Acht Jahre oder neun –die Antwort von Kultusminister Ludwig Spaenle war noch im vergangenen Herbst auf den ersten Blick ganz klar:
"Der neue Lehrplan plus ist auf ein pädagogisches Grundkonzept des bayerischen Gymnasiums im Stoffumfang von acht Jahren ausgerichtet und soll es auch bleiben."
Aber Grundkonzept – das bedeutet nicht, dass es nur G8-Züge an den Schulen geben soll. Ganz im Gegenteil, die reinen G8-Zeiten in Bayern sind bald vorbei: Die bayerische Staatsregierung hat im Sommer beschlossen: Gymnasien sollen in Zukunft selbst entscheiden können, ob sie ihre Schüler in acht oder in neun Jahren zum Abitur führen – oder ob sie beide Varianten anbieten. Ähnliche Überlegungen und Modelle gibt es auch in anderen Bundesländern. Die Details stehen noch nicht fest. Momentan spricht sich die bayerische Staatsregierung noch mit allen Beteiligten ab und versucht, ein Konzept zu erarbeiten. Den Grünen im Bayerischen Landtag reichen diese Bemühungen nicht, sagt ihr Bildungsexperte Thomas Gehring:
"Der Minister Spaenle macht so eine Wischi-Waschi-Politik. Er sagt irgendwie G8 oder auch G9 oder beides an einer Schule und die Schulfamilie soll es irgendwie entscheiden. Das ist keine Politik, die die Menschen brauchen, wir brauchen eine klare Aussage und die muss heißen G9 für alle als Regelform, dann kann man sich eine kürzere Variante für einzelne Schüler an der einzelnen Schule vorstellen."
Rückkehr zu G9 mit großen Kosten verbunden
Die Idee der Grünen: Ein neuartiges neunjähriges Gymnasium mit viel Zeit für Übungsphasen und vertieftes Lernen – und mit speziellen Kursen in der Mittelstufe. Mit Hilfe dieser Kurse sollen Schüler auf das Überspringen der elften Klasse vorbereitet werden – Schüler, die zum Beispiel ein Jahr ins Ausland wollen oder denen es überhaupt zu langsam vorwärts geht. Aber eine Rückkehr zum G9 wäre nicht billig, das geben auch die Grünen zu. Bayernweit bräuchte es rund 1.000 Lehrerstellen mehr, dazu etwa 1,5 Milliarden Euro für neue Schulgebäude – schließlich müsste in allen Schulen des Bundeslandes eine Jahrgangsstufe mehr untergebracht und unterrichtet werden.
Selbst wenn nur wenige Schulen sich dafür entscheiden, in neun Jahren zum Abitur zu führen, so bräuchten sie doch mehr Lehrer und Platz. Nur: Wer zahlt? Denn in Bayern gilt eigentlich das sogenannte Konnexitätsprinzip: Wenn das Land den Kommunen etwas aufbürdet, muss es dafür auch aufkommen. Wenn sich die Kommunen selbst für etwas entscheiden, zahlen sie auch selbst. Münchens Stadträtin Sabine Krieger von den Grünen befürchtet: Sollten sich Schulen in München für das G9 entscheiden, dann wird das für die Stadt teuer.
Viele Schüler könnten sich für die längere Variante entscheiden
"Wenn die Schulfamilie entscheidet, dann ist das nicht konnexitätsrelevant, das heißt die zusätzlichen Kosten, die jetzt durch ein G9 entstehen würden, die müssten die Kommunen selber tragen."
Krieger geht davon aus, dass viele Schulen G9 einführen – bei einem Modellversuch in den letzten Jahren, bei dem die Schüler die Wahl zwischen acht und neun Jahren Gymnasium hatten, haben sich zwei Drittel der Schüler für die längere Variante entschieden. Da stimmt die Grünen-Politikerin übrigens mit Ministerpräsident Horst Seehofer von der CSU überein. Auch er geht davon aus, dass in Zukunft nur etwa ein Drittel der Schüler in Bayern das Gymnasium in acht Jahren abschließen wird, das hat er am vergangenen Wochenende betont. Und was sagen die, um die es eigentlich geht – die Schüler?
"Hätte es die Wahlmöglichkeit gegeben, hätte ich auf jeden Fall G9 gewählt. weil, wenn ich jetzt mein Abitur habe, dann bin ich noch minderjährig."
"Jetzt mit meinen Erfahrungswerten so, würd ich wieder G8 wählen, weil ich jetzt so wüsste, dass es bei mir eigentlich so funktioniert hat und dass ich jetzt nicht übermäßig Druck und Stress hatte."