Das Thema Menschenrechte liegt Kay Bandermann schon lange am Herzen. Er arbeitet als freier Journalist unter anderem für den WDR und andere öffentlich-rechtliche Sender – und ist Vorsitzender des Pressevereins Ruhr. Privat engagiert er sich außerdem schon seit Jahrzehnten bei der Organisation Amnesty International.
Schnell war er dort für die Pressearbeit seiner lokalen Gruppe zuständig, erzählt er - "und hab dann meinen Kollegen in den Redaktionen mit Pressemitteilungen und anderen Dingen zugearbeitet. Dann sagte aber plötzlich die Redaktion, das war eine lokale Tageszeitungsredaktion: Wenn Du doch bei Amnesty International bist und all die Themen und Fakten kennst, dann bist Du doch der Beste, der für die Zeitung den Artikel schreiben kann."
Für Bandermann kam das allerdings nicht in Frage: "Da habe ich dann gestutzt und gesagt: Nein, das möchte ich nicht. Denn ich fühle mich da befangen in gewisser Hinsicht. Und vor allem finde ich es nicht fair und transparent den Leserinnen und Lesern der Tageszeitung gegenüber. Das hat keiner verstanden. In der Redaktion hat man das nicht verstanden. Und meine Amnesty-Freunde sagten auch: Das ist schade. Dann hätten wir doch einen tollen Artikel von Dir in der Zeitung gelesen. Aber ich wollte das nicht."
Journalistische Arbeit und Engagement trennen
Tatsächlich war es aber wohl die richtige Entscheidung, findet auch Sigrun Rottmann, die an der Technischen Universität Dortmund Journalistik unterrichtet. Die journalistische Arbeit und das gesellschaftliche oder politische Engagement sollten unbedingt sauber getrennt werden, sagt Rottmann.
"Weil wir nicht davon ausgehen können, dass selbst die integersten Journalistinnen und Journalisten über das, wofür sie sich engagieren und wofür sie brennen, unvoreingenommen berichten können. Insofern bin ich total dafür, dass sie beides tun, wenn sie es möchten. Nur ich finde, sie sollten es nicht beides miteinander vermischen."
Die wichtigste Grundregel ist für Rottmann deshalb: Auf keinen Fall über Organisationen berichten, bei denen ich selbst Mitglied bin oder für die ich arbeite.
So hält es auch die Berliner Journalistin Leonie Sontheimer, die unter anderem für die "taz" und den öffentlich-rechtlichen Jugendkanal FUNK arbeitet. Sie ist schon seit ihren Teenager-Tagen bei Greenpeace aktiv. Berichte über Greenpeace oder Greenpeace-Aktionen sind für sie deshalb tabu.
Auch ansonsten versucht Sontheimer, ihren Beruf und das Engagement in der Umweltbewegung zu trennen: "Bevor ich zu einer Demo gehe, entscheide ich, gehe ich da jetzt privat hin oder gehe ich als Journalistin hin. Und dann verhalte ich mich auch dementsprechend. Ich war jetzt in den letzten Tagen mit bei dem Protestmarsch zum Weltwirtschaftsforum nach Davos, bin zwei Tage mitgelaufen. Und da bin ich eigentlich die größte Zeit vornweg gelaufen und hab gefilmt. Also das war ganz klar, dass ich da nicht teilgenommen habe als Protestierende."
Vom Netzaktivisten zum Journalisten
So ähnlich geht es auch Markus Beckedahl. Er ist Gründer des Online-Nachrichtenportals Netzpolitik.org und sieht sich heute ganz klar als Journalist – auch wenn er vor vielen Jahren mal als bloggender Netzaktivist gestartet sei. Doch das ist lange her. Inzwischen orientiere er sich bei seiner Arbeit am Pressekodex und am journalistischen Handwerk.
Andererseits wird er immer wieder auch als Experte angefragt und saß sogar schon als Sachverständiger in einer Enquete-Kommission des Bundestages, erzählt Beckedahl: "Was dann manchmal zu Situationen führt, dass ich auf der einen Seite über politische Prozesse berichte, auf der anderen Seite aber auch dann wiederum meine Expertise eingeholt wird von anderen Medien, das bei denen einzuordnen, oder aber von der Politik über Stellungnahmen oder Debatten dran teilzunehmen."
Mit dieser Doppelrolle gehe er aber transparent um, sagt Beckedahl – beispielsweise mit einem kurzen Hinweis im Artikel.
"Höhere Sensibilität für dieses Thema"
Auch für Journalistik-Dozentin Sigrun Rottmann ist in solchen Fällen Transparenz entscheidend. Und hier seien viele Medien tatsächlich auf einem guten Weg – nicht nur bei ganz klaren Interessenkonflikten, sagt Rottmann.
"Dass zum Beispiel bei einigen Magazinen jetzt unter den Artikeln der Name mit einem kleinen Bild und ein paar Informationen über diesen Autor/Autorin steht, warum sie sich überhaupt für dieses Thema interessieren. Ich habe den Eindruck, dass sich das weiterentwickelt, und dass da immer mehr auch drauf geachtet wird. Grundsätzlich gibt es da eine höhere Sensibilität für dieses Thema."