Die Koordinaten sind bekannt. 13.000 neue Pflegstellen sollen in der stationären Altenpflege geschaffen werden, um wenigstens eine kleine Entlastung bei der Personalnot in der Altenpflege zu erreichen. Das sind 5.000 mehr, als ursprünglich im Koalitionsvertrag vorgesehen. Die Kosten dafür sollen die gesetzlichen Krankenkassen und nicht die Pflegversicherung tragen. In der Krankenpflege gibt es jedoch die ungleich weiter reichende Änderung. Dort sollen die Kosten für die Pflege in den Krankenhäusern ab dem Jahr 2020 nicht mehr auf die Fallpauschalen angerechnet werden.
Damit wird die Pflege von den eigentlichen Behandlungskosten abgetrennt und fällt nicht mehr unter das wirtschaftliche Optimierungspotenzial der Krankenhäuser, um mit den Fallpauschalen noch zu rechtzukommen und womöglich noch Gewinne zu erwirtschaften.
Zusätzliche Pflegestellen nicht auf Kosten der Einrichtungen
In den Krankenhäusern soll zudem künftig jede zusätzliche und jede aufgestockte Pflegestelle vollständig von den Krankenkassen refinanziert werden. All das soll zu einer deutlichen Entlastung in der Pflege beitragen und die Kosten dafür werden im Wesentlichen durch die derzeit hohen Rücklagen der Krankenkassen finanziert.
Von der wichtigsten und besten Reform für die Pflege seit 15 Jahren sprach der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, weil sich die Fallpauschalen in der Praxis tatsächlich als großes Hindernis für die Pflege entwickelt hätten. Diesen Trend werde man jetzt stoppen:
"Wir werden daher jede vorhandene und jede zusätzliche neue Stelle in Zukunft direkt den Krankenhäusern erstatten. Es wird eine vollständige Kostenerstattung in der Pflege geben. Das bedeutet, es gibt keine Möglichkeit mehr, an der Pflege Gewinne zu machen. Es gibt keine Möglichkeit mehr, mit der Pflege Verluste zu machen - es gibt die Möglichkeit, durch gute Pflege bessere Versorgung zu erbringen."
Auch die Refinanzierung von Tariferhöhungen in der Pflege soll dafür sorgen, dass Tarifsteigerungen nicht wie bisher zu Lasten der Beschäftigung gehen.
Teils heftige Kritik von der Opposition
Nicole Westig von der FDP kritisierte, dass die Pflege in den Krankenhäuser zwar gestärkt werde. Aber die Reform sei keinesfalls hinreichend:
"Auf der Strecke bleibt insbesondere die ambulante Altenpflege. Schon jetzt müssen Pflegedienste Pflegebedürftige aus Personalnot abweisen. Besonders hart trifft diese den größten Pflegedienst, den unser Land hat. Die pflegenden Angehörigen ,die sich um mehr als 70 Prozent der Pflegebedürftigen kümmern."
Auch Pia Zimmermann von der Linken kritisierte, dass die Reform vor allem zu Lasten der Altenpflege gehe, weil durch die künftig gesicherte Finanzierung in der Krankenpflege die Altenpflege systematisch benachteiligt werde:
"Die 13.000 neuen Stellen in der Altenpflege bedeuten gerade einmal sechs Minuten mehr Zeit für die Menschen mit Pflegebedarf. Was soll denn dieser Unfug auch noch, dass diese Stellen nicht mit Pflegefachkräften besetzt werden sollen?"
Ressortchef kündigt steigende Pflegekosten an
Gesundheitsminister Jens Spahn wollte die Kritik am Ende nicht wirklich gelten lassen und zeigte sich sogar ein wenig genervt von den Angriffen:
"Ich habe nie gesagt und die Koalition hat nie gesagt, dass das das Ende ist. Wir haben immer gesagt, das ist der erste Schritt. Aber wissen Sie, was mir echt ein bisschen langsam auf den Zwirn geht auch in der öffentlichen Debatte, ist, dass ständig nur darauf fokussiert wird, was alles noch fehlt, was alles noch kommen muss, wo wir irgendwie noch was zu wenig machen. Wir könnten ja auch mal gemeinsam anerkennen, dass das ein erster Schritt ist und der größte Schritt in der Pflege seit über 20 Jahren."
Der Gesundheitsminister machte aber auch einmal mehr deutlich, dass die Pflegekosten ins Zukunft für alle Beteiligten steigen werden. Das bringe die alternde Gesellschaft unweigerlich mit sich. Dazu gehört in Spahns Augen auch, dass Kinderlose künftig mehr zahlen sollten.