Mario Dobovisek: 18 Milliarden Euro wollen die Deutschen laut einer Studie in diesem Jahr für Weihnachtsgeschenke ausgeben. Gekauft wird vielfach online – aber nicht bei jedem Kauf kassiert auch der Staat mit. Denn einige Onlinehändler unterschlagen die Umsatzsteuer. Die Bundesregierung will die Lücke schließen – der Bundestag verabschiedet in dieser Woche ein Gesetz: Damit werden Plattformbetreiber wie Amazon in Haftung genommen – wird damit der Umsatzsteuerbetrug beendet?
Sina Fröhndrich: Beendet vielleicht nicht, aber ich würde sagen, es wird künftig sicherlich schwerer sein, keine Umsatzsteuer zu zahlen. Allein, dass darüber gesprochen wird, wirkt sich schon aus: Das Gesetz zielt ja vor allem auf Händler aus China – davon gibt es ziemlich viele bei Amazon und bei Ebay. Sie müssten sich eigentlich beim Finanzamt in Berlin Neukölln registrieren. Das haben aber nur die wenigsten gemacht - zu Jahresbeginn nicht mal 700. Aber: Seitdem über das Thema Umsatzsteuerbetrug gesprochen wird, ändert sich das – ich habe nochmal eine aktuelle Zahl von der Senatsverwaltung in Berlin bekommen: Jetzt sind es 5.700 Händler aus China, Hongkong und Macao, die sich eine Steuernummer geholt haben – das ist schon bemerkenswert, dafür, dass sich gesetzlich noch gar nichts geändert hat. Also, wenn wir es von der Seite aus betrachten, ist da durchaus etwas in Bewegung.
Noch immer viele Händler ohne Steuernummer
Dobovisek: Trotzdem ziemlich vorsichtig formuliert: Das klingt nach einem Aber.
Fröhndrich: Das tut es - weil man dazu auch sagen muss: Die Zahl der Händler aus China steigt ja auch stetig, da kommen etwa bei Amazon pro Tag wohl 3400 neue hinzu weltweit – sprich, es gibt vermutlich noch eine ganze Menge Händler, die keine Steuernummer haben. Und das bedeutet eben Einbußen für den Fiskus.
Papiernachweis für Steuerregistrierung stößt auf Kritik
Dobovisek: Und an dieser Stelle soll nun das neue Gesetz greifen.
Fröhndrich: Genau das ist die Hoffnung. Wer bei Amazon, Ebay oder auch auf anderen Plattformen online verkaufen möchte, der braucht künftig eine Bescheinigung vom Finanzamt – in der steht - dieser Händler ist steuerlich registriert. Wenn dieses Papier nicht vorliegt, dann darf er nicht verkaufen und wenn er es doch tut und erwischt wird, dann muss die Plattform für den Schaden aufkommen. Und weil die darauf natürlich keine Lust hat, wird sie jeden, der ihr keine Bescheinigung vorlegt, aussperren. Bei diesem Verfahren gibt es derzeit noch einen Haken: Diese Bescheinigung wird erstmal nur analog in Papierform ausgestellt – also noch nicht digital. Was ja fast schon anachronistisch wirkt. Der Bundesrat hat das kritisiert – auch weil das Ganze anfällig ist für Betrug, Papier lässt sich fälschen. Über den Postweg von Neukölln nach China noch gar nicht zu reden. Aber immerhin: Das Verfahren soll digitalisiert werden – dann gibt es für jeden Händler eine Nummer, die beim Bundeszentralamt für Steuern hinterlegt wird, und die kann dann von den Plattformbetreibern erfragt werden.
Dürfen Amazon und Ebay zum Steuereintreiber werden?
Dobovisek: Was sagen denn Amazon, eBay und Co. dazu, dass sie künftig für Umsatzsteuerausfälle gerade stehen sollen?
Fröhndrich: Die beiden Großen sprechen ja immer von Fairplay. Aber Ebay hat in einer Stellungnahme zum Gesetz auch deutlich gemacht: Es wird gar nicht möglich sein, dass jeder Händler bis zum in Krafttreten des Gesetzes im März mit einem Schriftstück nachweisen kann, dass er Umsatzsteuer zahlt - weil die Finanzbehörden nicht die Kapazitäten hätten so viele Papiere auszustellen. Und im Zweifel werden dann Händler, die noch keine Bescheinigung haben, gesperrt. Das könnte dann auch ehrliche Händler betreffen. Und einige sehen auch ein Grundproblem: Kann es sein, dass private Anbieter zum Steuereintreiber werden? Ist das zulässig bei einer eigentlich staatlichen Aufgabe? Unter dem Strich: Ein Gesetz, das Lücken schließen soll, aber selbst als lückenhaft kritisiert wird also – am Donnerstag debattiert der Bundestag und entscheidet dann.