Olaf Scholz lässt es bei der Grundsteuer bewusst auf einen neuen Koalitionsstreit ankommen. Denn der Finanzminister hält mit seinem Gesetzentwurf, den er jetzt an die anderen Ministerien zur Ressortabstimmung gibt, an seinem wertorientierten Berechnungsmodell fest: Grundstückswert mal Steuermesszahl mal kommunaler Hebesatz ergeben die zu zahlende Grundsteuer. Zu den Forderungen aus der Union, den Ländern mit Hilfe von Öffnungsklauseln Spielräume für eine eigene landesspezifische Grundsteuer zu eröffnen, findet sich im jüngsten Scholz-Papier dagegen nichts.
"So geht's nicht"
Deshalb rumort es bei CDU und CSU ganz gewaltig, betont der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andreas Jung gegenüber dem Dlf: "Schon jetzt steht fest - so geht’s nicht."
Scholz hingegen hält an seinem Konzept fest. Aus Sicht der SPD ist nicht nur eine bundesweit einheitliche Grundsteuer erstrebenswert. Vielmehr muss auch der unterschiedliche Wert einer Immobilie berücksichtigt werden. Es mache einen Unterschied, ob ein Wohngebäude in einer begehrten Innenstadtlage oder auf dem flachen Land liegt. Scholz hält seinen Gesetzentwurf deshalb für den bestmöglichen:
"Es wird unbürokratischer, es wird einfacher, es wird digitalisierbar und die Bürgerinnen und Bürger werden damit besser umgehen können als mit der Grundsteuer, die wir heute haben. Außerdem ist sichergestellt, dass das gesamte Steueraufkommen in Deutschland dadurch nicht steigt, sondern dass es bei dem bleibt, was wir heute haben." Sprich bei den 14,8 Mrd. Euro, die die Grundsteuer derzeit in die Kassen der Kommunen spült.
Deutliche Veränderungen für den einzelnen
Dennoch rechnen Experten damit, dass es für den einzelnen innerhalb von Gemeinden und Regionen klare Abweichungen nach oben wie nach unten zur bisher zur gezahlten Grundsteuer geben wird. Nach dem Scholz-Modell fußt die neue Grundsteuer künftig auf den durchschnittlichen Mieten in einer Stadt sowie dem Bodenrichtwert. Daneben müssen die Besitzer der Immobilien die Art des Wohngebäudes, sein Alter und die Wohnflächen angeben.
Das alles zusammen ergibt Werte, die deutlich über den bisher verwendeten Einheitswerten von 1964 in Westdeutschland und von 1935 in Ostdeutschland liegen. Deswegen würde die Grundsteuer stark steigen. Dies will Scholz verhindern, indem er den zweiten Berechnungsfaktor, die Steuermesszahl, auf ein Zehntel ihres bisherigen Wertes absenkt. Drittens vertraut er darauf, dass die Kommunen ihre Hebesätze senken, so dass unterm Strich keine gravierenden Mehrbelastungen herauskommen.
Union fordert Öffnungsklausel
Auch soll es etwa für Sozialwohnungen Abschläge bei der Grundsteuer geben. Um die Spekulation mit baureifen Grundstücken einzudämmen, sollen Kommunen die Möglichkeit bekommen, solche Areale mit einer gesonderten Grundsteuer C höher zu besteuern. Doch der Union geht all das viel zu weit, sie pocht auf einer Öffnungsklausel im Gesetz, betont Fraktionsvize Andreas Jung.
"Das bedeutet, die Länder die wollen, können eine eigene Regelung machen. Wer das nicht machen will, muss es selbstverständlich nicht und damit ermöglichen wir föderale Vielfalt. Das halten wir für angezeigt, weil die Gegebenheiten zwischen Konstanz und Kiel sind sehr unterschiedlich. Wir haben Flächenländer, wir haben Stadtstaaten. Wir haben Brennpunkte und diese Öffnungsklausel ermöglicht passgenaue Lösungen und genau das wollen wir so umsetzen. Das ist für uns Voraussetzung, dass wir zu einer gemeinsamen Lösung kommen."
Die muss bis Jahresende gefunden und als Gesetz verabschiedet werden. Der Druck ist groß. Würde die Frist verpasst, dürfte die Grundsteuer ab 1. Januar 2020 nicht mehr erhoben werden.