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Gesetzesvorhaben im Bundesrat
Gaffer sollen härter bestraft werden

Wer bei einem Unfall aus Sensationsgier hilflose Opfer fotografiert oder durch sein Gaffen die Rettungskräfte behindert, soll in Zukunft leichter bestraft werden können. Der Bundesrat hat über eine entsprechende Gesetzesinitative des Landes Niedersachsen beraten. Weitere Themen in der Länderkammer waren der Kampf gegen Korruption und ein schärferes Sexualstrafrecht.

    Ein verunglückter LKW blockiert die A7 bei Niederstotzingen (Baden-Württemberg)
    Ein verunglückter LKW blockiert die A7 bei Niederstotzingen (Baden-Württemberg) ((c) dpa)
    Die Probleme mit Gaffern bei schweren Unfällen waren eines der zentralen Themen in der Bundesratssitzung am Freitag. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius sprach von einem "widerlichen Verhalten" der Schaulustigen. Die Gesetzesinitiative seines Landes sieht Geld- oder sogar Haftstrafen für Gaffer vor, die Rettungsarbeiten behindern. Auch das Fotografieren von getöteten Unfallopfern soll unter Strafe gestellt werden.
    Niedersachsen begründet seinen Vorstoß damit, dass es in den bisherigen Gesetzen noch Lücken gibt. Bislang ist nur das Fotografieren von verletzten Menschen verboten, Tote dagegen genießen diesen Persönlichkeitsschutz bisher nicht. Die Behinderung von Rettungs- und Hilfsarbeiten steht zurzeit nur in solchen Fällen unter Strafe, in denen Menschen etwa gewaltsam gegen die Einsatzkräfte vorgehen. Störungen durch bloße Rücksichtslosigkeit, Neugier und Sensationslust sind bisher nicht erfasst.
    Abgestimmt wurde über den Vorschlag noch nicht, vielmehr sollen zuerst die zuständigen Bundesratsausschüsse genauer über das Vorhaben diskutieren. Zustimmung kommt aber schon jetzt von Polizei und Feuerwehr. Der Staat mache so deutlich, dass er derartiges Verhalten von "unbelehrbaren Schaulustigen" nicht dulde, hieß es etwa von der Gewerkschaft der Polizei. Auch der Deutsche Feuerwehrverband sprach sich für die Gesetzesänderungen aus, warnte aber, dass schärfere Gesetze allein nicht ausreichten. Die Bevölkerung müsse mehr für das Leid von Unfallopfern sensibilisiert werden.
    Kampf gegen Bestechung in Heilberufen
    Beschlossen wurde in der Länderkammer das Gesetz gegen Korrpution im Gesundheitswesen. Ärzten oder anderen Vertretern von Heilberufen drohen künftig bis zu drei Jahre Haft, in besonders schweren Fällen drohen sogar bis zu fünf Jahre. Die Neuregelung gilt nicht nur für diejenigen, die bestochen werden, sondern auch für diejenigen, die selbst bestechen - etwa der Pharmavertreter, der Ärzten Geld oder Geschenke anbietet, damit diese das Medikament einer bestimmten Firma verschreiben.
    Damit wird eine Gesetzeslücke geschlossen, die der Bundesgerichtshof schon 2012 bemängelt hatte. Bislang konnten nur angestellte Ärzte wegen Korruption belangt werden, nicht aber niedergelassene Mediziner. Kritik kommt von den gesetzlichen Krankenkassen. Ihrer Meinung nach sind einige Regelungen im Regierungsentwurf abgeschwächt worden, vor allem zugunsten von Apothekern. Auch in anderen Bereichen bietet das neue Gesetz den Kassen zufolge nicht genügend Schutz, etwa bei der Verordnung patentgeschützter Medikamente.
    Mehr Schutz vor sexueller Gewalt
    Drittes großes Thema im Bundesrat war die Reform des Sexualstrafrechts. Den Ländern gehen die geplanten Verschärfungen von Bundesjustizminister Heiko Maas nicht weit genug. Sie pochen darauf, den Grundsatz des "Nein heißt Nein" umzusetzen. Danach wären sexuelle Handlungen auch strafbar, wenn das Opfer "Nein" gesagt, sich aber nicht gewehrt hat. Damit sollen auch Fälle erfasst werden, in denen das Opfer nur weint oder in Schockstarre verfällt. Maas' Gesetzentwurf sieht hingegen nur vor, Übergriffe als Vergewaltigung zu bestrafen, wenn das Opfer sich nicht wehren konnte, weil es dazu physisch oder psychisch nicht fähig ist oder überrascht wurde.
    Der Bundesrat schlägt außerdem vor, einen neuen Straftatbestand der "sexuellen Belästigung" zu schaffen - etwa für belästigende Berührungen über der Kleidung. Damit könnte das reine Grapschen, also das Greifen an den Busen oder in den Schritt, besser bestraft werden können. Bisher kann das nach Ansicht des Deutschen Juristinnenbundes allenfalls als Beleidigung geahndet werden - wenn überhaupt.
    Mit Blick auf die massenhaften Übergriffe in der Silvesternacht in Köln wollen die Länder zudem, dass der Bundestag prüft, wie sexuelle Angriffe aus Gruppen strafrechtlich besser geahndet werden können. Mit dem Gesetzentwurf muss sich nun erneut der Bundestag beschäftigen.
    (rm/kis)