Vorstoß einzelner Bundesländer
Gesetz zur Rückgabe von NS-Raubkunst gefordert

Fast 80 Jahre nach Ende des Nationalsozialismus in Deutschland fordern Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen eine gesetzliche Grundlage für die Rückgabe von NS-Raubkunst. Manche Experten sehen den Vorstoß kritisch.

13.03.2024
    Drei als NS-Raubkunst identifizierte Kunstwerke: das Aquarell "Dame im Abendkleid" (r) und das Gemälde "Porträt einer Dame" (l) von Jean-Louis Forain, beide aus dem Bestand Cornelius Gurlitts, sowie die Zeichnung "Amazone mit aufbäumendem Pferd" (M) von Constantin Guys, welche zuletzt in Privatbesitz war.
    Wie viel NS-Raubkunst es noch gibt, ist nach wie vor schwer zu ermitteln. (picture alliance / dpa / Christoph Soeder)
    Der bayerische Wissenschaftsminister Blume, seine nordrhein-westfälische Kollegin Brandes und die sächsische Kunstministerin Klepsch schreiben in einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, an die Stelle bloßer Absprachen müsse "ein rechtsverbindliches, transparentes und normiertes System mit klaren Entscheidungskriterien" treten. Es sei ein enger Schulterschluss von Bund, Ländern und Kommunen erforderlich, um ein bundesweit einheitliches Verfahren zu sichern, heißt es in dem Beitrag weiter.
    Die unabhängige Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz, wurde 2003 von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden eingerichtet. Sie soll bei Differenzen über die Rückgabe solcher Kulturgüter vermitteln. Bisher kann die Kommission nur tätig werden, wenn sie von beiden Konfliktparteien angerufen wird. Eine Seite kann also etwa durch Untätigkeit oder Uneinsichtigkeit blockieren. Dies wird als einer der Gründe dafür gesehen, dass die Kommission in gut 20 Jahren bisher in nur etwa zwei Dutzend Fällen vermittelte. Schätzungen gehen von bis zu 600.000 gestohlenen Kunstwerken in der Nazi-Zeit aus. 
    Es sei viel passiert, aber trotzdem noch viel zu tun, sagte Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Es brauche eine "absolute Beschleunigung". So seien bis heute bei vielen Werken in den Sammlungen die Herkunftswege unklar, deswegen müsse die Provenienzforschung verstärkt werden.

    Kritik an Vorstoß aus Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen

    Der NS-Raubkunst-Experte Benjamin Lahusen kritisierte hingegen die Pläne aus Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen zu einem neuen Gesetz. Dies sei wenig hilfreich, sagte der Juraprofessor der Viadrina-Universität in Frankfurt an der Oder dem "Tagesspiegel". Am dringendsten und noch dazu einfach zu haben wäre endlich die einseitige Anrufbarkeit der Beratenden Kommission.
    Einen Rechtsanspruch gegen die öffentliche Hand einzuführen, höre sich zwar "verführerisch an", betonte Lahusen. Die Fälle würden dann jedoch vor den Verwaltungsgerichten verhandelt. Dies könnte eine starke Verengung des Diskurses“ und in gewisser Weise eine Automatisierung der Entscheidungsprozesse zur Folge haben, sagte der Jurist: "Mit einem Gesetz würde man mindestens so viel kaputt machen wie gewinnen." Bislang sei noch keine Empfehlung der Kommission missachtet worden, sagte Lahusen.
    Diese Nachricht wurde am 13.03.2024 im Programm Deutschlandfunk Kultur gesendet.