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Gesetzesentwurf
Tarifeinheit stößt auf Kritik

Beim Tarifkonflikt der Bahn streiten sich GDL und EVG um die Zuständigkeit für verschiedene Berufsgruppen - ein neues Gesetz zur Tarifeinheit soll solche Konflikte künftig leichter regeln. Doch viele Gewerkschaften kritisieren die Pläne, sie sehen zentrale Arbeitnehmerrechte in Gefahr.

    Streikende Lokführer - viele Gewerkschaften sehen die Pläne zur Tarifeinheit kritisch
    Streikende Lokführer - viele Gewerkschaften sehen die Pläne zur Tarifeinheit kritisch (dpa / picture-alliance / Peter Endig)
    Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) stellte am Dienstag einen Gesetzesentwurf vor. Künftig sollen bei derartigen Konflikten "nur die Rechtsnormen des Tarifvertrags derjenigen Gewerkschaft anwendbar" sein, die "die meisten Mitglieder hat".
    Das würde den Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn betreffen, bei dem die Lokführergewerkschaft GDL und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) um die Zuständigkeit streiten. "Das Gesetz begünstigt friedliche Wege der Konfliktlösung und wirkt der Gefahr einer weiteren Zersplitterung, einer weiteren Spaltung von Belegschaften entgegen", sagte sie. Nach Worten von Nahles würden diejenigen Tarifkräfte gestärkt, die Verhandlungen im Sinne des gesamten Betriebes führten.
    Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles legt ein Gesetz zur Tarifeinheit vor
    Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles legt ein Gesetz zur Tarifeinheit vor (dpa / picture-alliance / Rainer Jensen)
    Gewerkschaften kritisieren "offenen Verfassungsbruch"
    Aus den Gewerkschaften kommt Kritik. "Jede diese Überlegungen ist darauf ausgerichtet, ein Zwei-Klassen-System von Gewerkschaften zu etablieren", sagte Rudolf Henke, 1. Vorsitzender der Ärzte-Gewerkschaft Marburger Bund. Durch den Zwang zur Tarifeinheit greife die Regierung massiv in die grundgesetzlich geschützte Koalitionsfreiheit ein. "Es kommt einem offenen Verfassungsbruch gleich, wenn der Staat bestimmten Arbeitnehmergruppen das Recht verwehrt, unabhängig und eigenständig tarifpolitisch tätig zu sein", so Henke.
    Gesetz zur #Tarifeinheit: Ärztegewerkschaft Marburger Bund warnt Bundesregierung vor "offenem Verfassungsbruch". http://t.co/KYD0LGjHAa— Marburger Bund (@marburger_bund) 27. Oktober 2014
    Der Deutsche Journalisten-Verband kritisiert, dass die Tarifeinheit die Grundrechte aller Arbeitnehmer aushöhle: "Das ist nicht nur das Streikrecht, sondern auch das Recht der Gewerkschaften auf freie und ungehinderte Betätigung."
    Der Deutsche Beamtenbund (dbb) warf Nahles vor, mit der Regelung das Streikrecht einschränken zu wollen. Der von Nahles vorgelegte Gesetzentwurf verlagere alle problematischen Fragen von der Gesetzgebung auf die Rechtsprechung, erklärte der dbb-Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt. "Wenn man die wahren Absichten, Streikrechte zu begrenzen und Organisationsfreiheit aller Berufe zugunsten von Einheitsgewerkschaften einzuengen, hinter Formalitätsregelungen verbirgt, zeugt das von politischer Feigheit", sagte der Gewerkschaftschef.
    Gesetzentwurf zur #tarifeinheit zeugt von politischer Feigheit http://t.co/PrypiPQ4Mk— dbb (@dbb_news) 28. Oktober 2014
    Arbeitgeberverband zufrieden
    Die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände begrüßte den Plan. Das Gesetz soll am 3. Dezember vom Kabinett verabschiedet werden. Arbeistministerin Nahles sagte, sie rechne damit, dass das Gesetz "spätestens im Sommer kommenden Jahres in Kraft treten" könne. Rechtliche Zweifel habe sie keine. "Wir sind überzeugt, dass dieser Gesetzentwurf verfassungsgemäß ist und vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand hätte", sagte Nahles.
    Der Ökonom Justsus Haucap äußerte im Deutschlandfunk diesbezüglich Bedenken. Das Bundesarbeitsgericht hatte 2010 die Tarifeinheit - also dass in Betrieben im Normalfall nur ein einziger Tarifvertrag gilt - für unvereinbar mit Gesetz und Verfassung befunden. Seitdem können in Unternehmen mehrere Tarifverträge nebeneinander bestehen.
    (nch/dk)