday, April 10, 2018 to rally against pay disparity on the 12th annual Equal Pay Day. Women on average earn 89 cents for every dollar her male counterpart earns. The activists, besides working for wage parity, are calling for action in regards to a salary history ban, fair wages for tipped employees, sexual harassment policies and other issues.
    Ein Bewusstsein für Lohnungerechtigkeit ist nicht zuletzt dem "Equal Pay Day" zu verdanken, der in diesem Jahr zum elften Mal stattfand. (imago stock&people/ Richard Levine)
    "Dann müssen wir halt was tun. Ich bin so sehr dagegen, sich dann zurückzuziehen, sondern da muss Pragmatismus her. Wir müssen sagen: Okay, dann müssen wir es jetzt lernen. Da müssen Workshops her, da müssen wir natürlich über Geld lernen und verhandeln lernen, uns das beibringen, uns ermächtigen. Und wahrscheinlich auch großkotziger sein. Das ist wahrscheinlich auch ganz entscheidend, dass man mal großkotziger wird, als Frau."
    "Das größte Gefälle ist da, wo frei verhandelt wird"
    Silke Burmester wird zwar aufgrund ihrer Bekanntheit relativ gut bezahlt - seit kurzem hat sie sogar die Redaktionsleitung des Springer-Magazins "Die DAME" übernommen, was durchaus lukrativ sein dürfte. Aber vor niedrigeren Honoraren ist auch sie nicht gefeit.
    "Ich habe allerdings in der Tat ausgerechnet bei der taz genau so ein beschissenes Erlebnis gehabt, nämlich festzustellen, dass der Kollege für den gleichen Kolumnenplatz deutlich mehr Geld bekommen hat, als ich es damals habe. Und dann hieß es, er hat besser verhandelt. Und das bei der taz – hätte ich nicht gedacht, da war ich überrascht. Normalerweise haben sie Einheitsgehälter, aber bei Kolumnen konnte man dann doch verhandeln."
    Gerade in den Medien gibt es große Lohngefälle - zwischen festen und freien Journalisten, zwischen Print und Online, zwischen Tageszeitungen und Magazinen, zwischen Radio und Fernsehen. Angelika Knop aus München ist seit 25 Jahren freie Journalistin und regelmäßig als Moderatorin und Dozentin im Einsatz:
    "Das größte Gefälle ist da, wo die Honorare und Gehälter völlig frei verhandelt werden. Frauen verhandeln schlechter, ihnen wird aber auch von Haus aus weniger angeboten. Es gibt sogar Untersuchungen, die belegen, dass sogar Frauen Frauen schlechtere Löhne und Honorare anbieten."
    Darüber reden, was gezahlt wird
    Verlässliche Daten für die Lohnungleichheit in den Medien sind allerdings gar nicht so leicht zu finden. Eine der wenigen Untersuchungen stammt von der Künstlersozialkasse, kurz KSK, die besagt, dass eine freie Journalistin bis zu 25 Prozent schlechter bezahlt wird als ihr männliches Pendant.
    "Wir müssten mehr miteinander reden, Männer und Frauen, darüber was gezahlt wird. Und wir müssten uns darauf verständigen, dass wir gemeinsam die tendenziell eher sinkenden Löhne in dieser Branche hochhalten wollen und dass es für ein faires Zusammenleben in Ordnung ist, wenn wir gleich verdienen."
    Deshalb sollten sich Frauen, wenn es nach Angelika Knop geht, vorher genau überlegen, was sie verdienen wollen, und sich bestenfalls Informationen von männlichen Kollegen einholen, um einen guten Preis zu erzielen. Dass es inzwischen überhaupt ein Bewusstsein für Lohnungerechtigkeit gibt, ist nicht zuletzt dem "Equal Pay Day" zu verdanken, der in diesem Jahr zum elften Mal stattfand. Eine der Initiatorinnen war Henrike von Platen:
    "Ich brauche irgendeine Motivation von außen, die mir sagt - und das kommt immer mehr: 'Hey du, Unternehmen, die fair bezahlen, die stehen viel besser da. Die kriegen die Fachkräfte viel besser.' Es wird so eine Art Employer-Branding mittlerweile auch - nicht nur das Thema Vereinbarkeit, sondern auch das Thema Geld. Und das ist jetzt plötzlich so eine von außen angeschobene Motivation, weil sie merken, sie bekommen sonst nicht mehr die, die sie wollen."
    Ein Gesetz sorgt für Transparenz
    Inzwischen hat Henrike von Platen das "Fair Pay Innovation Lab" gegründet. Sie sagt, es sei eine große Errungenschaft, dass wir uns nicht nur an einem Aktionstag mit gleicher Bezahlung beschäftigen, sondern das ganze Jahr über. Und seit Januar gibt es sogar ein eigenes Gesetz, das sogenannte "Entgelttransparenzgesetz", das für Firmen ab 200 Beschäftige gilt. Das heißt, jetzt kann theoretisch jeder in Erfahrung bringen, wie viel Geld ein Mann für die gleiche Arbeit bekommt. Dazu Unternehmensberaterin Henrike von Platen:
    "Grundsätzlich finde ich es super, dass es jetzt ein Gesetz gibt und ich hoffe, dass es dazu führt, dass es jetzt mehr Transparenz gibt. Also Tabubruch, über Geld sprechen, das sollte damit passieren. Vielleicht ein Punkt auch: Wenn man sich überlegt, was passiert in den Unternehmen, wenn eine Anfrage gestellt wird? Dann kommt der Betriebsrat, der Chef und ähnliches. Die müssen sich mit ihren Zahlen auseinandersetzen. Diejenigen, die sich vorher mit ihrer Entgeltstruktur vielleicht noch nie auseinandergesetzt hatten, tun das - durch die Person, die eben den Auskunftsanspruch geltend gemacht hat. Und das bewirkt etwas bei den Personen, weil wir ja wissen, dass wenn sie wissen, sie haben doch eine Lücke bei sich im Haus, die meisten dann aktiv werden. Das heißt, das ist wie so ein Warnfinger, der aber nur eintritt, wenn auch die Frage kommt."
    Allerdings findet sie das Gesetz an vielen Stellen zu lasch. So drohen den Firmen bei Lohnungleichheit keinerlei Konsequenzen wie zum Beispiel Sanktionen vonseiten des Staates. Das heißt, mit dem neuen Gesetz geht es lediglich um Transparenz - aber allein damit wäre laut Henrike von Platen schon sehr viel gewonnen.