Mit der Steuer soll der Handel von Aktien, Wertpapieren und Derivaten besteuert und so Spekulationen an Finanzmärkten eingedämmt werden. Es geht hier insbesondere um den computerbasierten Hochfrequenzhandel, der häufig für starke Kursschwankungen verantwortlich gemacht wird.
Eine derartige Steuer auf Börsengeschäfte wird in Europa seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2007 diskutiert.
Da in steuerpolitischen Fragen die Einstimmigkeit aller EU-Mitgliedsstaaten nötig ist, scheiterte die Einführung einer Finanztransaktionssteuer im Jahr 2013. Seitdem versucht eine Staatengruppe, die Steuer über die sogenannte Verstärkte Zusammenarbeit einzuführen. Die "Verstärkte Zusammenarbeit" ist ein politischer Mechanismus der EU, der es erlaubt, dass eine Gruppe von mindestens neun Mitgliedsstaaten gemeinsame Regelungen einführen kann, ohne dass sich die anderen Staaten daran beteiligen müssen.
Zurzeit besteht diese Gruppe aus zehn EU-Staaten: Deutschland, Frankreich, Österreich, Belgien, Griechenland, Italien, Portugal, Slowakei, Slowenien und Spanien.
Beteiligt ist auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), der im Dezember 2019 einen finalen Gesetzesentwurf zur Finanztransaktionssteuer veröffentlicht hat. Dieser stößt nun auf Kritik, insbesondere von Österreich.
Der Vorschlag von Olaf Scholz sieht vor, dass der Kauf von Aktien mit 0,2 Prozent besteuert werden soll. Bei 50.000 Euro wären demnach 100 Euro Steuer fällig. Eine wichtige Einschränkung: Dies soll nur für Aktien von Unternehmen gelten, die mehr als eine Milliarde Euro wert sind. Das sind in Deutschland gerade einmal 145.
Für Hochfrequenzhändler plant Scholz eine Sonderregel: Sie müssten nur ihr Tagessaldo versteuern. Käufe anderer Wertpapiere – wie ursprünglich vorgesehen – werden nach dem Modell nicht erfasst. Als Vorbild für den Gesetzesentwurf dient eine in Frankreich bereits existierende Börsensteuer.
In Kraft treten soll das Gesetz eigentlich im Januar 2021. Da der Vorschlag aber deutlich von der Ursprungsidee der Finanztransaktionssteuer abweicht, wird er von mehreren Seiten kritisiert.
Kritiker bemängeln, dass der Vorschlag von Bundesfinanzminister Scholz wenig mit der Ursprungsidee zu tun hat. Der allergrößte Teil der Finanzgeschäfte bleibt demnach außen vor und es werden nur Aktien besteuert.
Sein Land werde die Finanztransaktionssteuer so nicht akzeptieren, sagte der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz Anfang Februar nach einem Treffen mit Angela Merkel. Er kritisiert, dass der Gesetzesentwurf die Realwirtschaft und Kleinanleger belaste, und nicht – wie ursprünglich geplant – hochspekulative Geschäfte und Derivate besteuere. Die Bundeskanzlerin bedauerte, dass Kurz den Vorschlag ablehnte und räumte ein, die Steuer sei "eine ganz schwierige Kiste".
Der CDU-Bundestagsabgeordnete von Stetten stimmt Sebastian Kurz zu: "Das, was Olaf Scholz jetzt vorgelegt hat, ist eine reine Börsensteuer, die im Prinzip vor allem den Kleinanleger schädigt", sagte er im Deutschlandfunk.
Das stimme so nicht, sagte Olaf Scholz im Dlf: "Die meisten, die Aktien kaufen, sind große Fonds, übrigens weitgehend aus dem Ausland. Zweitens ist es so, dass der Hochfrequenzhandel selbstverständlich besteuert werden wird. Wir machen das jedes Mal mit dem Tagessaldo. Das wird auch seine Wirkung haben."
Ohne Österreich bleiben neun Mitgliedsstaaten, die den Gesetzesentwurf umsetzen könnten. Sollte ein weiteres Land die vorgeschlagene Finanztransaktionssteuer ablehnen, steht das Vorhaben vor dem Aus.
Von der Steuer betroffen wären insbesondere Banken und Händler an den Börsen. Für Bürgerinnen und Bürger der beteiligten Länder ist die Steuer relevant, wenn sie Fonds kaufen oder Lebensversicherungen abschließen.
Die Finanztransaktionssteuer soll zudem die deutsche Grundrente zumindest teilweise finanzieren. Bundesfinanzminister Scholz rechnet nach eigenen Angaben mit Einnahmen von 1,5 Milliarden Euro pro Jahr.