Wer Falschinformationen im Netz in Umlauf bringt, bekommt künftig Schwierigkeiten: Vorgesehen ist, Inhalte zu sperren und Geldstrafen zu verhängen. Sie können für Privatpersonen bis zu 1.350 Euro betragen. Weit höher sollen die Strafen ausfallen für Organisationen und Institutionen, für Wiederholungsfälle und dann, wenn von den Falschinformationen Gefahr unter anderem für wichtige Infrastrukturen, Finanzinstitutionen oder die Gesellschaft ausgeht. Als höchste Summe werden rund 20.000 Euro genannt.
Zwei Bedingungen für Strafbarkeit
Im DumaTV, einem Youtube-Kanal des russischen Parlaments, erklärt der Abgeordnete Dmitrij Wjatkin, wen das Gesetz betreffen soll: "Das können Fälle sein, in denen natürliche oder juristische Personen, Ausländer oder Bürger der Russischen Föderation bewusst unglaubwürdige Informationen verbreiten und sich dabei darüber im Klaren sind, dass diese Informationen durch nichts belegt sind."
Der Entwurf nennt eine zweite Bedingung für die Strafbarkeit: die sogenannte gesellschaftliche Relevanz. "Informationen für die Gesellschaft können solche sein, die tatsächlich wichtig für die Gesellschaft sind, wichtig für soziale Prozesse, die in unserem Staat vor sich gehen." Wjatkin ist Abgeordneter der Fraktion von Einiges Russland, der Partei, die die Politik von Regierung und Präsident praktisch jederzeit bedingungslos unterstützt.
Viele unklare Begriffe
Die Formulierungen sowohl dieses Abgeordneten als auch des Gesetzentwurfs selbst enthalten viele unbestimmte Begriffe. So bleibt unscharf, was genau Falschinformationen sind und vor allem, worin ihre gesellschaftliche Relevanz bestehen kann. Aus Einschätzungen verschiedener Parlamentarier geht hervor, dass ein Fokus wohl auf Informationen liegen wird, die dazu geeignet sind, soziale Spannungen zu verstärken oder Proteste hervorzurufen. Das Gesetz zielt auf Internetseiten und Publikationen im Netz, egal, ob auf Blogs, Nachrichtenseiten oder in sozialen Netzwerken. Für sogenannte "traditionelle Medien", also alle mit einer Lizenz der Aufsichtsbehörde, gelten andere Gesetze.
Als eine Begründung für die neuen Regeln wird häufig ein Vorkommnis von vor gut einem Jahr genannt: Damals kamen bei einem Großbrand in einem Einkaufszentrum im sibirischen Kemerowo 60 Menschen ums Leben, darunter viele Kinder. Ein Ukrainer hatte damals Gerüchte gestreut, die sich später als falsch herausstellten. Journalisten, Publizisten und Menschenrechtler befürchten allerdings, dass die ungenauen Begriffe der Staatsmacht bei Bedarf auch dazu dienen können, missliebige Äußerungen im Netz zu unterbinden – oder mindestens Furcht vor Bestrafung zu verbreiten.
Mehrere tausend Netzsperren pro Jahr
Klar ist, dass die Entscheidung über Netzsperren und Geldstrafen letztlich die Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor trifft, die nur eine kurze Vorwarnzeit einräumen muss. Wer einen Post dann nicht löscht, wird blockiert und muss womöglich Strafe zahlen. Die Zustimmung eines Richters ist nicht nötig. In Russland werden von verschiedenen Behörden jährlich mehrere tausend Netzsperren verhängt. Manche nur zeitweise, andere für immer.
Ebenfalls bald verabschiedet werden soll ein zweiter Gesetzentwurf: Er richtet sich gegen die Beleidigung staatlicher Symbole und Repräsentanten im Netz. Unklar ist auch in diesem Fall, worin Beleidigungen bestehen können. Vorgesehen sind Geld- und Arreststrafen, wenn eine Verwarnung verstreicht.