Seit 2002 ist die aktive Sterbehilfe in Belgien in begrenztem Rahmen erlaubt, doch bislang konnten nur Erwachsene davon Gebrauch machen. Nach hitzigen Diskussionen hat das belgische Abgeordnetenhaus das Gesetz nun mit großer Mehrheit auf sterbenskranke Kinder und Jugendliche ausgeweitet. 86 Parlamentarier stimmten dafür, 44 dagegen, 12 enthielten sich.
Ärzte dürfen schwerkranken Kindern damit auf deren erklärten Wunsch hin tödliche Medikamente verabreichen. Das Gesetz schreibt vor, dass die Betroffenen an einer unheilbaren Krankheit leiden und nachweisbar die Reife für eine Entscheidung von solcher Tragweite haben. Ärzte und Psychologen werden das zu bewerten haben. Die Eltern des Kindes müssen zustimmen.
Der Senat hatte das Vorhaben bereits gebilligt. Belgiens König Philippe muss das Gesetz noch unterzeichen, damit es in Kraft tritt. Belgien wäre dann das erste europäische Land mit einer Sterbehilferegelung ohne Altersgrenze. In Deutschland ist aktive Sterbehilfe verboten.
CDU-Politiker Michael Brand: "Mich graust es"
Die Reform in Belgien ist hoch umstritten. Der CDU-Bundestagsabgeordneter Michael Brand kritisierte die Ausweitung der aktiven Sterbehilfe in Belgien scharf. "Ich glaube, dass Belgien ein Beispiel dafür ist, wie Euthanasie außer Kontrolle geraten kann. Die Belgier nennen es Euthanasie, bei uns wird es Sterbehilfe genannt", sagte der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe gegenüber Deutschlandradio Kultur. Er hoffe nicht, dass Belgien der Beispielgeber wird.
"Mich graust es vor der Vorstellung, dass ein sechs- oder zehnjähriges Kind unter dem Druck steht und hier eine Entscheidung treffen soll." Und die Diskussion gehe in Belgien weiter, so der CDU-Politiker. Die Sozialisten in Belgien würden fordern, dass auch Demenzkranke unter die Sterbehilfe fallen und das sei keine Vorstellung einer Gesellschaft, die er teile.
Sven Gottschling vom Zentrum für Palliativmedizin am Universitätsklinikum des Saarlandes nannte die Debatte über Sterbehilfe "zynisch". Diese werde aus der Not heraus geführt, da nur ein Bruchteil der schwerkranken Menschen mit einer wirksamen Palliativversorgung erreicht werden könne. "Das heißt, einer auf Lebensqualität ausgerichteten Versorgung", sagte Gottschling im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur.