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Gesetzesentwurf zu Hasskommentaren
Kabinett beschließt 'Lex Facebook'

Das Bundeskabinett hat heute den Gesetzentwurf zu Hasskommentaren im Netz beschlossen. Damit will Justizminister Heiko Maas Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter und YouTube zu einem strengeren Vorgehen gegen strafrechtlich relevante Inhalte verpflichten. Kritik kommt von Verbänden und aus der Opposition.

Von Falk Steiner |
    Eine Lupe vor einem Computer-Bildschirm mit Facebook-Logo.
    "Vor Ablauf dieser starren Fristen" würde im Zweifel eher gelöscht werden, "wenn das Unternehmen nicht hundertprozentig von einem legalen Inhalt ausgeht", sagte die Leiterin der Beschwerdestelle des Internetwirtschaftsverbands Eco im DLF. (picture alliance/dpa/Sergei Konkov TASS)
    Heiko Maas ist offenbar genervt von den Betreibern Sozialer Netzwerke wie Facebook und Twitter. Die würden viel zu wenig strafrechtlich relevante Inhalte löschen:
    "Die sozialen Netzwerke müssen ihr Beschwerdemanagement so organisieren, und zwar endlich so organisieren, dass offensichtlich strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden, sonstige rechtswidrige Inhalte innerhalb von sieben Tagen. Und ein Verstoß dagegen, gegen diese Organisationspflichten, die wir damit normieren, kann mit einer Geldbuße von bis zu fünf Millionen Euro gegenüber den Verantwortlichen geahndet werden kann und mit bis zu 50 Millionen Euro gegenüber dem Unternehmen selbst geahndet werden", so der Bundesjustizminister von der SPD.
    Auf den letzten Drücker kommt dieses Gesetz, das die Betreiber zum systematischen Vorgehen gegen Hassbeiträge im Netz, aber auch gegen andere strafrechtlich relevante Inhalte verpflichten soll. Eine Untersuchung im Auftrag des Justizministeriums hatte ergeben, dass bei Twitter nur ein und bei Facebook nur 39 Prozent der strafrechtlich relevanten Inhalte gelöscht wurden.
    Doch ob der heute vom Kabinett vorgeschlagene Entwurf das Problem lösen kann? Oder gar zu anderen Problemen führt? Die rechtspolitische Sprecherin der Unions-Bundestagsfraktion begrüßt den Kabinettsbeschluss, es brauche eine neue Kultur der Verantwortlichkeit im Netz, so Elisabeth Winkelmeier-Becker.
    Künast: Wie Maas es mache, würde das Kind mit dem Bade ausgeschüttet
    Kritik am Gesetz, wie es das Kabinett heute beschloss, kommt aus Verbänden und der Opposition. Im Deutschlandfunk spricht die Leiterin der Beschwerdestelle des Internetwirtschaftsverbands Eco, Alexandra Koch-Skiba, von der Gefahr, dass Unternehmen im Zweifel mehr löschen würden, als eigentlich richtig wäre:
    "Das angedrohte Bußgeld ist schon beträchtlich. Und das erhöht den Druck auf die Unternehmen und auch das Haftungsrisiko enorm. Und das birgt zwangsläufig die Gefahr, dass kurz vor Ablauf dieser starren Fristen im Zweifel eher gelöscht werden wird, wenn das Unternehmen nicht hundertprozentig von einem legalen Inhalt ausgeht."
    Die Grünen-Rechtspolitikerin Renate Künast sagt, im Prinzip sei das Gesetz kein falscher Ansatz. Aber es gehe um Meinungsfreiheit und so, wie Heiko Maas es jetzt mache, würde das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, so Künast:
    "Das ist fast eine Einladung dafür, nicht nur wirkliche Beleidigungen am Ende zu löschen, sondern sicherheitshalber alles."
    Kubicki: "Blanker Populismus"
    Diese Gefahr wiederum sieht Heiko Maas derzeit überhaupt nicht:
    "Unser Problem besteht nicht darin, dass zu viel gelöscht wird. Sondern unser Problem besteht darin, dass teilweise gar nichts gelöscht wird."
    Die Verschärfung bringe nichts, sagt hingegen der FDP-Vizevorsitzende Wolfgang Kubicki, es handele sich bei dem Gesetz um "blanken Populismus".
    Nun muss erst einmal der Bundestag darüber beraten. Sollte sich dort längerer Diskussionsbedarf einstellen, könnte es eines der ersten Vorhaben sein, das dem sogenannten Diskontinuitätsprinzip zum Opfer fällt: Gesetzesinitiativen verfallen, wenn sie vor dem Zusammentreten eines neuen Bundestages nach der Wahl im September nicht abgeschlossen sind.